Klett: Eigene Schule:Pauker, Penne und Penunzen

Weil das Geschäft mit Schulbüchern nicht mehr gut läuft, kam der Klett-Verlag auf eine Idee: Er betreibt einfach selbst Schulen.

Anna Eckert

Wenn Erstklässler eingeschult werden, kümmern sich Eltern und besorgte Großeltern gerne um den optimalen Schulranzen. Ergonomisch muss er sein und ein gewisser modischer Chic ist für die Kleinsten unverzichtbar.

Klett: Eigene Schule: Das Bildungsangebot wächst: Nun macht auch noch der Klett-Verlag eine eigene Schule auf.

Das Bildungsangebot wächst: Nun macht auch noch der Klett-Verlag eine eigene Schule auf.

(Foto: Foto: AP)

Die Schulwahl fällt da ungleich leichter - weil allzu oft gar keine Wahl besteht. Von einem vielfältigen Angebot in Deutschlands Schullandschaft kann noch keine Rede sein. Womöglich aber ändert sich das bald, da etablierte Unternehmen den Markt der Bildung entdecken. Das Motto: Pauker, Penne und Penunzen.

Ein Beispiel ist der größte deutsche Schulbuchverlag Klett aus Stuttgart. Mit seinen Büchern hat sich das Unternehmen jahrzehntelang in deutschen Klassenzimmern ausgebreitet - nun will der Verlag einfach zu seiner Druckware die richtige Schule stellen.

Blühende Gefilde werden nicht versprochen, wohl aber ein Lernen '"in der coolen Atmosphäre eines loftartigen Umfeldes". Zumindest bei der Ganztagsschule Fellbach: Hiermit steigen die Klett-Strategen in den neuen Markt ein. Zuvor hatten sich die Stuttgarter mit der Schweizer Kalaidos Bildungsgruppe zusammengeschlossen, um gemeinsam die Swiss International School (SIS) zu betreiben, eine in Deutsch und Englisch unterrichtende Privatschule. Erstmals engagiert sich SIS nun auch in Deutschland.

Das neue Konzept soll Klett helfen, ein kleines Problem zu lösen. Von 2005 auf 2006 hatte sich der Jahresumsatz zwar von 352 Millionen auf 406 Millionen Euro gesteigert, doch das Geschäft mit Schulbüchern stagniert. Ein neues Geschäftsfeld, das Geld bringt, muss her. Die Schuleröffnung als Ausweg?

Anette Krieger, Projektleiterin und Sprecherin der SIS, betont, dass Klett nicht nur ein Verlagshaus sei, sondern ein Bildungsunternehmen mit viel Potential. Um dieses Potential auszuschöpfen, wolle Klett auch in anderen Bereichen Erfahrung sammeln.

"Aushängeschild" der neuen Privatschule ist der Unterricht auf Deutsch und Englisch. Es herrsche ein großer Bedarf an Fremdsprachenkenntnissen, weiß Expertin Krieger: "Durch die bilinguale Ausrichtung soll dieser Bedarf gedeckt werden." Die Ganztagsschule führt ihre Schüler von der Grundschule über das Gymnasium zur Hochschulreife.

Modellversuch bei Stuttgart

Für die unternehmenseigene Innovation in Fellbach bei Stuttgart interessieren sich auch Familien aus dem Ausland, die es aus beruflichen Gründen nach Deutschland zieht.

"Die Nachfrage nach einem solchen Schulkonzept ist auf jeden Fall vorhanden, das merken wir auch an der großen Resonanz und an den zahlreichen Anfragen von Eltern", sagt Sprecherin Krieger.

200 Euro Schulgeld im Monat ist der Mindestsatz; mit Mittagessen und Ganztagsbetreuung beläuft sich der Beitrag sogar auf 600 Euro. "Es besteht die Gefahr, dass durch die hohen Schulgelder die Einrichtungen elitär werden", kommentiert Ludger Wößmann, Professor für Bildungsökonomie an der Volkswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Die Lösung der Klett-Schule Fellbach: Es sollen auch Stipendienplätze angeboten werden, wobei eine Stiftung Unterstützung biete. Mehr pädagogisch wertvolle Betreuung führe eben zu höheren Kosten, heißt es im Unternehmen Klett.

Pauker, Penne und Penunzen

Große Zukunftsängste plagen den Schulbuchverlag nicht. Projektleiterin Krieger: "Ein Neubeginn beinhaltet fast immer ein Risiko. Sorgen machen wir uns daher keine, auch wenn es ein paar Dinge gibt, auf die wir nur begrenzt Einfluss nehmen können, wie zum Beispiel die staatliche Genehmigung." Die ist für Fellbach noch nicht vorhanden.

Popsängerin Nena ist da schon weiter. Sie hat bereits zum Schuljahr 2007/08 die "Neue Schule Hamburg" mitgegründet; dort gibt es keine festen Weltanschauungen wie bei Waldorf oder Montessori. Nenas Ideal ist eine Schule ohne Ängste und Zwänge. 99 Luftballons im Klassenzimmer. Auch die Phorms-Schulen sind eher Idealisten, während Klett die Kassen klingeln hört.

Trend zu Privatschulen?

Sind Privatschulen jetzt im Kommen? Tatsächlich hat Professor Wößmann einen Trend zu Privatschulen entdeckt. Dafür verantwortlich sei unter anderem auch die Unzufriedenheit mit dem öffentlichen System in Deutschland, sagt der Experte.

Damit dürfte die Annahme eines längst gesättigten Marktes widerlegt sein. Denn mit jedem neuen Anbieter erweitert sich das pädagogische Repertoire. Diese Vielfalt schafft Wettbewerb, Wettbewerb belebt das Geschäft - und aus Eltern und Schülern werden Kunden.

Angst vor einer Klett-Ideologie ist nach Ansicht der Macher unbegründet. "Die Ganztagsschule Fellbach wird nicht nur Klett-Materialien verwenden", verspricht Anette Krieger.

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