King Kong und Godzilla:Wir brauchen Monster

Lesezeit: 4 min

Hollywood hat eine neue verlässliche Einnahmequelle entdeckt: Die Reinkarnation von King Kong und Godzilla - ein Kampf der beiden könnte für die Filmindustrie der nächste große Kassenschlager werden.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Eines vorneweg, damit das geklärt ist. Der herrlich schlecht gelaunte Affe in "Kong: Skull Island" ist nicht der gewaltigste, der jemals auf der Leinwand zu sehen gewesen ist. Er ist 30 Meter groß und damit fast 15 Meter kleiner als die ungelenke Version der japanischen Produktion "King Kong vs. Godzilla" aus dem Jahr 1962. Gegen diese beiden freilich war das von Peter Jackson im Jahr 2005 kreierte Tier King Kong mit gerade Mal sieben Metern ein rechter Hänfling.

Diese Zahlen mögen interessant sein, in Hollywood ist eine andere Maßeinheit bedeutsamer: Die aktuelle Reinkarnation des Monsterfilms hat in der ersten Woche weltweit 146 Millionen Dollar eingespielt.

Das übertrifft die Erwartungen, dieser Kong ist also ziemlich gewaltig, es ist jedoch für die Produzenten der Studios Warner Bros. und Legendary noch kein Grund für eine Feier auf dem Dach des Empire State Buildings. Der Film hat inklusive Vermarktung (es gibt etwa bei Google Maps diese fiktive Insel im Pazifischen Ozean mit all ihren Monstern zu bestaunen) mehr als 321 Millionen Dollar gekostet und ist Teil eines gewaltigen und äußerst riskanten Plans, eine neue Filmreihe und ein so genanntes "Monsterverse" zu etablieren: Vor zwei Jahren spielte Godzilla die Produktions- und Werbekosten von 225 Millionen Dollar mit weltweiten Einnahmen von insgesamt 529,1 Millionen Dollar locker wieder ein. In zwei Jahren soll "Godzilla: King of the Monsters" folgen und gleich danach das Aufeinandertreffen der beiden Monster in "Godzilla vs. Kong".

Die Mutter aller Monsterfilme: "King Kong" aus dem Jahr 1933, hier auf dem Empire State Building in Manhattan. (Foto: MFA)

Es geht jedoch noch weiter: Regisseur Guilermo del Toro hat vor vier Jahren das Science-Fiction-Monsterwerk "Pacific Rim" (weltweite Einnahmen: 411 Millionen Dollar, davon allein 114 Millionen in China) erschaffen und produziert gerade die Fortsetzung "Pacific Rim: Uprising", die im kommenden Jahr in die Kino kommen wird. Die Rechte an dieser Lizenzproduktion liegen bei ebenfalls Legendary. Del Toro hat bereits verkündet, dass er einen Kampf zwischen den Monstern seiner Filme und der genmanipulierten Echse Godzilla ziemlich spannend fände: "So ein Aufeinandertreffen wäre vielleicht ein bisschen zu viel für das menschliche Gehirn, weil die Monster aus verschiedenen Welten kommen - aber ich fände es grandiose, so eine Geschichte erzählen zu dürfen."

"Jeder Film muss erst einmal für sich alleine funktionieren."

Und es gibt da noch diesen kurzen Satz im Abspann von "Kong: Skull Island", dass dem japanischen Unternehmen Toho nicht nur die Rechte an Godzilla gehören würden, sondern auch jene am dreiköpfigen Drachen "King Ghidorah", an der Riesen-Motte "Mothra" und dem Flugsaurier "Rodan" - dieser Hinweis ist nur dann rechtlich verpflichtend, wenn diese Gestalten ein Teil der Geschichte sind.

In Hollywood ist deshalb zu hören, dass der Zweikampf zwischen King Kong und Godzilla in drei Jahren keineswegs der letzte sein dürfte. Affe gegen Saurier, Echse gegen Motte, futuristische Maschinen gegen Drachen - alles scheint möglich.

Das Problem der amerikanischen Filmindustrie ist freilich seit Jahren bekannt: Die gesellschaftlich relevanten Geschichten werden mittlerweile im Fernsehen und auf Streamingportalen erzählt, das Kino ist der Ort fürs Popcorn-Spektakel - woran erst einmal nichts auszusetzen ist. Es gibt unterhaltsame Superhelden-Filme wie etwa die Wolverine-Fortsetzung "Logan", die in den ersten beiden Wochen bereits 316 Millionen Dollar eingespielt hat - oder nicht weniger unterhaltsame Franchises wie "The Fast and the Furios", deren achter Film im April in die Kinos kommt und bei der Hauptdarsteller Vin Diesel bereits den neunten und zehnten Teil angekündigt hat. Hin und wieder gibt es ein martialisches Kriegsepos wie etwa "Hacksaw Ridge - Die Entscheidung" von Mel Gibson (175 Millionen) oder einen Überraschungserfolg wie den wunderbaren Thriller "Get Out" von Jordan Peele (113 Millionen). Das Problem dieser Geschäftsplanung liegt darin, dass nicht jede Film-Neuauflage eine eingebaute Erfolgsgarantie hat und bereits ein Misserfolg für finanzielle Schieflachen bei den Studios sorgen kann.

Am Anfang war die Kinofigur im Original gerade einmal sieben Meter groß. (Foto: AP)

Zu den gewaltigsten Flops der vergangenen zwölf Monate gehören etwa die Fortsetzung von Teenage Mutant "Ninja Turtles", das Kriegsdrama "The Finest Hours", der Katastrophenfilm "Deepwater Horizon" und die Neuauflagen von "Ghostbusters" und "Ben Hur". Die allgemein gültigen Regeln für Blockbuster funktionieren nicht mehr unbedingt, vor allem braucht die Branche derzeit Filme, die international erfolgreich sind. Jimmy Kimmel etwa spottete bei der Oscar-Verleihung über den vermeintlichen Mega-Flop seines Erzfeindes Matt Damon. Dessen Film "The Great Wall" hatte in den USA gerade mal 43 Millionen Dollar eingespielt - aus dem Ausland jedoch kamen mehr als 283 Millionen hinzu. Alles in Ordnung.

Eine langfristige Verbindung amerikanischer und asiatischer Monster scheint deshalb zumindest finanziell sinnvoll, die Schlacht zwischen King Kong und Godzilla dürfte viele Menschen in die Kinos locken. Doch was passiert danach?

"Man darf den Zuschauern nicht einfach eine Neuauflage reinwürgen", warnt King-Kong-Regisseur Jordan Vogt-Roberts: "Jeder Film muss erst einmal für sich alleine funktionieren und höchstens subtile Hinweise auf Fortsetzungen oder andere Filme liefern. Es gibt nichts Schlimmeres als diesen Zehn-Minuten-Umweg im zweiten Akt, in dem die ganze Vorgeschichte erklärt werden muss. Ein Film muss auch außerhalb des Monster-Universums funktionieren. Wer bei uns Hinweise auf Godzilla entdecken will, der entdeckt sie. Wer nur einen King-Kong-Film sehen will, der sieht einen King-Kong-Film."

Die Studiobosse in Hollywood freilich interessieren sich weniger für Umwege im zweiten Akt als vielmehr für die Zahl am Ende. Die sieht bei "Kong: Skull Island" gerade ordentlich aus, zumal der Film in China und Japan noch nicht zu sehen ist.

Es dürfte in den kommenden Jahren zahlreiche Produktionen aus dem Monster-Universum geben. Und für all jene, die glauben, dass es dann doch auch auf die Größe ankommt: So winzig wie beim ersten Film im Jahr 1933 dürfte King Kong nie mehr sein. Er war zu Beginn gerade mal sieben Meter groß. Regisseur Merian Cooper ließ ihn aber im Laufe der Geschichte wachsen, damit er in der Skyline von Manhattan nicht gar so mickrig daherkommt.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: