Geldanlage:Der Hauskauf muss endlich staatlich gefördert werden

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Im historischen Maßstab schlagen Wohnungen und Häuser sogar Aktien als Geldanlage. (Foto: dpa)

Vom Immobilienboom profitieren nur die Wohlhabenden. Diese Ungleichheit birgt sozialen Sprengstoff - und gefährdet die Altersvorsorge.

Kommentar von Catherine Hoffmann

Warum ist es so teuer, in Hamburg oder München eine Wohnung zu kaufen? Vielleicht liegt es daran, dass die Städte schön sind, dass sie viele Menschen anziehen, dass Wohnraum knapp und Bauen teuer ist, Kredite aber günstig sind. Vielleicht gibt es aber eine viel einfachere Erklärung für den rasanten Anstieg der Immobilienpreise: Sie steigen, weil die Käufer auf steigende Preise spekulieren und darin eine gute Geldanlage sehen.

Häuser und Wohnungen haben sich im Jahresvergleich über alle Regionen hinweg um 6,7 Prozent verteuert. Mit Spar- und Sichteinlagen, Aktien und Renten, mit Finanzvermögen also, ließen sich nur zwei Prozent verdienen. Die Immobilienpreise steuern schon seit Ausbruch der Finanzkrise von Rekord zu Rekord und hängen dabei alle anderen Anlageklassen ab. Nun haben Forscher sogar nachgewiesen, dass Wohnungen und Häuser auch im historischen Maßstab Aktien schlagen - die Daten reichen bis 1870 zurück.

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Vom Immobilienboom profitieren nur Wohlhabende - das muss sich ändern

Trotz des jüngsten Preisanstiegs und ungeachtet aller Warnungen, dass die Preise inzwischen mächtig aufgebläht sein könnten, empfehlen Vermögensberater also: Die Immobilie ist die ideale Altersvorsorge - solang es um die eigenen vier Wände geht und nicht um Zinshäuser. Dumm nur, dass nicht alle Deutschen ein Eigenheim besitzen oder erben werden. Da mag bei vielen Panik aufkommen, die den richtigen Zeitpunkt für einen Kauf verpasst haben - und nun feststellen müssen, dass sie sich die eigenen vier Wände beim besten Willen nicht leisten können. Eine solide private Altersvorsorge, die auf Vermögens- und Finanzwerten beruht, wird damit unmöglich.

Was also tun? Diese Aufgabe ist zu groß, als dass sie sich individuell lösen ließe. Vielmehr handelt es sich um ein gesellschaftliches Problem, dessen Wurzeln in der höchst ungleichen Verteilung privater Vermögen in Deutschland liegen: Den reichsten zehn Prozent gehören 60 Prozent des gesamten Privatvermögens, die unteren 40 Prozent haben praktisch gar kein Erspartes. Die Zahlen, die die Europäische Zentralbank zusammengetragen hat, sind schockierend. Ihre Konsequenz: Vom Immobilienboom profitieren die wohlhabendsten Familien am stärksten. Wer nichts hat, der kann auch die niedrigen Zinsen und kletternden Hauspreise nicht zum Vermögensaufbau nutzen. Für Aktien gilt das übrigens gleichermaßen.

Der Staat muss den Schwächsten beim Sparen helfen

Nun kann man die Bürger beschimpfen, dass sie an ihren geringen Vermögen nicht ganz unschuldig sind. Denn ein Großteil ihrer Ersparnisse liegt auf Bankkonten, wo sie schon in der Vergangenheit wenig Ertrag brachten, weil die Inflation häufig die Zinsen auffraß. Doch das hilft jetzt auch nicht weiter. Wer verhindern will, dass sich einkommensschwache Haushalte allein auf die staatliche Rente verlassen, deren Niveau weiter sinken wird, muss die private Vorsorge stärken - allerdings anders als heute.

So sollte man den Hauskauf wieder staatlich fördern, der sich in den vergangenen Jahrzehnten als solide und sinnvolle Form der Vermögensbildung erwiesen hat. Eine andere Möglichkeit wäre, dafür zu sorgen, dass die Deutschen verstärkt in Aktien investieren. Allein mit der Dividende guter Unternehmen lässt sich langfristig jede Zinsanlage schlagen. Warum also gibt es nicht längst staatliche Fonds, die zum Selbstkostenpreis in Aktien investieren - statt der geförderten Riester-Rente mit ihren hohen Gebühren?

Wer den sozialen Sprengstoff der hohen Vermögensungleichheit in Deutschland entschärfen will, sollte gezielt den Schwächsten helfen, zu sparen und eigenes Vermögen aufzubauen.

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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