Kartellamt:Die Macht aus Bonn

Das Kartellamt stoppte den Deal schon einmal. Heute schauen die Vorzeichen anders aus. Würde es nun anders entscheiden?

Von Caspar Busse

Alles war schon beschlossen: In München wurden im August 2005 auf einer großen Pressekonferenz im Hotel Bayerischer Hof die Einzelheiten verkündet: Axel Springer, damals noch ein Medienunternehmen, das vor allem Zeitungen und Zeitschriften verlegte, wollte Pro Sieben Sat 1 , Deutschland größtes privates Fernsehunternehmen, kaufen. Es wäre ein spektakuläres Milliardengeschäft gewesen, das den Durchbruch für Axel Springer bedeuten sollte. Doch es kam nicht dazu. Das Bundeskartellamt in Bonn stoppte den Deal, die Marktmacht, die dadurch entstehen würde, sei zu groß, hieß es. Springer zog das Angebot daraufhin enttäuscht zurück. Das alles ist nun fast zehn Jahre her.

Nun planen die beiden Unternehmen einen neuen Anlauf. Was würden die Kartellwächter diesmal sagen? Derzeit liege keine Anmeldung eines Fusionsvorhabens vor, sagte ein Sprecher des Amtes am Dienstag. Weitere Angaben wollte er nicht machen. Offenbar aber gab es bislang auch keine Vorgespräche. Unklar ist auch, ob der Zusammenschluss angesichts seiner Größe möglicherweise bei der EU-Kommission in Brüssel angemeldet werden müsste. Diese könnte den Fall selbst entscheiden oder ihn an die Kollegen in Bonn verweisen.

Fest steht, dass sich die Welt in den vergangenen zehn Jahren geändert hat. Das Kartellamt hat mit Andreas Mundt einen neuen Präsidenten. Sowohl Axel Springer als auch Pro Sieben Sat 1 haben seither ihre Geschäfte deutlich umgebaut, sind stärker im Internet aktiv und weniger in ihren Kernmärkten. Springer verkaufte einen Teil der Zeitungen und Zeitschriften, Pro Sieben Sat 1 Sender vor allem im europäischen Ausland. Interessant ist, was Mundt im Juni anlässlich der Freigabe einer Vermarktungskooperation zwischen Springer und Funke mitteilte: "Die Ermittlungen haben gezeigt, dass die Bild-Zeitung bei bundesweiten Zeitungsanzeigen zwar über eine starke Position, nicht aber über eine marktbeherrschende Stellung im kartellrechtlichen Sinne verfügt." Unklar ist, ob daraus schon abgeleitet werden kann, dass Springers Position insgesamt nicht mehr als so stark wie noch vor zehn Jahren eingeschätzt werden kann.

Damals untersagte auch die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) das Vorhaben. Der Grund: Die gemeinsame Meinungsmacht der beiden wäre zu groß geworden. Dagegen ging Springer aber gerichtlich vor - und gewann im vergangenen Jahr in letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dieses entschied, dass eine Übernahme des TV-Konzerns medienrechtlich unbedenklich gewesen wäre. Für den alten Fall hatte das keine Relevanz mehr, aber möglicherweise für einen neuen.

Am Dienstag gab es aber bereits wieder Kritik. Ein Zusammenschluss würde eine erhebliche Medienmacht in einer Hand bündeln und trüge die Gefahr in sich, dass Zusammenlegungen von Redaktionen die Medienvielfalt weiter reduzierten, sagte Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Springer habe trotz des Verkaufs von Zeitungen " nach wie vor eine große publizistische Bedeutung", teilte er mit. Die Bild-Zeitung ist trotz der großen Auflagenrückgänge noch immer Deutschlands größte Zeitung. Auch die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen warnte vor einer möglichen Gefahr für die Medienvielfalt in Deutschland.

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