Irland: Abstimmung über Nothaushalt:Regierung drückt rigoroses Sparprogramm durch

Dutzende Menschen haben vor dem Parlament in Dublin protestiert, geholfen hat es nicht: Die Abgeordneten haben für drastische Sparmaßnahmen gestimmt. Auf die Iren kommen nun "traumatische und beunruhigende Zeiten" zu.

Die irische Regierung hat ihren Sparhaushalt mit schmerzlichen Einschnitten in allen Bereichen des öffentlichen Lebens durchbekommen. Bei der Abstimmung am späten Dienstagabend segnete das Parlament in Dublin die wesentlichen Punkte ab.

Protests in Ireland as harsh new Irish Budget Announced

Vor dem Parlament in Dublin versammelten sich auch nach Einbruch der Dunkelheit am Dienstagabend noch Dutzende Iren, um gegen das Sparpaket ihrer Regierung zu protestieren.

(Foto: dpa)

Finanzminister Brian Lenihan hatte den Abgeordneten zuvor den Nothaushalt für 2011 vorgestellt. Demnach sollen 4,5 Milliarden Euro eingespart und 1,5 Milliarden Euro zusätzliche Steuern erhoben werden. Unter anderem sollen drastische Kürzungen bei den Sozialleistungen für Entlastung im Budget sorgen: Von den Maßnahmen betroffen sind auch Pensionen sowie Arbeitslosen- und Kindergeld.

"Wer mehr zahlen kann, zahlt mehr"

Der Minister sagte den Abgeordneten, er glaube, dass die irische Konjunktur trotz des Sparkurses wieder zulegen werde. Allerdings hätten alle 4,5 Millionen Einwohner "traumatische und beunruhigende Zeiten" vor sich. "Jeder zahlt, und wer mehr zahlen kann, zahlt mehr."

So büßt auch der Ministerpräsident 14.000 Euro jährlich beim Einkommen ein, die Minister 10.000 Euro. Gehälter im öffentlichen Dienst erhalten generell eine Obergrenze von 250.000 Euro. Steuerexperten gehen jedoch davon aus, dass die reicheren Iren vergleichsweise ungeschoren davonkommen.

Bei den kleinen Einkommen hat künftig beispielsweise ein durchschnittlicher Industriearbeiter wegen der steigenden Einkommensteuer etwa 1400 Euro pro Jahr weniger in der Tasche - gut fünf Prozent seines Einkommens. Das Kindergeld sinkt um zehn Euro pro Kind und Monat.

Das Abstimmungsergebnis lässt vermuten, dass zumindest einige Parlamentarier der Opposition mit der Regierung von Ministerpräsident Brian Cowen gestimmt haben. Seine Koalition hat nur eine Mehrheit von zwei Stimmen. Ein unabhängiger Abgeordneter hatte vor dem Votum angekündigt, er werde bei allen Haushaltsabstimmungen mit der Koalition aus Cowens Partei Fianna Fáil und den Grünen stimmen. Somit dürfte die Regierungsmehrheit stehen.

Dennoch: Mehrheitlich hagelte es von Seiten der Opposition Kritik für den Haushaltsentwurf. Die Regierung wolle eine jahrelange Deflation in kurzer Zeit in Wachstum umdrehen. Dafür gebe es kein Beispiel in einer modernen Gesellschaft, sagte Joan Burton von der Labour-Partei. Pearse Doherty von Sinn Féin wetterte: "Dieser Haushalt ist ökonomischer Selbstmord." Der Parlamentarier warf Premierminister Cowen vor, er verkaufe das irische Volk.

Von Januar an sollen die EU-Milliarden fließen

Die Abstimmung wurde traditionell im Hammelsprung-Verfahren durchgeführt. Dabei müssen sich alle abstimmungswilligen Parlamentarier von ihren Plätzen erheben und durch Türen vom Parlamentssaal in die Lobby gehen.

Irland muss sein Rekorddefizit auch deshalb unter Kontrolle bringen, weil davon die Finanzhilfe der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 85 Milliarden Euro abhängt. Die Republik ist das erste Land, das unter den Euro-Rettungsschirm mit einem Volumen von 750 Milliarden flieht. Für Griechenland war ein separates Rettungspaket vereinbart worden.

Ab Januar kann Irland auf die Milliardenhilfen aus dem Notpaket bauen, das bereits Ende November auf den Weg gebracht worden war. Der Chef des Euro-Krisenfonds, Klaus Regling, zeigte sich überzeugt, dass hochverschuldete Länder wie Irland und Griechenland nach schmerzhaften Einschnitten deutlich besser dastehen werden, "um sich wieder aus eigener Kraft refinanzieren zu können".

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