Kein Hartz IV für EU-Migranten:Absage an ein soziales Europa

Deutschland darf EU-Bürgern Sozialhilfe verweigern. Jetzt muss das Verfassungsgericht übernehmen.

Kommentar von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Für manche mag das ja nach einer guten Nachricht klingen. In Wahrheit aber ist es eine Absage an ein soziales Europa. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs darf Deutschland seine Sozialsysteme gegen EU-Zuwanderer abschotten - auch gegen solche, die nichts anderes wollen, als möglichst schnell einen Job finden. Für die Bulgaren und Rumänen, die in der Landwirtschaft oder auf dem Bau arbeiten, heißt Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dieser Lesart also: Sie dürfen kommen, sie sollen arbeiten, sie müssen in die Sozialkassen einzahlen - aber wenn sie in Not geraten, darf ihnen das Existenzminimum weggekürzt werden.

Gewiss: Deutschland will keine falschen Anreize für eine Einwanderung in die Sozialsysteme setzen. Bisher gibt es dafür freilich wenig Anzeichen. Gerade die Rumänen, die manche gern in den Ruch des Sozialschmarotzertums bringen, integrieren sich erstaunlich gut in den Arbeitsmarkt. Der Saldo dürfte, auch für die Sozialkassen, auf lange Sicht positiv sein.

Ohnehin ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen. Dass Deutschland Menschen, die hier mit einem legalen Aufenthaltstitel auf Arbeitssuche sind, das zum Leben notwendige Minimum vorenthält, rührt an den Kern der Menschenwürde. Damit ist das Bundesverfassungsgericht aufgerufen, das soziale Europa ein Stück voranzubringen.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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