Kaffeepads:Duft von Haselnüssen

Das Zauberwort heißt "Convenience": Obwohl der Preis für die Tasse Kaffee bis zu viermal höher ist als beim selbst aufgebrühten Kaffee, blüht der Markt für Ein-Portion-Packungen - auch mit ungewöhnlichen Aromen.

Von Meite Thiede

Hamburg - Zweimal in der Woche fährt Thorsten Meyne in die Niederlande. Er klappert dort die großen Supermärkte ab, und auf dem Rückweg nach Solingen ist sein Ford Transit bis unters Dach voll gepackt mit Kaffeepads.

Kaffeepads: Die Senseo-Maschine kommt an.

Die Senseo-Maschine kommt an.

(Foto: Foto: Philips)

4000 Tüten mit diesen kleinen runden Vlies-Kissen, gefüllt mit sieben Gramm Kaffee, passen in seinen Transporter. Meyne betreibt seit einigen Monaten einen florierenden Internet-Kaffeehandel und beschäftigt mittlerweile elf Leute, die am Tag bis zu 200 Kaffeepakete versandfertig machen. Ein Kaffeeexperte ist Meyne aber nicht.

Dann schon eher ein Trendforscher. "Vor zehn Jahren hab ich Videospiele verkauft, aber den mörderischen Wettbewerbsdruck im Internet-Handel konnte ich nicht mehr aushalten", sagt der 33-jährige Geschäftsmann. "Heute verdiene ich an einer Packung Pads manchmal mehr als an einem Videospiel."

Meyne träumt jetzt vom ganz großen Geschäft. Aber dafür - das ist ihm klar - muss er immer ein bisschen schneller sein als die Platzhirsche.

Kaffee-Muffel

Die Deutschen haben sich zu Kaffee-Muffeln entwickelt. Seit Jahren schrumpft der Konsum; 2004 hat jeder Haushalt nur noch 10,4 Kilogramm der braunen Bohnen verbraucht.

Für die Lebensmittel-Einzelhändler ist Kaffee - sehr zum Ärger der Röster - ein beliebtes Lockvogel-Angebot. Das treibt die Preise nach unten. Auf der anderen Seite explodieren aber die Preise für Rohkaffee.

In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Preis für die grünen Bohnen sogar verdoppelt. Das liegt an der weltweit steigenden Nachfrage, außerdem ist inzwischen auch der Kaffeemarkt - wie zum Beispiel auch das Rohöl - ins Visier von Spekulanten geraten.

Mehr Frische oder Bequemlichkeit

Mit der simplen Packung Kaffee lässt sich also schon seit Jahren kaum noch Geld verdienen. Das Zauberwort, das selbst dem knauserigen deutschen Verbraucher das Geld aus der Tasche zieht, lautet Convenience. "Alles, was mehr Frische oder Bequemlichkeit verspricht, entwickelt sich gut", stellt Andrea Künzel von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fest.

Seit zwei Jahren ist mit den Kaffeepads ein dynamisch wachsendes Marktsegment entstanden, "obwohl der Preis für die Tasse Kaffee bis zu viermal höher ist als beim selbst aufgebrühten Kaffee".

Der Deutsche Kaffee-Verband in Hamburg kann dem nur zustimmen: "Die Pads bilden eine interessante und spannende Nische", sagt Hauptgeschäftsführer Winfried Tigges. Er rechnet für die nächsten Jahre mit einem Wachstum von 30 Prozent jährlich.

Singlehaushalte und Büros

Internet-Händler Meyne will nicht Jacobs, Tchibo & Co. den Kampf ansagen. Er setzt auf die besonders experimentierfreudigen Käufer der neuen Einzelportions-Kaffeemaschinen, die sich vor allem in Singlehaushalten und Büros finden. Sie sind jung, verdienen gut - "wollen nicht jeden Tag den gleichen Pad in ihre Kaffeemaschine werfen", glaubt Meyne.

Auf seiner Internet-Seite www.kaffee.net gibt es inzwischen neben den Standard-Sorten auch Kaffeepads mit Amaretto- oder Haselnuss-Aroma, Waldfrucht-Teepads und sogar wiederverwendbare Pads für Öko-Fans.

Duft von Haselnüssen

Die deutschen Kaffeekonzerne bieten solche Varianten noch gar nicht an, aber die niederländischen und belgischen Supermärkte schon. Dort ist der Markt zwei Jahre weiter, und dort deckt Meyne sich ein.

Noch haben die Kaffeepads nur einen Anteil von 0,6 Prozent am deutschen Markt. Aber diese Nische ist für die Röster äußerst lukrativ, denn die Wertschöpfung ist etwa dreimal höher als beim klassischen Kaffeeverkauf.

Laut GfK wurden 2004 etwa 950.000 Einportions-Kaffeeautomaten verkauft, im Vorjahr waren es 585.000. Allerdings, so Künzel, wandern viele Maschinen schnell wieder in den Keller, wo schon der Joghurt-Automat oder die Brotbackmaschine ungenutzt lagern.

Die Senseo-Maschine

Vorreiter auf dem Pads-Markt war der niederländische Röster Douwe Egberts, der zum amerikanischen Sara Lee-Konzern gehört und mit Philips zusammen die Senseo-Maschine anbietet.

Seit 2003 haben die Niederländer die Senseo schon zwei Millionen mal verkauft; bis Ende 2005 sollen 3,3 Millionen Geräte an den Kaffeetrinker gebracht werden. Inzwischen sind Jacobs, Melitta und Dallmayr mit ähnlichen Systemen nachgezogen.

Der Hamburger Röster Tchibo, der nach eigenen Angaben am deutschen Röstkaffeemarkt einen wertmäßigen Anteil von 30 Prozent hat, ist erst im Februar in das Pads-Geschäft eingestiegen. Die 60.000 "Cafissimo"-Maschinen waren innerhalb von zwei Tagen ausverkauft. Nachschub gibt es Ende April.

Nachahmer

Während Douwe Egberts mit diversen Patentklagen gegen Pads-Nachahmer vorgeht, stört Tchibo sich nicht an dem blühenden Zweitmarkt. "Wir beobachten das, aber nicht mit Sorge", sagt eine Sprecherin des Unternehmens. In Solingen bastelt Meyne schon an Adaptern, damit die Kaffeepads auch in die Tchibo-Maschinen passen.

In seiner ersten Unternehmerkarriere als Videospiel-Händler hat Meyne auch eine Menge Erfahrung im Im- und Exportgeschäft gemacht, die sich heute auszahlt. Er verfängt sich nicht mehr im Dschungel der Mehrwertsteuer und Kaffeesteuer. Für jedes Kilo Kaffee führt er 2,19 Euro Kaffeesteuer ab. Der Papierkrieg ist für einen kleinen Importeur zeitraubend, "aber hier hilft Erfahrung". Manch kleiner Konkurrent musste wegen Steuerproblemen schon sein Geschäft aufgeben.

Meynes Traum ist es, seine Website zu einer Art virtuellem Gourmet-Treffpunkt auszubauen.

Neueste Trends

Die Billigflieger in die europäischen Metropolen nutzt er regelmäßig, um auf den einschlägigen Lebensmittelmessen die neuesten Trends aufzuspüren. "Die Internet-Nutzer wollen ständig mit Neuheiten gefüttert werden und erwarten einfach, dass sie alles, was es irgendwo auf der Welt gibt, auch bestellen können."

Seinen Vorteil gegenüber den Großen sieht der findige Geschäftsmann in seiner Flexibilität: "Irgendwann kommt sicher auch Aldi mit Pads, aber bestimmt nicht mit Vanille-Geschmack."

Doch was wird aus Meynes Firma, wenn die derzeit trendigen Kaffeemaschinen wieder in den Kellerregalen verschwinden? "Dann gibt es einen neuen Trend, und den werd' ich schon rechtzeitig aufspüren."

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