Kommentar:Das gibt's nur einmal

Was sind das bloß für unglaubliche Zahlen: Mehr als 700 Milliarden Dollar ist der Smartphone-Konzern Apple jetzt wert. Doch was kommt nach dem iPhone?

Von Helmut Martin-Jung

Was sind das bloß für unglaubliche Summen: Mehr als 700 Milliarden Dollar ist der Technologiekonzern Apple an den Börsen nun wert, so viel wie noch nie zuvor. Zwei Dinge sind dabei zusammengekommen: Ein allgemeiner Aufschwung am Aktienmarkt, der den Dow-Jones-Index über die 20 000-Punkte-Marke hievte und viele Unternehmensbewertungen mitzog. Und die unerwartet guten Verkäufe von Apples iPhone 7.

Apple kann nicht einfach den nächsten Verkaufsschlager raushauen - muss es auch nicht

Hatten also alle unrecht, die vor einigen Monaten nach ersten Rückschlägen bei Umsatz und Gewinn sagten, der iPhone-Konzern habe seine besten Tage hinter sich? Wird Apple, wie man 2015 voller Euphorie vorhersagte, vielleicht sogar schon bald die Grenze zu einer Billion Dollar Marktwert überschreiten? Diese Fragen lassen sich aus heutiger Sicht nicht seriös beantworten. Wichtiger aber ist: Sollten die Tage des Smartphones irgendwann einmal gezählt sein, wird Apple sich drastisch wandeln oder aber erheblich kleiner und schlanker werden müssen als heute. Denn vom Smartphone, und von ihm nahezu allein, hängt derzeit das Wohl und Wehe des Konzerns ab. Eine solche Abhängigkeit ist gefährlich.

Trotzdem hat Apple nichts Grundsätzliches falsch gemacht. Denn angeleitet vom ebenso genialen wie schwierigen Steve Jobs hat Apple einen jener seltenen Momente in der Technikgeschichte für sich genutzt, in denen sich tektonische Verschiebungen ereignen. Momente des Wandels, nach denen vieles nicht mehr so ist, wie es vorher war. Man vermag sich zwar vorzustellen, dass Smartphones irgendwann einmal durch andere Technologien abgelöst werden. Sich auszumalen, dass all das, was durch die vernetzten Taschencomputer mit Telefonierfunktion möglich wurde, dass all dies wieder zurückgenommen werden könnte - das erscheint jedoch kaum möglich.

Apple hat sich mit dem iPhone an die Spitze der Smartphone-Revolution gestellt und hat sich dort behauptet, auch wenn die Revolution zumindest in den industrialisierten Ländern längst der Evolution gewichen ist. Deshalb glaubten ja auch viele Analysten, dass Apple auf dem absteigenden Ast sei, weil das Siebener-iPhone sich zu wenig von seinen Vorgängern unterscheide und daher kein Renner werde. Und zum anderen, weil viele annahmen, in Apples wichtigsten Märkten nähere man sich mehr und mehr der Sättigungsgrenze.

Noch aber ist der Reiz dieser Produktkategorie nicht erschöpft. Mögen in Entwicklungs- und Schwellenländern auch günstigere Modelle gefragt sein, als Apple sie anbietet, in seiner Hochpreis-Nische ist Apple unangefochten. Und noch ist keine Technologie in Sicht, die das Smartphone ablösen könnte. Im Gegenteil: Noch sind die Smartphones dabei, in jeden Lebensbereich vorzudringen.

Dass es zu einem großen technologischen Wandel kommen würde, konnte man vor knapp 15 Jahren durchaus absehen. Das mobile Internet war auf dem Weg, ein wichtiger Faktor zu werden, die Fortschritte bei Silizium-Chips, in der Bildschirmtechnik und bei Akkus erlaubten kleine, aber leistungsfähige Handys. Doch keiner hat diese einmalige Chance besser für sich genutzt als Apple.

Solche Gelegenheiten aber bieten sich, wie die Technikhistorie lehrt, nur alle 15, 20 Jahre. Da war etwa die Transistortechnik auf Siliziumchips, die Intel groß gemacht hat. Da ist der PC, der Microsofts kometenhaften Aufstieg ermöglichte. Und immer brauchte es dazu auch Unternehmer, die es verstanden, die Gelegenheit zu nutzen, Menschen wie Bill Gates oder Steve Jobs, wie Larry Ellison (Oracle) oder Hasso Plattner (SAP).

Das beantwortet die Frage, warum Apple nicht einfach wieder einen neuen Verkaufsschlager raushaut. Es erklärt, warum aus Cupertino nur noch Gadgets kommen, die es von anderen auch schon gibt. Zugegeben, meist etwas hübscher, gut vernetzt mit dem Rest des Apple-Geräte-Universums und qualitativ hochwertig. Chancen jedoch, wie Apple sie mit dem iPhone erkannte und nutzte, sind eben sehr rar, zudem muss man sie auch erkennen und dann das Richtige tun.

Dass es immer wieder neue Firmen sind, die solche Gelegenheiten besser nutzen als die Etablierten, wusste schon der berühmte Ökonom Joseph Schumpeter, der bereits 1942 von "schöpferischer Zerstörung" sprach. Unaufhörlich werde die Wirtschaft von innen heraus verändert. Meistens sind die Großen der Gegenwart zu sehr mit eben dieser Gegenwart und der näheren Zukunft befasst, sodass sie neue Entwicklungen nicht sehen oder falsch einschätzen.

Davor ist kein Konzern gefeit, da mag er noch so erfolgreich sein.

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