Kommentar:Bescheidene Befunde

Gemessen am Gedröhne der Justiz sind die Abschluss-Befunde der Oberstaatsanwaltschaft im Fall Kirch bescheiden. Gravierende Vorwürfe wie Untreue und Betrug, die in Folge der Kirch-Insolvenz aufkamen, sind vom Tisch. Die verdächtige Spurenbildung in der Schweiz aber bleibt irgendwie unaufgeklärt.

Von Hans-Jürgen Jakobs

Es wurde, in amtlicher Mission, fast drei Jahre lang ermittelt. Die Insolvenz des Münchner Medienunternehmers Leo Kirch, die größte Wirtschaftspleite in der deutschen Geschichte, musste auch die Staatsanwaltschaft beschäftigen - zu verwickelt schien die Sache, allzu verdächtig die Spurenbildung im Nachbarland Schweiz.

Die Justiz machte ganz den Eindruck, mit großem Elan den Zusammenbruch des Kirch-Konzerns zu verfolgen. Ab und an tauchten in Medien Hinweise auf ihre Arbeit auf, und dass es vielleicht sogar Verwicklungen mit früheren Verdachtsfällen gebe, die ins ebenfalls geheimnisvolle Liechtenstein führten.

Gemessen an dem Gedröhne sind die Abschluss-Befunde der Münchner Oberstaatsanwaltschaft bescheiden.

Gravierende Vorwürfe - Untreue, Betrug - sind demnach vom Tisch. Es gibt keinen Prozess. Es gibt nur einige Strafbefehle, die gleichwohl ein Schlaglicht auf lockere Praktiken werfen, mit denen die Manager des verschachtelten Imperiums den Zeitpunkt der Bilanz-Wahrheit möglichst weit verschieben wollten.

Da hat Thomas Kirch, der Sohn des Eigentümers, eifrig riesige Beraterhonorare in Rechnung gestellt beim Hauptunternehmen Kirch Media, dem er als Aufsichtsrat in besonderer Weise verpflichtet war.

Und bei einer drängenden Kreditsache in Sachen Formel 1 hat der Manager Dieter Hahn ein wichtiges Dokument rückdatiert, damit die Gelder gesichert waren.

Gegen ihn, seinen Dienstherrn Kirch und den Finanzchef hat das Amtsgericht München Geldstrafen von jeweils 180 Tagessätzen zwischen 200 und 500 Euro erlassen. Das scheint kommod, vor allem angesichts der Vermögenverhältnisse der Betroffenen.

Leo Kirch sitzt jeden Tag in einem Büro in der Münchner Innenstadt und betreibt Prozesse gegen die Deutsche Bank, die er als Verursacher seiner Pleite sieht. Seine Frau hat Immobilienbesitz. Womöglich gibt es noch Beteiligungen und Finanzierungen, die ihm zuzurechnen sind. Der Medienmythos Kirch war zu schön, als dass Bayern und Deutschland ganz darauf verzichten könnte.

Die richtige Bilanz seines Untergangs von 2002 muss aber wohl erst noch geschrieben werden. Es ist eine Geschichte, in der die Schweiz eine Hauptrolle spielt und Exotenstaaten wie Panama. Einstweilen kann sich Leo Kirch rehabilitiert fühlen.

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