Interview zum Thema PPP:"Die Privatwirtschaft wird glorifiziert"

Stadtentwicklungs-Experte Werner Heinz hält PPP für ein Zweckbündnis, das auch Risiken birgt.

Mike Szymanski

Werner Heinz, 60, leitet die Kölner Abteilung des Deutschen Instituts für Urbanistik und beschäftigt sich mit Stadt- und Regionalentwicklung. Der Wissenschaftler warnt Kommunen vor übertriebenen Erwartungen an PPP-Projekte und langfristigen Risiken.

SZ: Kann denn Public-Private-Partnership die Probleme klammer Kommunen lösen?

Heinz: Ein Allheilmittel ist das nicht, nur glauben viele Kommunen dies oft. Sie neigen dazu, die Privatwirtschaft zu glorifizieren: Private arbeiten schneller, günstiger und effizienter als die öffentliche Verwaltung. Aber wenn das immer so wäre, würde es sicher nicht so viele Insolvenzen geben.

SZ: Es ist aber kein Geheimnis, dass die öffentliche Hand mitunter langsam und oft unflexibel ist.

Heinz: Im Einzelfall kann PPP natürlich zu einer vernünftigen Kooperation führen, von der auch beide Partner profitieren. Die öffentliche Hand und Unternehmen gehen aber mit prinzipiell unterschiedlichen Interessen in die Projekte. Kommunen wollen zum Beispiel den Zustand ihrer Schulen verbessern, für Private muss sich das Projekt vor allem rechnen. Die öffentliche Hand darf PPP nicht als Partnerschaft wie in einer Beziehung verstehen. PPP ist vielmehr ein geschäftliches Zweckbündnis zur Realisierung eines gemeinsamen Projekts.

SZ: Kommunalpolitiker sagen, dass sie keine andere Möglichkeit sehen, etwa ihre Schulen zu sanieren?

Heinz: Ihnen geht es um kurzfristige finanzielle Entlastungen. Die erreichen sie auch. Doch dafür lassen sie sich häufig auf eine Belastung für sehr viele Jahre ein. Mit den Verträgen sind in der Regel langfristig wichtige Haushaltsmittel gebunden.

SZ: In dieser Zeit kann natürlich Unvorhergesehenes passieren.

Heinz: Das Risiko, wenn etwas schief geht, liegt leider meist bei den Kommunen. Um das zu verhindern, sollte sich die öffentliche Hand absichern. Sie muss, wenn sie beispielsweise ihre Schulen abgibt, die Möglichkeit rückläufiger Kinderzahlen einkalkulieren. Sie sollte sich auch Sanktionen für den Fall vorbehalten, dass die Aufgaben von Privaten nicht vertragsgemäß erfüllt werden. Nur wenn die öffentliche Hand ihre Ziele wie auch die Konsequenzen und Risiken einer Partnerschaft genau kennt, kann sie als kompetenter Geschäftspartner auftreten und vom Projekt profitieren.

SZ: Verlieren Kommunen an Macht, wenn sie sich auf PPP-Projekte einlassen?

Heinz: Für mich ist PPP vielfach ein weiterer Schritt zur Privatisierung des öffentlichen Sektors. Städte und Kommunen müssen darauf achten, dass sie nicht zu viel Macht, Einfluss und Kompetenzen abgeben. Partnerschaftsprojekte gehen oft mit einer Abschottung gegenüber demokratisch legitimierten Gremien einher. Als Gründe werden Vertraulichkeit und Effizienz genannt. Diese Entwicklung verstößt aber gegen geltende rechtsstaatliche Prinzipien. Öffentlich-private Zusammenarbeit bedarf der demokratischen Kontrolle.

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