Kapitalismuskritik:"Das Gesicht der Heuschrecken"

Friedrich Merz gerät in die Schusslinie der SPD weil er als Anwalt den Hedge Fonds TCI berät. Dieser gilt als Hauptinitiator des Rauswurfs von Deutsche Börse Chef Seifert.

Von Ulrich Schäfer

Der SPD-Politiker Joachim Poß sagt, zwischen dem Anwalt Friedrich Merz und dem Politiker Merz lasse sich keine Trennlinie ziehen.

Friedrich Merz AP

Nachdem er den Vorsitz für die CDU/CSU Fraktion abgegeben hatte, war es stiller geworden um Friedrich Merz.

(Foto: Foto: AP)

Und deshalb müsse der CDU-Bundestagsabgeordnete erklären, wie er einigen angelsächsischen Investoren dabei helfen könne, die Deutsche Börse AG auszunehmen.

Poß, stellvertretender Chef der SPD-Bundestagsfraktion, hält es für hoch problematisch, dass ausgerechnet ein Finanzpolitiker des Bundestags den britischen Hedge-Fonds TCI berate und damit den Finanzplatz Frankfurt schwäche.

Die SPD-Abgeordnete Nina Hauer wird noch deutlicher: "Die Heuschrecken haben ein Gesicht bekommen - Friedrich Merz", sagt sie unter Verweis auf Münteferings Kapitalismus-Kritik und fügt hinzu: "Die Nebentätigkeit des Kollegen Merz ist für einen profilierten Finanzpolitiker fast verantwortungslos." TCI verhalte sich wie ein "skrupelloser Finanzhai", dies passe nicht zu einem "verantwortungsvollen Volksvertreter".

Nicht die Frösche fragen

Der so kritisierte mag sich, zumindest offiziell, zu diesen Vorwürfen nicht äußern. Und er bemüht sich, zwischen seinem Amt als Abgeordneter und seiner Tätigkeit als Partner der internationalen Kanzlei Mayer, Brown, Rowe & Maw eine klare Trennlinie zu ziehen.

Wer Friedrich Merz sprechen will, wird - wenn er das Thema TCI nennt - von seiner freundlichen Sekretärin im Bundestag direkt an die Niederlassung von Mayer, Brown, Rowe & Maw in Berlin verwiesen.

Deren Büro befindet sich, genauso wie das nah gelegene Abgeordnetenbüro Merz, in der Dorotheenstraße, ein paar hundert Meter vom Bundestag entfernt.

Der gelernte Rechtsanwalt und ehemalige Richter Merz ist erst im vorigen November in die Sozietät eingetreten, vorher war er für eine Kölner Kanzlei tätig. Mayer, Brown, Rowe & Maw rühmte sich damals, "einen der bekanntesten Politiker der deutschen Nachkriegsgeneration" an sich gebunden zu haben. Man werde von dessen "reichhaltiger Erfahrung und Dynamik enorm profitieren".

"Das Gesicht der Heuschrecken"

Wechsel der Kanzlei

Dass Merz die Kanzlei gewechselt hat, nahm die Öffentlichkeit indes erst wahr, als der Machtkampf um die Deutsche Börse bereits in vollem Gange war.

Mitte April brachte Christopher Hohn, der 38-jährige Chef von TCI, seinen Rechtsbeistand überraschend als neuen Aufsichtsratschef ins Spiel - und damit als Nachfolger des einstigen Deutsche-Bank-Chefs Rolf-E. Breuer: "Wir glauben, dass eine Mehrheit der Aktionäre diesem Vorschlag zustimmen wird", sagte Hohn.

Merz selber wiegelte ab. Nun, da Breuer und Börsenchef Werner Seifert ihren Rückzug angekündigt haben, sagt Merz der Wirtschaftswoche, er wolle stellvertretender Chef des Kontrollgremiums werden - vorausgesetzt, die 21-köpfige Runde wird verkleinert. Ob er später ganz an die Spitze will, lässt er offen.

Nach Rücktritt im Hintergrund

Vom Politiker Merz ist derweil wenig zu hören. Der Finanz- und Wirtschaftsfachmann ist, seit er Ende des Jahres entnervt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zurückgetreten ist, abgetaucht.

Er gibt keine Interviews, redet nicht im Bundestag und hält sich raus aus der aktuellen Diskussion über die Steuerpolitik. Lieber feilt er in aller Stille an einem Konzept zur Reform der Unternehmensteuern, das Ende des Jahres fertig sein soll.

Der Anwalt Merz ist auch nicht sehr viel gesprächiger. Er habe, das versichern seine Büros, viel zu tun, der Terminkalender sei voll bis obenhin.

Vielleicht würde Merz, wenn er sich denn zu seinem Engagement bei der Deutsche Börse äußern würde, der SPD vorhalten, dass in deren Fraktion auch viele Abgeordnete einen Nebenjob haben: als Gewerkschaftsfunktionäre.

Und über Gewerkschaftsfunktionäre hat der Reformpolitiker Merz mal gesagt: "Wer einen Sumpf trocken legen will, sollte nicht die Frösche fragen."

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