Italiens Premier in der Euro-Krise:Montis Welt im Faktencheck

In der Krise kocht die Debatte um den Euro immer wieder hoch. Auch der italienische Regierungschef Mario Monti nimmt den Mund gerne voll. Zwar halten seine zentralen Thesen einer Realitätsprüfung weitgehend stand - aber es gibt Ausnahmen.

Catherine Hoffmann

Italiens Premier Mario Monti sieht sein Land zu unrecht an den Pranger gestellt. Im Spiegel teilt er kräftig aus, beklagt eine "Front zwischen Nord und Süd" und streicht den Beitrag seines Landes zur Rettung des Euro heraus. Die wichtigsten Thesen Montis im Faktencheck:

Mario Monti

Italiens Regierungschef Mario Monti sieht sein Land in der Euro-Krise zu unrecht an den Pranger gestellt.

(Foto: AP)

"Italiens . . . Regierung hat dafür gesorgt, dass das Haushaltsdefizit schnell zurückgefahren wird . . ."

Richtig. "Italien wird in diesem Jahr ein Defizit von 3,3 Prozent erreichen nach 3,9 Prozent im Vorjahr und 4,6 Prozent 2010", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

"Ich habe . . . den Eindruck, dass die Mehrheit der Deutschen glaubt, Italien habe bereits finanzielle Hilfe von Deutschland oder der Europäischen Union erhalten, was einfach nicht der Fall ist."

Er hat recht: Keinen einzigen Euro hat Italien bisher aus Rettungsfonds erhalten.

"Die Wirklichkeit ist . . . , dass Italien im Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Größe . . . den gleichen Prozentsatz an Hilfe für Griechenland, Irland, Portugal und neuerdings den Bankensektor Spaniens aufgebracht hat wie Deutschland."

Alle Hilfen für Griechenland, Irland und Portugal sind bisher von der Euro-Zone gemeinsam geleistet worden. Wer nicht Empfänger von Hilfsleistungen ist, fungiert als Geldgeber. Deutschland hat an den gemeinsamen Hilfen einen Anteil von 27 Prozent und Italien von 18 Prozent. Diese Prozentsätze orientieren sich an der Wirtschaftsleistung der einzelnen Länder.

Bankenprofit, fiktive Staatsverschuldung und Nutznießer Deutschland

"Vieles, was Deutschland und Frankreich für die Rettung Griechenlands getan haben, hilft auch deutschen und französischen Banken, die lange große Gläubiger von Griechenland und von griechischen Banken waren. Das trifft dagegen auf Italien praktisch überhaupt nicht zu."

Die Feststellung betrifft besonders Frankreich, dessen Banken von der Krise in Griechenland hart getroffen wurden, vor allem ein Institut: die französische Crédit Agricole mit ihrer griechischen Tochter Emporiki. In Deutschland hatten in erster Linie die Landesbanken und die HRE massiv in griechische Staatsanleihen investiert. Von italienischen Banken lässt sich dies nicht behaupten. Überhaupt sind die Geldhäuser Italiens in keinem Land der Euro-Zone besonders aktiv, in dem es derzeit brennt - mit einer Ausnahme allerdings: Italien selbst.

"Unsere Staatsverschuldung beträgt dieses Jahr 123,4 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts. Ohne die Hilfszahlungen wären das 120,3 Prozent."

Diese Rechnung ist überschlägig wohl richtig, im Detail schwer nachzuvollziehen.

Deutschland profitiert davon, "dass die Bundesrepublik Staatsanleihen zu so niedrigen, manchmal sogar zu negativen Zinsen ausgeben kann . . . Auf diese Weise subventionieren die hohen Zinsen, die Italien derzeit zahlen muss, die niedrigen, die Deutschland zahlt."

Zutreffend ist, dass sich Deutschland deutlich günstiger verschulden kann als Italien. Leiht sich der Bund für zehn Jahre Geld, muss er 1,4 Prozent zahlen, von Italien verlangen Anleger dagegen etwa sechs Prozent. Es stimmt auch, dass die deutschen Renditen unter der Inflationsrate liegen. Vorwerfen kann Monti das den Deutschen aber nicht. Die hohen Zinsen in Italien und die tiefen in Deutschland sind das Resultat einer Kapitalflucht von Süd nach Nord. "Ohne Krise dürften die Renditen für Bundesanleihen einen vollen Prozentpunkt höher sein", sagt Schmieding. "Subventionieren ist aber das falsche Wort."

"Niemand kann leugnen, dass Deutschland der größte Nutznießer des gemeinsamen Marktes ist."

Darüber lässt sich streiten. Die meisten Ökonomen gehen davon aus, dass Deutschland jedenfalls ein Profiteur des gemeinsamen Marktes ist; geholfen hat das aber allen, auch Italien, denn je enger Europa zusammengerückt ist, desto intensiver ist die Arbeitsteilung geworden. Und das kommt allen zugute, auch wenn sich die Effekte nicht genau berechnen lassen.

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