Karstadt:Viel Ärger, wenig Zeit

Die Rettung von Karstadt entscheidet sich in letzter Minute - die Frist verstreicht am Freitag. Noch hofft die insolvente Kaufhauskette auf einen Retter. Drei Interessenten gibt es, doch längst nicht alle Probleme sind gelöst.

Der Druck ist immens: 25.000 Beschäftigte in 120 Warenhäusern warten unruhig auf diesen Freitag. Bis dahin soll die Enscheidung fallen, wer den Zuschlag für Karstadt erhält.

Karstadt

Der insolventen Warenhauskette Karstadt rennt die Zeit davon. Innerhalb von wenigen Stunden müssen ausreichend viele Kommunen auf Gewerbesteuer-Einnahmen verzichten und ein geeigneter Investor gefunden werden.

(Foto: dpa)

Doch bis zuletzt gab es keine endgültige Klarheit über den notwendigen Steuerverzicht der 94 Kommunen. Zwar konnte trotz der Ablehnung von vier Kommunen die geforderte Zustimmungsquote für einen Steuerverzicht der Städte und Gemeinden erreicht werden.

Doch elf weitere der insgesamt 94 betroffenen Kommunen hätten ihre Zustimmung an "politische Willensbekundungen" wie etwa einen Standorterhalt für ein bestimmtes Warenhaus geknüpft, sagte Thomas Schulz, Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Huber Görg. "Nach dem jetztigen Stand der Auswertung führt bereits die Ablehnung einer einzelnen Kommune zum Scheitern des Insolvenzplans", warnte Görg.

Es droht die Zerschlagung

Da die Zeit nun drängt, wurden kurzfristig Schreiben mit der Bitte um Klärung an die noch betroffenen elf Städte und Gemeinden gesandt, sagte Schulz. Die vier ablehnenden Kommunen sind namentlich nicht bekannt.

Weitere Bedingung für das Inkrafttreten des Insolvenzplans ist die Unterschrift eines Investors unter dem Kaufvertrag, die bis zum Freitag vorliegen muss.

Am kommenden Montag will das Essener Amtsgericht dann über den Insolvenzplan abschließend entscheiden. Kann der Insolvenzplan nicht in Kraft treten, droht der Warenhauskette die Zerschlagung. Dann könnte der Rivale Metro wieder auf den Plan treten, der Interesse an einzelnen Karstadt-Häusern signalisiert hat.

Doch noch hoffen die Mitarbeiter auf einen Retter. Drei Unternehmen haben Interesse erkennen lassen. Doch wie stellen sich die Bieter die Zukunft von Karstadt vor? Stellen abbauen, Häuser schließen - oder investieren? Eine Übersicht.

Die Offerte des deutsch-skandinavischen Finanzinvestors Triton ist eine harte Nuss für Insolvenzverwalter Görg. Denn der Bewerber hat sein Interesse an Bedingungen geknüpft, die nur schwer zu erfüllen sind.

Insolventes Versandhaus Quelle wird abgewickelt

Das Angebot des Interessenten Triton stellt Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg auf eine harte Probe. Der mögliche Karstadt-Retter fordert weitere Zugeständnisse der Belegschaft und eine Senkung der Mieten.

(Foto: ag.dpa)

So sollen die Vermieter ihre Forderungen noch einmal deutlich reduzieren, und von den Beschäftigten werden weitere Zugeständnisse verlangt. In dem unterschriebenen Sanierungstarifvertrag hatten sich die Arbeitnehmer Ende 2009 bereiterklärt, drei Jahre lang 50 Millionen Euro zur Rettung des Unternehmens beizusteuern. Dieser Beitrag müsse noch höher ausfallen, fordert Triton: Die vereinbarte Absenkung der Gehälter um acht Prozent solle beispielsweise deutlich länger gelten als bisher festgeschrieben.

Drastischer Stellenabbau

Zudem will der Investor das Weihnachts- und Urlaubsgeld - auf das die Belegschaft bis 2012 verzichtet - künftig in erfolgs- und umsatzabhängige Prämien umwandeln.

Zudem plant Triton offensichtlich einen drastischen Stellenabbau - es stehen 4000 Stellen in defizitären Abteilungen zur Disposition.

Andererseits verspricht die Gruppe Investitionen in Höhe von 428 Millionen Euro in fünf Jahren. Tritons Übernahmeplan sieht vor, den Karstadt-Umsatz von den für 2010 prognostizieren 3,56 Milliarden Euro bis 2014 auf 3,7 Milliarden Euro zu erhöhen.

Berggruen - vage, aber mit Charme

Der Investor Nicolas Berggruen brachte sich erst am vergangenen Freitag als Interessent für Karstadt ins Spiel.

Karstadt-Insolvenzverwalter findet möglichen neuen Investor

Der Immobilien-Investor Nicolas Berggruen hat zwar keine Erfahrung im Einzelhandelsbereich, doch der Textil-Unternehmer Max Azria unterstützt seine Offerte.

(Foto: dpa)

Der 48-jährige Sohn des 2007 verstorbenen Kunstmäzens und Ehrenbürgers von Berlin, Heinz Berggruen, beteuerte in verschiedenen Zeitungsinterviews, mit Karstadt nicht das "schnelle Geld" zu suchen. Vielmehr verfolge er eine langfristige Strategie. Die Arbeitsplätze will er erhalten, doch von den Karstadt-Vermietern fordert er finanzielle Zugeständnisse.

Vermutlich um die bislang fehlende Kompetenz im Einzelhandel zu kompensieren, holte Berggruen einen Partner ins Boot: Der französisch-amerikanische Textil-Unternehmer Max Azria unterstütze die Offerte, hieß es.

Neue Marke "Manoukian"

Zu weiteren Einzelheiten des Engagements des Designers wie etwa einer finanziellen Beteiligung wollte Berggruen-Sprecher Wolfgang Weber-Thedy allerdings keine Stellung nehmen.

Geplant sei eine langfristige Partnerschaft, in der die Designkette mit Hauptsitz in den USA eine "strategische Aufgabe" bei der Neupositionierung des Karstadt Modeangebots übernehmen werde.

In Deutschland sei Max Azria bereits mit seiner Marke "BCBG" mit sechs eigenen Läden und vier weiteren Verkaufsstellen vertreten. Weltweit vertreibe die BCBG Max Azria Group mit 20 Marken Damenmode und Accessoires in 1200 eigenen Läden.

Für das Engagement bei Karstadt sei die Marke "Manoukian" vorgesehen. Die Einführung dieser Marke an zunächst 14 Karstadt-Standorten sei jedoch auch unabhängig vom Ausgang des Bieterrennens geplant.

In ersten Gesprächen mit der Gewerkschaft Verdi habe der Investor Berggruen Zweifel über sein Engagement ausräumen können. "Wir waren Anfangs skeptisch", sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft. Berggruen habe "sehr glaubhaft" versichert, dass sie Karstadt-Beschäftigten in den vergangenen Jahren einen ausreichenden Beitrag zur Rettung des Unternehmens geleistet hätten.

Ein genaues Konzept, wie Berggruen Karstadt retten wolle, habe die Gewerkschaft aber noch nicht vorgelegt bekommen.

Highstreet - der Hauptgläubiger könnte es selbst machen

Als dritter möglicher Interessent wird der mehrheitlich zu Goldman Sachs gehörende Immobilienfonds und Karstadt-Vermieter Highstreet gehandelt. Ein offizielles Angebot hat die Vermieter-Gruppe, die zugleich auch einer der Hauptgläubiger Karstadts ist, bislang aber noch nicht abgegeben.

Nach Informationen in Finanzkreisen arbeitet das Konsortium derzeit ein Angebot aus. Demnach sind zwar keine Entlassungen bei der Belegschaft geplant, doch weitere Zugeständnisse fordert Highstreet offenbar sehr wohl von den Beschäftigten. So solle die Wochenarbeitszeit der Karstadt-Mitarbeiter von 37,5 auf 39,5 Stunden ohne Lohnausgleich erhöht und die Beschäftigten im Gegenzug mit rund 15 Prozent am Unternehmen beteiligt werden. Zudem plane Highstreet die Einführung eines Bonussystems, bei dem Beschäftigte künftig für individuelle Leistungen belohnt werden sollen.

Geheimverhandlungen mit der Gewerkschaft

Highstreet wolle, so wird gemunkelt, mit einer Reduzierung der Mieten für Karstadt-Häuser einen Sanierungsbeitrag leisten.

Bei einigen Beobachtern gilt das Konsortium als Favorit: In Geheimverhandlungen habe es sich bereits mit der Diensleistungsgewerkschaft Verdi auf die Details einer Übernahme geeinigt, hieß es am vergangenen Wochenende. Die Gewerkschaft dementierte diese Meldung allerdings.

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