Katastrophenschäden:Versicherungslücken durch Armut und Geiz

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Die Bewohner von Haiti wurden in den vergangenen Jahren von schweren Naturkatastrophen getroffen. Versichert sind die wenigsten. (Foto: Hector Retamal/AFP)

Nur etwa ein Drittel der Schäden durch Naturkatastrophen ist mit Policen abgedeckt, beklagt die Munich Re. Oft sind die Betroffenen einfach zu arm.

Von Jonas Tauber, Berlin

Drei Monate nach "Matthew" kämpft Haiti noch immer mit den Folgen des Tropensturms. Der Hurrikan, der Anfang Oktober über die Karibik hinwegfegte und mehr als tausend Todesopfer forderte, hat auch große Schäden an Gebäuden und Infrastruktur angerichtet. Sauberes Trinkwasser ist weiter Mangelware.

Beim Wiederaufbau ist Haiti auf Spendengelder angewiesen, denn die meisten Schäden sind nicht versichert. Der weltweit größte Rückversicherer Munich Re beziffert den wirtschaftlichen Schaden durch "Matthew" in den Karibik-Staaten auf 4,2 Milliarden Dollar - Versicherer müssen für magere 600 Millionen Dollar aufkommen.

Menschen in ärmeren Ländern fehle oft das Geld für eine ausreichende Absicherung gegen Naturkatastrophen, sagt Peter Höppe, Chefmeteorologe von Munich Re und Experte für Katastrophenschäden. Abhilfe erhofft er sich von einem Programm der sieben wichtigsten Industriestaaten. Über "Insuresiliance" sollen Menschen Versicherungsschutz gegen Unwetter erhalten, die über weniger als zwei Dollar am Tag verfügen, berichtet Höppe. "Wenn beispielsweise die Niederschlagsmenge einen bestimmten Grenzwert überschreitet, greift diese Deckung", sagt er. 550 Millionen Dollar sind dafür vorgesehen. Aber auch in reichen Ländern wie den USA gibt es Versicherungslücken. So hinterließ "Matthew" an der US-Ostküste Schäden von mehr als sechs Milliarden Dollar, versichert waren aber nur rund drei Milliarden Dollar. Laut Höppe ist hier das Problem, dass Besitzer von Gebäuden in Hochrisikogebieten wie Florida die hohen Kosten für die Sturm-Policen scheuen. Beide Gründe - die Armut in vielen Teilen der Welt, der Geiz der Hausbesitzer in anderen - sind dafür verantwortlich, dass von den weltweit 175 Milliarden Dollar (166 Milliarden Euro) Gesamtschäden durch Naturkatastrophen 2016 nur rund ein Drittel versichert war.

Für Deutschland zeigt die Naturkatastrophen-Bilanz, wie sich ein ungebremster Klimawandel auswirken könnte. "Fast die gesamten Schäden sind durch zwei gewitterbedingte Ereignisse entstanden, und gerade für solche haben wir die stärksten Hinweise, dass sie im Zuge des Klimawandels zunehmen", sagt Höppe. Die Erwärmung der Meere führt dazu, dass die Luft mehr Wasserdampf enthält, was wiederum die Entstehung von Gewittern begünstigt.

Ende Mai und Anfang Juni 2016 hatte Starkregen zu Überflutungen und Sturzfluten in Deutschland geführt. Auch andere europäische Regionen wie der Großraum Paris waren betroffen. Der Gesamtschaden betrug sechs Milliarden Dollar, 3,2 Milliarden Dollar versichert.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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