Kirchhof: Steuerkonzept:"Will Kirchhof auch ein Strafgesetzbuch mit nur einem Paragraphen?"

Paul Kirchhofs radikales Steuerkonzept hat ein großes Echo hervorgerufen. Es ist heftig umstritten: Die radikale Vereinfachung wird von vielen Internetznutzern begrüßt. Doch mancher User kritisiert Kirchhof auch scharf.

Es ist ein Vorschlag, der provoziert: Paul Kirchhof will das Steuerrecht radikal vereinfachen: ein Einheitssteuersatz, keine sogenannten Gestaltungsspielräume mehr, tausende Paragraphen gestrichen.

SPD Challenges CDU Over Paul Kirchhoff

Paul Kirchhoff.

(Foto: Getty Images)

Das gibt Beifall: "Merkel und Rösler sollten Kirchhofs Steuergesetzbuch nehmen und eins zu eins in den Bundestag tragen", fordert der liberale Blog Freunde der offenen Gesellschaft. Die Einführung seines Steuerrechts würde eine Wachstumsdynamik entfachen und ungeahnte Steuereinnahmen in die Staatskassen spülen.

"Man ist gut beraten, den Ideen von Kirchhof kritisch gegenüberzustehen", kommentiert der Wirtschaftsblogger aloa5 und schiebt eine Analyse hinterher. Ein Punkt: Kirchhof will alle Steuerschlupflöcher streichen. Doch aloa5 gibt zu bedenken, wer beispielsweise steuerlich momentan begünstigt wird - ein Behinderter in Anstellung etwa. "Ist es sozial, dies deshalb zu streichen? Wohl eher nicht", schreibt der Autor.

Auf Twitter sammelten sich unter dem Stichwort #Kirchhof die Reaktionen. Der Jura-Student Yacine Ghoggal schreibt: "Bin ja für ein BGB mit nur zehn Paragraphen, damit jedes Geschäft, jeder Streit auf einem Bierdeckel gelöst werden kann." Und er fragt ironisch, warum Kirchhof kein Strafgesetzbuch mit nur einem Paragraphen vorschlägt.

Auch unter den Kommentatoren auf sueddeutsche.de wird der Vorschlag diskutiert. Stellvertretend für viele schreibt Brian_Cohen: "Hoffentlich setzt sich Kirchhofs Idee durch. Es mag noch nicht die perfekte Lösung sein, aber sie ist allemal besser als der bisherige Dschungel."

Aber Kirchhofs Modell halten viele User für ein Luftschloss: "Aufräumen ja, aber die radikale Vereinfachung ist ein Traum. Wer ihn uns vorgaukelt, ist nicht seriös", schreibt Wanninger. John05 ergänzt: "Zu glauben, über so einen langen Zeitraum gewachsene Strukturen radikal ändern zu können, ist aus meiner Sicht naiv."

Breznsemmel macht sich augenzwinkernd Sorgen um eine ganze Berufsgruppe: "Ein vereinfachtes Steuersystem kommt niemals. Was sollen denn dann die 500.000 Finanzbeamten machen? Davon wären dann ja 300.000 überflüssig."

Das größte Hindernis sehen viele Leser aber nicht in den vermeintlichen Pfründen von Behörden, sondern in der Politik: Von der schwarz-gelben Koalition sei in Sachen Steuervereinfachung nichts zu erwarten - die wolle mit ihrer Steuersenkung eh nur verhindern, dass die FDP bei der Wahl 2013 untergehe.

Auch wenn manche Kirchhof noch seine Nähe zur CDU vorwerfen, in deren Schattenkabinett er 2005 kurzzeitig saß: Bei den meisten Lesern genießt er das Vertrauen, unabhängig vom Berliner Parteienklüngel zu sein. Einige sehen ihn gar als Renegaten: "Sollen doch Kirchhof und einige der angeblichen Superexperten aus der Politik in einem TV-Duell die Sache ausdiskutieren. Ich bin mir absolut sicher, dass sämtliche Politiker die Hosen verlieren werden."

Auch die Opposition werde nichts tun, um Kirchhofs Pläne voranzutreiben: "Die SPD wird wieder Ängste schüren, weil es nicht ihre Idee ist und sie dringend irgendwie punkten muss. Und sollte der Vorschlag doch irgendwie umgesetzt werden, wird er vorher durch den Wolf gedreht, um Partikularinteressen zu bedienen."

Kirchhofs Flat Tax von 25 Prozent auf alle Einkommen über 20.000 Euro sehen einige Leser als Privileg für Reiche: "Verschonen Sie uns mit Ihren neuerlichen Bierdeckel-Phantasien", schreibt Leser Monnema an die Adresse Kirchhofs. "'Steuervereinfachung' heißt bei Ihnen: Besserverdienende brauchen den Staat nicht mehr um seine Steuern betrügen - er betrügt sich selbst auf Kosten der Niedrigverdienenden."

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