Koalitions-Clinch um Mindestlohn:Ein Torpedo namens Guttenberg

Disput um ein Papier des Wirtschaftsministers: Arbeitsminister Scholz wirft dem Kollegen Guttenberg vor, er wolle den Mindestlohn kippen. Der lässt dementieren.

Die SPD forciert ihr Lieblingsthema. Anlass ist ein Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium, wonach der Hausherr Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) den Mindestlohn kippen wolle. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) warf Guttenberg daraufhin vor, er trachte danach, die Wirtschaftskrise auf dem Rücken der Arbeitnehmer auszutragen.

Koalitions-Clinch um Mindestlohn: Nachbarn auf der Kabinettsbank. Im Wahlkampf geht Arbeitsminister Olaf Scholz (links) aber auf Distanz zu Wirtschaftsminister Guttenberg.

Nachbarn auf der Kabinettsbank. Im Wahlkampf geht Arbeitsminister Olaf Scholz (links) aber auf Distanz zu Wirtschaftsminister Guttenberg.

(Foto: Foto: AFP)

"Minister Guttenberg hat die Katze aus dem Sack gelassen", sagte Scholz am Freitag mit Blick auf ein in Medien zitiertes Grundsatzpapier zur künftigen Industriepolitik. "Die Union will mehr befristete Arbeitsverhältnisse, mehr Leiharbeit, weniger Kündigungsschutz", sagte der SPD-Minister. "Und die mühselig errungenen Fortschritte beim Mindestlohn werden wieder rückgängig gemacht."

Jürgen Trittin, Spitzenkandidat von Bündnis 90/Die Grünen schlug in die selbe Kerbe: "Karl-Theodor zu Guttenberg ist rausgerutscht, dass er umfassende neoliberale Reformen will. Er möchte die wenigen Mindestlöhne abschaffen, Arbeitnehmerrechte weiter beschneiden, Klimaauflagen für Betriebe streichen, Unternehmen von Energiesteuern befreien und die Mehrwertsteuer erhöhen." Der Freiherr ziehe Bundeskanzlerin Merkel damit das Sozialmäntelchen und das letzte Klimafeigenblatt weg."

Die Rheinische Post hatte unter Berufung auf ein ihr vorliegendes "industriepolitisches Gesamtkonzept" Guttenbergs berichtet, der populäre Wirtschaftsminister wolle den Mindestlohn kippen.

"Überholte Stoffsammlung"

"Mindestlöhne schränken die notwendige Flexibilität ein, verteuern die Arbeit und gefährden so die Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in den betroffenen Unternehmen", zitierte die Zeitung aus dem Entwurf.

Das Wirtschaftsministerium erklärte allerdings umgehend, das Papier sei nicht aktuell. "Das ist eine längst überholte Stoffsammlung und damit obsolet", sagte ein Ministeriumssprecher.

Von einem längerfristig ausgerichteten industriepolitischen Konzept war schon vor einigen Wochen im Ministerium die Rede. Darin sollte es, wie seinerzeit ein Sprecher sagte, um die Fortentwicklung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für die deutsche Industrie gehen.

In dem Entwurf ist, wie die Zeitung nun berichtete, auch von "Erleichterungen" im Arbeitsrecht und vom Abbau bestimmter Steuervergünstigungen die Rede. Zugleich würden aber auch Steuerermäßigungen vorgeschlagen. Dazu erklärte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums: "In den vom Minister bearbeiteten Entwürfen der letzten Wochen spielen insbesondere die in den Medien genannten Bereiche Arbeitsmarkt und Mindestlohn keine Rolle. Das Ministerium arbeitet an einem industriepolitischen und nicht an einem arbeitsmarktpolitischen Konzept."

Trittin schenkte der Gegenerklärung allerdings keinen Glauben: "Das hektische Dementi ist unglaubwürdig, Schritt für Schritt werden die schwarz-gelben Schubladenpläne für die Zeit nach dem 27. September bekannt. Während Guttenberg die Bankenregulierung von externen Wirtschaftskanzleien schreiben lässt, arbeiten seine Beamten an neoliberalen Giftlisten."

Die Pläne müssten auf den Tisch, so Trittin. Das Versteckspiel von Schwarz-Gelb solle ein Ende haben.

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