Klimafreundliche Stromerzeugung:Grün und günstig

Ökostrom wird im Jahr 2050 einer Studie zufolge kaum mehr kosten als konventionell erzeugte Energie - und dabei auch noch ebenso zuverlässig fließen.

Cerstin Gammelin, Brüssel

Die Europäische Klimastiftung geht davon aus, dass europäische Stromkunden im Jahr 2050 nicht an ihrem Geldbeutel spüren werden, ob der von ihnen verbrauchte Strom aus überwiegend erneuerbaren Energiequellen oder aus Atom- und klimafreundlichen Kohlekraftwerken stammt.

Der Preis, den sie jeweils bezahlen würden, sei nahezu identisch, schreiben die Autoren der Studie "Roadmap 2050: Praktische Anleitung für ein kohlestoffarmes Europa", die die Europäische Klimastiftung an diesem Dienstag in Brüssel vorstellen wird. Sie wurde federführend von der Unternehmensberatung McKinsey erarbeitet, beteiligt waren auch Forschungsinstitute, Konzerne und Umweltorganisationen.

Die Wissenschaftler untersuchen in ihrer Studie drei Szenarien zur klimafreundlichen Stromerzeugung und vergleichen diese mit der Möglichkeit, überhaupt kein zusätzliches Geld in neue nachhaltige Energiequellen zu investieren, sondern so weiterzumachen wie bisher.

Je nach der Entwicklung des Ölpreises und anderer Rohstoffpreise nehmen die Experten an, dass der Strom ohne Änderung des Mixes im Jahr 2050 für etwa 7,7 Cent pro Kilowattstunde erzeugt werden könne.

Klimafreundliche Stromerzeugung genauso zuverlässig

Wird der Anteil des aus Wind, Biomasse, Erdwärme und Sonnenstrahlen erzeugten Stroms auf 80 Prozent erhöht, werden zehn Prozent des Stromes in Atomkraftwerken erzeugt und weitere zehn Prozent in fossilen Kraftwerken, bei denen das klimaschädliche Kohlendioxid abgefangen und unterirdisch gebunkert wird (CCS-Technik), steigen die Kosten auf 8,3 Cent pro Kilowattstunde.

Exakt die gleichen Kosten entstünden bei einem Mix aus 40 Prozent grünem Strom und jeweils 30 Prozent Atom- und CCS-Strom. Stammen nur 60 Prozent aus erneuerbaren Quellen, dafür aber jeweils 20 Prozent aus Atom- und CCS-Kraftwerken, liegen die Kosten mit 8,5 Cent je Kilowattstunde etwas höher. Derzeit sind es fünf Cent je Kilowattstunde.

In ihrer Studie belegen die Autoren zudem, dass klimafreundliche Stromerzeugung mindestens ebenso zuverlässig möglich sein wird wie die bisherige konventionelle Versorgung. Dabei unterscheiden sich die Kosten für den Bau zusätzlicher Leitungen je nach Szenario kaum.

Kritik von Greenpeace

Der Ausbau der Elektromobilität erfordert nicht den Bau zusätzlicher Kraftwerke. Die für den Betrieb von Elektrofahrzeugen benötigte Elektrizität kann offensichtlich durch die Verbesserung der Energieeffizienz in anderen Bereichen zur Verfügung gestellt werden.

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte die Studie vorab. Die Stiftung liefere keine klare Aussage und versuche, "vor allem die Interessen von Konzernen zu bedienen", sagte Energieexperte Sven Teske der SZ. Die Konzerne versuchten durch die Hintertür, die europäischen Klimaziele für 2050 zu beeinflussen. Er warnte Stromverbraucher davor zu akzeptieren, dass ausgerechnet die Klimastiftung mit hohen Anteilen Atomstrom kalkuliere und bei den CCS-Kraftwerken auf eine Technik setze, "die noch gar nicht existiert".

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