Interview:"Wir erleben ein gefährliches Déjà-vu der 30er Jahre"

Interview: SZ Wirtschaftsgipfel im Hotel Adlon in Berlin ; Panel 7 - Mensch und Markt , v.l.n.r.: Jörg Assmussen , Wolf Schumacher , Tania Singer und Dennis Snower (FOTO) , 28.November 2014, Foto : C : Stephan Rumpf

SZ Wirtschaftsgipfel im Hotel Adlon in Berlin ; Panel 7 - Mensch und Markt , v.l.n.r.: Jörg Assmussen , Wolf Schumacher , Tania Singer und Dennis Snower (FOTO) , 28.November 2014, Foto : C : Stephan Rumpf

(Foto: Stephan Rumpf)

Ökonom Dennis Snower sieht die Welt auf dem Weg in einen Handelskrieg. Europa wäre ein gutes Vorbild, um das zu verhindern. Aber die EU hat eigene Probleme.

Von Alexander Hagelüken

Dennis Snower ist Amerikaner und hat 25 Jahre in London gelebt. Trotzdem hat der Präsident des Kieler IfW-Instituts weder Donald Trumps Wahlsieg noch den Brexit kommen sehen. Er sei vorsichtig geworden, sagt er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, er kenne kaum jemanden persönlich, der für Trump oder den Brexit gestimmt habe. "Genauso wenig kennen diese Menschen Leute wie mich." Ein weiterer Sieg der Populisten, etwa durch Marine Le Pen bei den französischen Wahlen? "Das könnte sein."

Snower fühle sich wie in der Zeit zurückversetzt, wenn er sich die aktuellen politischen Entwicklungen und Bewegungen hin zum rechten Rand ansehe. "Wir erleben ein gefährliches Déjà-vu der 30er Jahre: Protektionismus, Misstrauen, Populismus", sagt der Ökonom über die Auswirkungen des Wahlsiegs von Trump und anderer Ereignisse wie den Brexit.

Im schlimmsten Fall sei die Welt gerade dabei, sich in eine neue Weltwirtschaftskrise hineinzumanövrieren: "Wenn alles schiefgeht, könnten Strafzölle einen Handelskrieg auslösen. China würde sich revanchieren", sagt er im Hinblick auf die von Trump angekündigten Strafzölle von bis zu 45 Prozent gegen China und andere Staaten.

Der Ökonom, der unter der deutschen G20-Präsidentschaft ab 1. Dezember die Arbeit der Denkfabriken aus den Staaten koordiniert, sieht Europa in der Verantwortung. "Die EU ist das einzige Experiment transnationaler Kooperation, das über Handelspolitik hinausgeht. Europa muss der Welt die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit demonstrieren, damit sie sich verbreitet - und nicht die Abschottung à la Trump." Aber Europa habe gerade eigene Probleme, und die hätten Priorität. "Europa wird nur weiter bestehen, wenn es ein soziales Europa wird."

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