Kaufkraft-Studie:Reicher Süden, armer Osten

Lesezeit: 2 min

SZ-Grafik; Quelle: GfK (Foto: SZ-Grafik; Quelle: GfK)

Ein Starnberger hat im Schnitt fast doppelt so viel Geld zur Verfügung wie ein Görlitzer. Doch die Kaufkraft allein sagt über die Schere zwischen Arm und Reich noch nicht viel aus. Denn im Süden lebt es sich auch teurer als im Osten.

Von Uwe Ritzer

NürnbergEs ist eine tiefe Wohlstandskluft, die sich da auftut, regional betrachtet. Zwischen dem Landkreis Starnberg im oberbayerischen Voralpenland, wo jeder der etwa 133 000 Einwohner im kommenden Jahr netto im Durchschnitt 32 194 Euro ausgeben kann. Und den Menschen im Landkreis Görlitz im östlichsten Zipfel Sachsens, von denen jeder 2017 im Durchschnitt über 17 494 Euro verfügen wird. Die Zahlen stammen von Deutschlands größtem Marktforscher GfK. Das Nürnberger Unternehmen hat bundesweit die Kaufkraft in den jeweiligen Regionen erfasst. Wichtigste Erkenntnis: Das geografische Wohlstandsgefälle hat sich verfestigt.

Wie seit Jahren liegen die reichsten Regionen Deutschlands vor allem im Süden, die ärmeren im Norden und Osten. Wobei der Wohlstand in Bayern besonders groß ist. Vergleicht man die Kaufkraft, dann liegen sieben der zehn reichsten kreisfreien Städte und Landkreise im Freistaat. Neben Starnberg sind dies Stadt und Landkreis München sowie die an die Landeshauptstadt angrenzenden Landkreise Ebersberg, Fürstenfeldbruck und Dachau. Aus dem nördlichen Bayern schaffte es allein die Universitäts- und Siemens-Stadt Erlangen in die Top Ten.

Die GfK bemisst die Kaufkraft nach dem verfügbaren Nettoeinkommen, Kapitalerträgen und staatlichen Leistungen wie Arbeitslosen- oder Kindergeld. Zudem werden wirtschaftlich fundierte Prognosen einbezogen. Aus dem Datenmaterial ergibt sich: Die Kaufkraft wird 2017 flächendeckend stärker. Vor allem, weil die Löhne steigen und sich der Arbeitsmarkt gut entwickelt. Allerdings ist die Dynamik dieses Wachstums unterschiedlich ausgeprägt.

Die Marktforscher erwarten, dass die Kaufkraft in Berlin am stärksten wachsen wird (plus zwei Prozent), in Bremen dagegen am schwächsten (plus 1,1). Auch innerhalb der 402 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland gibt es laufend Verschiebungen. Regionen, die Einwohner hinzugewinnen, überholen auch in Sachen Kaufkraft solche mit schwächerer Dynamik. Schon jetzt konzentriert sich ein Viertel der Kaufkraft in Deutschland auf die 25 einwohnerstärksten Landkreise.

Der durchschnittliche Bundesbürger hat der GfK zufolge 2017 für Konsum, Freizeit, Wohnen oder zum Sparen 22 239 Euro zur Verfügung. Gemessen daran verfügt der Starnberger im Mittel über satte 45 Prozent mehr. Ein Duisburger Durchschnittsbürger liegt dagegen 15 Prozent unter dem Durchschnitt. Auch in anderen Regionen des Ruhrgebietes, aber auch in Berlin, Leipzig oder Dresden bewegt sich die Pro-Kopf-Kaufkraft um bis zu zehn Prozent unter dem Durchschnitt. Wobei die ökonomische Lebenswirklichkeit der Menschen nicht ausschließlich durch deren Kaufkraft definiert wird. So ist Südbayern fraglos eine reiche Region, allerdings auch mit deutlich höheren Lebenshaltungskosten als in weniger prosperierenden Gegenden. Die durchschnittliche Kaufkraft einer Region sagt alleine noch nichts über die Schere von Arm und Reich aus. Anders formuliert: Auch in Starnberg leben arme Menschen. Nur eben weniger.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: