Kindergeld:Mehr vom Staat

Steuer-ID melden

Längst noch nicht alle Eltern haben die Steueridentifikationsnummern ihrer Kinder der zuständigen Familienkasse gemeldet. Das sollten sie bis zum Jahresende tun, und zwar schriftlich, mit einem formlosen Brief. Die Steuer-ID ist ab 1. Januar 2016 gesetzliche Voraussetzung für den Kindergeldanspruch. Wer das Nachmelden auch im nächsten Jahr vergisst, riskiert die komplette Streichung der staatlichen Unterstützung sowie Nachzahlungen. Die Meldung soll vor allem sicherstellen, dass die Förderung für jedes Kind nur einmal fließt.

Berrit Gräber

Die Familienkasse zahlt bis zum Ende der Erstausbildung. Dazu zählt nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs auch das Masterstudium. Das eröffnet vielen Eltern neue Chancen, aber die rechtliche Lage ist verzwickt.

Von Berrit Gräber

Ist der Nachwuchs klein, müssen sich die Eltern noch keinen Kopf ums Kindergeld machen. Ist die staatliche Unterstützung erst einmal genehmigt, kommt die Überweisung der Familienkasse mit schöner Regelmäßigkeit Monat für Monat aufs Konto. Werden die Sprösslinge aber erwachsen, sind sie in Ausbildung, Studium, beim Jobben oder in einer Phase irgendwo dazwischen, heißt es aufpassen. Bisher gilt: Spätestens mit Ende der Erstausbildung, allerspätestens aber am 25. Geburtstag ist Schluss mit der Förderung. Familien müssen zudem darauf achten, dass erwachsene Kinder nebenbei nicht zu viel arbeiten - bei mehr als 20 Stunden pro Woche ist die Förderung weg.

Aber: Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in München hat diese Deckelung jetzt gekippt und Eltern großzügigere Chancen beim Kindergeldanspruch eröffnet (Aktenzeichen: BFH, VI R 9/15).

Die Eltern sollten jetzt Folgendes wissen: Laut Bundesfinanzhof zählt jetzt auch ein Masterstudium, das an einen Bachelor-Abschluss anschließt, zur Erstausbildung, wie der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident des Deutschen Unternehmenssteuer Verbands (DUV) erläutert. Stehen beide Studiengänge in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, sind sie so eng verknüpft, dass es völlig unerheblich ist, wenn der Student während der Masterzeit noch über 20 Stunden pro Woche jobbt.

Im konkreten Fall hatte der Bachelor-Absolvent in Wirtschaftsmathematik im Zweitstudium nebenher 21,5 Stunden wöchentlich als studentische Hilfskraft und Nachhilfelehrer gearbeitet und damit die maximal erlaubten 20 Stunden überschritten. Die Familienkasse strich den Eltern daraufhin das Kindergeld.

Für die Eltern geht es um richtig viel. Aber die rechtliche Lage ist verzwickt

Väter und Mütter in einer vergleichbaren Situation könnten sich jetzt auf die BFH-Entscheidung berufen und Einspruch gegen eine Streichung einlegen, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) in Berlin. Für die Eltern geht es um richtig viel Geld.

"Da kommt jetzt einiges an offenen rechtlichen Fragen auf die Familienkassen zu", ist Rauhöft überzeugt. Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler rechnet damit, dass das Bundesfinanzministerium das neue Schlupfloch schon bald wieder mit Verwaltungsanweisungen stopfen könnte, die nur ganz spezielle Beispielfälle als förderfähig zulassen.

Die rechtliche Lage beim Kindergeldanspruch ist ziemlich verzwickt. Schon im vergangenen Jahr urteilten die höchsten deutschen Finanzrichter in München "elternfreundlich" und entschieden, dass ein erster Berufsabschluss nicht zwangsläufig das Ende einer Erstausbildung sein muss (V R 27/14).

Lässt sich ein junger Mann beispielsweise erst zum Elektroniker ausbilden, meldet sich gleich nach der Lehre zum Studium der Elektrotechnik an und arbeitet bis dahin fünf Monate lang mehr als 20 Wochenstunden, gilt das trotz ausgiebigen Jobbens in der Überbrückungszeit als eine einheitliche Erstausbildung. Der Kindergeldanspruch bleibt dann bestehen.

Immer wenn es um Übergänge zwischen Ausbildungsabschnitten geht, sollten Eltern auf der Hut sein, dass ihnen das Kindergeld nicht gestrichen wird. Nach vier Monaten Lücke ist meist Schluss mit der Förderung. Beispielsweise gilt: Hat das Kind im Juni die Schule beendet, steht den Eltern noch vier Monate lang weiter Kindergeld zu, als Überbrückung zwischen zwei Ausbildungszeiten. Hat der Sohn oder die Tochter also im September oder Oktober eine Lehre oder ein Studium angefangen, entsteht keine Lücke. Nimmt es sich aber eine längere Auszeit oder ist jetzt im Winter mit der Berufs- und Studienwahl immer noch nicht in die Gänge gekommen, ist der Anspruch auf Kindergeld bereits seit Juli verloren.

Die meisten Eltern ahnen das noch gar nicht, weil die Unterstützung erst einmal weiter aufs Konto fließt. Die Familienkasse wird es aber garantiert zurückfordern. "Trödeln Kinder, müssen die Eltern das Kindergeld oft für viele Monate in einem Batzen zurückzahlen", warnt Klocke.

Wenn der Nachwuchs nach dem Abi in Australien Obst erntet, wird der Zuschuss gestrichen

Gleiches gilt, wenn sich Sohn oder Tochter erst nächsten Januar erstmals um einen Studienplatz bewerben, monatelang die Welt bereisen oder in der Ferne als Au-pair arbeiten. Die Unterstützung ist zudem weg, wenn ein volljähriges Kind nach der Schule ein Work-and-Travel-Programm nutzt, um in Australien Obst zu ernten oder in Neuseeland Schafe zu scheren, wie der Bundesfinanzhof entschieden hat (III B 119/08).

Hat sich der Nachwuchs um einen nahtlosen Anschluss zur Schulzeit bemüht, in diesem Wintersemester beispielsweise aber eine Studienplatzabsage bekommen, fließt das Kindergeld zunächst weiter. Gleiches gilt, wenn es ihm nicht zeitnah gelingt, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Aber: Eine lange Suche muss der Familienkasse mit Belegen wie Online-Bewerbungen, Absagen oder der Bestätigung von Vorstellungsterminen durch die Firma nachgewiesen werden, betont Rauhöft. Es genügt auch nicht, nur eine Bewerbung zu schreiben und jahrelang in einer Firma in der Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz zu jobben. Nach Absagen muss das Kind sich woanders bewerben.

Keinen Förderungsstopp müssen dagegen Mütter und Väter befürchten, deren Kinder den Bundesfreiwilligendienst respektive ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren. Sie können die staatliche Unterstützung seit diesem Jahr bis zu vier Monate beanspruchen, wenn der Nachwuchs nach dem Schulabschluss auf den freiwilligen Wehrdienst wartet. Außerdem gibt es etwa auch während seiner dreimonatigen Grundausbildung Unterstützung. Gleiches gilt, wenn 18- bis 21-jährige Kinder arbeitslos gemeldet sind, aber nebenbei noch arbeiten. Hier ist allerdings Voraussetzung, dass der Job weniger als 15 Stunden pro Woche dauert (BFH, III R 9/14).

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