Interview zur Lufthansa-Einigung:"Dieser Streik hat nichts bewirkt"

Gewerkschafter Joachim Müller über die Einigung zwischen Verdi und der Lufthansa sowie die Rolle seiner Organisation UFO im Tarifkonflikt.

Tobias Dorfer

Joachim Müller ist bei der Flugbegleitergewerkschaft UFO (Unabhängige Flugbegleiter Organisation) verantwortlich für die Bereiche Tarifpolitik und Recht. Im Interview mit sueddeutsche.de erklärt Müller, warum seine Organisation von der Einigung wenig hält - und wieso der nächste Streik offenbar schon bevorsteht.

Interview zur Lufthansa-Einigung: UFO-Verhandlungsführer Joachim Müller sagt, der Streik von Verdi hat nichts gebracht.

UFO-Verhandlungsführer Joachim Müller sagt, der Streik von Verdi hat nichts gebracht.

(Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Herr Müller, Verdi und die Lufthansa haben sich geeinigt. Umgerechnet auf zwölf Monate bekommt das Boden- und Kabinenpersonal nun 4,2 Prozent mehr Lohn. Ist das genug?

Joachim Müller: Auf keinen Fall. Es ist deutlich weniger als das, was Verdi seinen Mitgliedern immer versprochen hat. 4,2 Prozent reichen längst nicht aus. Schon die Inflationsrate liegt in diesem Jahr bei vier Prozent.

sueddeutsche.de: Verdi-Verhandlungsführer Erhard Ott sprach von einem "vertretbaren Ergebnis".

Müller: Das sehe ich anders. Die Lösung, die gefunden wurde, liegt nun wirklich nicht weit entfernt vom letzten Angebot der Lufthansa vor dem Streik. Normalerweise sagt man immer, ein Streik soll etwas bewirken. Das kann ich in diesem Fall nicht erkennen.

sueddeutsche.de: Der neue Tarifvertrag für das Boden- und Kabinenpersonal ist noch nicht in trockenen Tüchern. Die Lufthansa will den Abschluss nur dann umsetzen, wenn auch die UFO zustimmt. Bekommen Lufthansa und Verdi grünes Licht von Ihnen?

Müller: Auf keinen Fall. Dieser Kompromiss wird keine Zustimmung von UFO finden.

sueddeutsche.de: Sie riskieren es damit, als Blockierer abgestempelt zu werden.

Müller: Wir sind keine Blockierer. Aber es ist nun einmal so: Wir sind die dominierende Kraft in der Kabine. Daher haben wir auch ein deutliches Wörtchen mitzureden. Verdi hat unter den Flugbegleitern gerade einmal wenige hundert Mitglieder, wir dagegen haben gut 7000 Mitglieder. Und für UFO ist diese Lösung nicht akzeptabel. Daher kann die Lufthansa den Tarifvertrag, zumindest für das Kabinenpersonal, nicht umsetzen. Und das weiß der Konzern ganz genau.

sueddeutsche.de: Ende des Jahres läuft auch der Tarifvertrag zwischen UFO und der Lufthansa aus. Bislang haben Sie für die Flugbegleiter 15 Prozent mehr Lohn gefordert. Bleibt es dabei?

Müller: Eindeutig ja.

sueddeutsche.de: Werden Sie in den nächsten Wochen mit der Luftansa verhandeln?

Müller: Wir hatten ja bereits mit den Verhandlungen begonnen. Diese Gespräche werden wir fortsetzen.

sueddeutsche.de: Glauben Sie an eine Einigung?

Müller: Lufthansa-Chef Mayrhuber hat immer gesagt, die Unternehmensgewinne werden nicht sozialisiert. Daher rechne ich nicht damit, dass sich die Lufthansa bewegen wird. Im kommenden Jahr werden wir deshalb nötigenfalls streiken.

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