Streit wegen Niedersachsens Beteiligung:Europäische Richter akzeptieren VW-Gesetz

Der Europäische Gerichtshof hat die Sonderstellung des Landes Niedersachsen beim Autobauer VW bestätigt. Deutschland müsse das VW-Gesetz nicht ändern und komme um die drohende Millionenstrafe herum. Damit spart sich der Staat 68 Millionen Euro.

Der Europäische Gerichtshof hat die Sonderstellung des Landes Niedersachsen beim Autobauer VW bestätigt. Deutschland muss das VW-Gesetz nicht ändern und kommt um die drohende Millionenstrafe herum, urteilten die Richter in Luxemburg.

Das Gericht wies die Klage der EU-Kommission ab, die eine Strafe von mindestens 68 Millionen Euro beantragt hatte, weil das VW-Gesetz ihrer Meinung nach den freien Markt einschränke. In dem seit Jahren andauernden Rechtsstreit ist dies ein juristischer Sieg für Deutschland.

Nach Ansicht des Gerichts hat die Bundesregierung das VW-Gesetz nach einem früheren EU-Urteil bereits ausreichend nachgebessert. Das Gericht folgte damit wie erwartet der Einschätzung von Generalanwalt Nils Wahl. Er hatte Ende Mai für eine Zurückweisung der Klage plädiert.

Der Streit dreht sich darum, dass das Land Niedersachsen mit einem Anteil von 20 Prozent an VW-Aktien ein Blockaderecht bei wichtigen Entscheidungen des Autobauers hat. Sonst ist dies im Aktienrecht erst ab 25 Prozent Anteil üblich. Das seit 53 Jahren bestehende Gesetz macht damit eine feindliche Übernahme des Wolfsburger Konzerns praktisch unmöglich.

Die Kommission hatte Deutschland vorgeworfen, ein Urteil des EuGH von 2007 zum VW-Gesetz nicht vollständig umgesetzt zu haben. Damals hatte der Gerichtshof Deutschland dazu gezwungen, das Gesetz zu ändern, da es den freien Kapitalverkehr einschränke. Nach dem Urteil strich die damalige Bundesregierung zwei der drei beanstandeten Regeln aus dem Gesetz - das Entsenderecht in den Aufsichtsrat und das Höchststimmrecht von 20 Prozent. Die Sperrminorität Niedersachsens behielt sie bei.

Die EU-Kommission beharrte darauf, dass auch diese Hürde abgeschafft wird. Sie widerspräche dem freien Spiel der Kräfte im Binnenmarkt und schrecke mögliche Investoren ab.

Die Abweisung der Klage hat vor allem politische Bedeutung, denn die hauseigene Satzung von Volkswagen gesteht Niedersachsen mit seinen 20 Prozent bei wichtigen Entscheidungen ohnehin ein gehöriges Maß an Mitspracherecht zu. Das Land ist zweitgrößter VW-Aktionär hinter der Porsche Automobil Holding SE mit knapp 51 Prozent und vor dem Emirat Katar mit 17 Prozent.

Freude in Niedersachsen

Niedersachsens Landesregierung und Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh haben erleichtert auf die Entscheidung zum VW-Gesetz reagiert. Die Entscheidung sei für Niedersachsen von fundamentaler Bedeutung. "Wir sehen uns als Teile einer außergewöhnlichen Unternehmensgeschichte", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in der Wolfsburger Zentrale des Autobauers.

Betriebsratsboss Osterloh sagte: "Dies ist nicht nur ein guter Tag für Niedersachsen, sondern auch für die VW-Belegschaften." Osterloh und Weil betonten, dass die Entscheidung auch die Unternehmenskultur bei VW mit seiner besonderen Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung stärke.

Die EU-Kommission hat sich nach dem Urteil geschlagen gegeben. Man habe zwar eine andere Interpretation in dem Fall als das Gericht, respektiere aber das Urteil, teilte eine Sprecherin des zuständigen Binnenmarktkommissars Michel Barnier mit. "Mit der heutigen Entscheidung ist das Thema abgeschlossen." Die Klärung durch das Gericht sei nach den langwierigen Prozessen in jedermanns Interesse gewesen.

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