Kliniken:Krankenhausreport sieht Mängel bei Versorgung alter Patienten

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Ältere, mehrfach kranke Patienten werden einer Studie zufolge in Krankenhäusern oft nicht optimal versorgt. Und die Zahl der über 70-Jährigen in Klinken ist zwischen 2006 und 2015 stark gestiegen.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Krankenhäuser in Deutschland behandeln immer mehr alte Menschen. Zwischen den Jahren 2006 und 2015 stieg die Zahl von mehrfach erkrankten Patienten, die älter waren als 70 Jahre, um 80 Prozent: von 1,1 Millionen auf zwei Millionen. Das ist das Ergebnis des diesjährigen Krankenhausreports der Krankenkasse Barmer, der an diesem Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

"Rein durch den demografischen Wandel" ließe sich diese Entwicklung jedoch nicht erklären, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kasse, Christoph Straub. Es seien vielmehr auch finanzielle "Fehlanreize", die dazu führten, dass alte Patienten häufiger und länger in der Klinik blieben. Ihre sogenannte geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung (GFKB) - eine Art Reha im Krankenhaus - sei für die Kliniken ein gutes Geschäft. Denn anders als bei vielen anderen Behandlungen können die Krankenhausleitungen für den Aufenthalt Pauschalen abrechnen, etwa nach 14 oder nach 21 Tagen in der Klinik. Dementsprechend seien alte Patienten besonders oft 14 oder 21 Tage auf den geriatrischen Stationen geblieben.

Straub forderte, die Behandlung und Rehabilitation stärker am individuellen Bedarf des Patienten und an medizinischen Kriterien zu orientieren. Denn die Reha im Krankenhaus sei nicht unbedingt besser für die Patienten als in einer spezialisierten Einrichtung. Wer etwa nach einem Oberschenkelhalsbruch in ein Reha-Haus gehe, werde nur zu 40 Prozent pflegebedürftig. Nach der klinischen Komplexbehandlung liege dieser Wert bei 47 Prozent.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, die 2000 deutschen Kliniken seien auf die wachsende Zahl älterer Menschen bisher kaum vorbereitet. "Bund und Länder haben hierauf in der Krankenhausgesetzgebung nicht reagiert", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Bei einem Krankenhausaufenthalt seien Betroffene oft "gestresst, werden eingeengt und fühlen sich hilflos ausgeliefert. Das macht Angst."

Auch der Autor des Krankenhausreports, Boris Augurzky vom Essener Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, empfiehlt, die Qualität von geriatrischen Abteilungen in Kliniken besser zu überprüfen. In den vergangenen Jahren hätten die Häuser immer mehr Stationen für die Behandlung alter Menschen umgewidmet. Gut aufgehoben seien solche Patienten aber vor allem in großen, gut aufgestellten Kliniken.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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