Klage gegen Opel:Letzter Kampf um Bochum

Rainer Einenkel wird 60

Rainer Einenkel, Betriebsratschef von Opel Bochum, am Rande von Protesten gegen die Werkschließung.

(Foto: dpa)

Das Werk in Bochum wird dichtmachen, doch Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel sieht jede Menge Ungereimtheiten und zieht vor Gericht. Was kann er noch erreichen?

Von Thomas Fromm

Es waren vor allem seltsame Sätze, mit denen Opel in den vergangenen Monaten auf sich aufmerksam machte. Zum Beispiel diese hier: "68 Prozent der Männer glauben, rothaarige Frauen seien feuriger, obwohl 90 Prozent von ihnen noch nie eine kennengelernt haben." Oder: "Wer schwul ist, kann nicht Fußball spielen. Es sei denn, er war deutscher Meister."

Es ging um Klischees und die Frage, wie man sie überwindet, und - klar - es ging bei der "Umparken-im-Kopf"-Kampagne vor allem: um Opel selbst.

Um den Versuch, ein Image zu drehen.

Im März hatte die Marke mit 6,7 Prozent den höchsten Anteil am europäischen Markt seit Juni 2011. Und schon im nächsten Jahr soll die Tochter des US-Konzerns General Motors nach langen Krisenjahren wieder Gewinne machen. Keine Frage, es lief schon schlechter für Opel.

Opel ist mit Bochum fertig

Einer, dem es in diesen Tagen dennoch schwer fällt, umzuparken, ist Rainer Einenkel. Das liegt daran, dass der Betriebsratschef aus dem Opel-Werk Bochum und seine 3300 Kollegen nicht mehr allzu viel vom Umparken haben: Der Bau des Familienvans Zafira wird Ende 2014 aus dem Ruhrgebiet nach Rüsselsheim verlagert, damit ist Opel in Bochum fertig.

Was bleibt, ist ein Warenverteilzentrum für rund 700 Mitarbeiter, ein paar Ersatzjobs, Abfindungsangebote - und eine Klage, die von diesem Dienstag an vor dem Landgericht Darmstadt verhandelt wird.

Einenkel, der auch Opel-Aufsichtsrat ist, sieht eine ganze Reihe Ungereimtheiten. Zum einen sei der Aufsichtsrat nicht korrekt über die Pläne, Bochum dichtzumachen, informiert worden. Vor allem aber seien die konzerninternen Studien zur Wirtschaftlichkeit der europäischen Werke, bei denen Bochum schlecht abgeschnitten hatte, nicht korrekt gelaufen. "Mit falschen und unsauberen Vergleichen wurden die Bochumer betrogen", sagte Einenkel der Süddeutschen Zeitung. Hinter der Schließung von Bochum stünden politische Gründe, keine wirtschaftlichen. So habe er das Gefühl, dass "mit Absicht zum Nachteil Bochums entschieden wurde". Bei Opel sieht man das naturgemäß anders - und gibt sich vor dem Termin im Gericht entspannt: Es sei korrekt informiert worden; Formfehler habe es keine gegeben.

"Ich bin telefonisch erreichbar"

Aus Sicht des Unternehmens ist der Fall klar: Die Schließung von Bochum ist längst beschlossene Sache - selbst wenn das Gericht Formfehler im Vorfeld des Schließungsbeschlusses vom April 2013 monieren sollte, wäre das Schicksal des Werkes doch längst besiegelt. Einenkel aber will nicht aufgeben. "Bevor es zur endgültigen Schließung des Bochumer Werks kommt, werden wir alles versuchen."

Wie er seine Chancen sieht? Der Betriebsratschef will nichts vorwegnehmen. "Es gibt nicht so viele Erfahrungen damit, dass ein Aufsichtsrat einen Weltkonzern vor Gericht zieht, um einen Beschluss zu korrigieren", sagt er. Allerdings sei er "bestrebt, eine gütliche Einigung zu erzielen", sagt er.

Und wie eine solche Einigung aussehen könnte? "Wir müssen den Zafira erst einmal in Bochum behalten", fordert der Betriebsratschef. "Denn wir brauchen hier Beschäftigung am Standort." Und er sagt: "Ich bin telefonisch erreichbar."

Ob dies eine Einigung ist, wie sie auch den Strategen in der Rüsselsheimer Konzernzentrale vorschwebt? Eher nicht.

Zwar lässt sich die Firma die Schließung im Ruhrgebiet mindestens eine halbe Milliarde Euro kosten. Andererseits: General Motors und Opel planen ihre künftige Autoproduktion in Europa schon längst ohne das Bochumer Werk.

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