Israelis kaufen Wäschefirma Schiesser:Übernahme verzückt Schiesser-Gläubiger

Der israelische Wäscheproduzent Delta Galil hat viele Marken im Sortiment, jetzt kommt die deutsche Firma Schiesser hinzu. Durch die Übernahme kann die einst insolvente deutsche Wäschefirma ihre Gläubiger komplett auszahlen. Was aus dem Standort Deutschland wird, wollen die neuen Chefs aus Israel noch nicht klar sagen.

Elisabeth Dostert

"Eine Träne hat er schon geweint", sagt Volker Grub. Seit Monaten schwärmt er vom Börsengang des einst insolventen Wäschefabrikanten Schiesser. Nun kommt alles anders und doch für alle irgendwie "erfreulich". Das Unternehmen vom Bodensee wird an die israelische Wäsche-Gruppe Delta Galil Industries mit weltweit mehr als 7000 Beschäftigten und knapp 680 Millionen Dollar Umsatz im Geschäftsjahr 2011 verkauft.

Wäschehersteller Schiesser

Eigentlich wollte Schiesser an die Börse, aber jetzt hat sich die israelische Wäsche-Gruppe Delta Galil Industries das deutsche Unternehmen geschnappt.

(Foto: dpa)

Neben eigenen Marken wie Delta, Tra La La und Blah Blah Blah beliefert der börsennotierte Konzern Händler wie Tchibo, Sears oder Wal-Mart und arbeitet für Markenhersteller wie Hugo Boss, Nike oder Victorica's Secret. Mit rund 1800 Mitarbeitern und 132 Millionen Euro Umsatz werde Schiesser zur größten Einzelgesellschaft von Delta Galil.

Ein Kaufpreis fließt nicht, aber viel Geld. Insgesamt stellt Delta Galil 68 Millionen Euro bereit, erläuterte Grub, der 2009 und 2010 Insolvenzverwalter von Schiesser war und nach Aufhebung des Verfahrens seit Anfang 2011 Aufsichtsratschef, Aktionär und Sachwalter der Gläubiger ist. Damals hatte er ihnen mit dem Versprechen, dass 70 bis 100 Prozent ihrer Forderungen aus dem Börsengang bedient würden, eine Stundung der Außenstände bis Ende 2012 abgerungen.

Mit Abstand größter Gläubiger sei der Pensionssicherungsverein. Die Namen der übrigen Gläubiger wollte Grub nicht nennen. Dem Vernehmen nach gehören auch die üblichen Aufkäufer fauler Kredite dazu, darunter Lone Star.

Börsengang immer wieder verzögert

Die Gläubiger hätten in den vergangenen Monaten mächtig Druck gemacht, sagt Grub am Mittwoch in einer Telefonkonferenz. Der bereits 2010 beschlossene Börsengang verzögerte sich immer wieder. Mal lag es wie im Frühsommer 2011 am Designer Wolfgang Joop, der als Aktionär mit Glamour und Feinripp-Shirt Investoren locken sollte, dann aber lieber in die Rettung der eigenen Firma Wunderkind investierte. Mal verdarb die Schuldenkrise die Stimmung an den Börsen.

Nun sollte es im zweiten Quartal 2012 so weit sein. "Obwohl Schiesser sicher eine vielversprechende Aktie geworden wäre, hätte das derzeitige volatile Börsenumfeld für die mittelfristige Entwicklung von Schiesser weniger Vorteile geboten als der langfristig orientierte strategische Investor Delta Galil", erläuterte Grub. Einen Ankeraktionär, der die Entwicklung von Schiesser langfristig flankiere, habe er immer haben wollen.

Delta Galil, mehrheitlich im Besitz von Vorstandschef Isaac Dabah, gehörte schon 2009 zu den Interessenten. Damals sei es schwierig gewesen, diese von der Restrukturierung zu überzeugen. Heute sei Schiesser "hervorragend aufgestellt", lobt Grub. Auf 8,3 Millionen Euro bezifferte Finanzvorstand Karl-Achim Klein das Ergebnis vor Zinsen und Steuern im Jahr 2011. Delta Galil sei auch jetzt nicht der einzige Interessent gewesen, so Grub.

Gläubiger sollen komplett ausgezahlt werden

Die binnen eines Monats ausgehandelte Transaktion beinhaltete mehrere Komponenten: Das Grundkapital von Schiesser wird zunächst von 28 Millionen Euro auf null herabgesetzt und dann über eine Kapitalerhöhung, die ausschließlich Delta Galil zeichnet, auf zehn Millionen Euro aufgestockt. 58 Millionen Euro fließen in Rücklagen und ein Gesellschafterdarlehen. Bis Ende Juni will Grub den Einstieg abschließen. Aus den bereitgestellten Mitteln werden dann die Ansprüche der Gläubiger von insgesamt ebenfalls 58 Millionen Euro voll befriedigt. Das kommt in Insolvenzfällen selten vor, meist müssen sich die Gläubiger mit einem Bruchteil begnügen.

Wir wollen mit Schiesser wachsen", sagte Shlomo Doran, stellvertretender Vorstandschef, das soll wie ein Bekenntnis zu den Schiesser-Standorten in Radolfzell, Tschechien und der Slowakei klingen. Vieles scheint noch ungewiss. Delta Galil, 1975 von Dov Lautmann und Eliezer Peleg gegründet, produziert unter anderem in Israel, Ägypten, Jordanien, Bulgarien und Thailand. "Wir können viel von Schiesser lernen", sagt Doran. Schiesser gibt es seit 1875. Das Gründungsjahr ist Teil des neuen Firmenlogos, neben den Worten "natürlich" und "Zeitgeist".

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