Internet:Wenn die Hälfte reichen soll

Eine Messung der Bundesnetzagentur zeigt, dass Internet-Anbieter ihren Kunden regelmäßig zu viel versprechen. Eine neue Transparenzverordnung soll für Klarheit sorgen.

Von Katharina Kutsche

Wer keinen leistungsfähigen Internet-Zugang hat, kann an vielen Teilen des gesellschaftlichen Lebens nicht teilhaben. Medizinische Beratung im Internet, digitale Anträge in Ämtern, Speichern in der Cloud - das alles setzt einen schnellen Weg durchs Netz voraus. Den kann aber nicht jeder Vertragskunde nutzen.

Am Montag veröffentlichte die Bundesnetzagentur ihren ersten Bericht zur Breitbandmessung. Darin stellt sie die Übertragungsraten für Festnetz und Mobilfunk dar, wie sie von September 2015 bis September 2016 gemessen wurden. Das Ergebnis: Nur die Hälfte der Nutzer in Deutschland erreicht überhaupt 60 Prozent und mehr der vertraglich vereinbarten Übertragungsrate. Weniger als ein Viertel bekommt 100 Prozent. Bei den mobilen Anschlüssen sieht es noch schlechter aus: Weniger als 30 Prozent der Mobilfunkkunden erreichen mehr als die Hälfte der vertraglich zugesicherten Bitrate.

Deutschland hinkt im Ausbau seinen Zielen hinterher, obwohl der Bund und die Anbieter mehrere Milliarden in die Infrastruktur investieren. Von 2018 an sollen Menschen in der Republik eigentlich mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (MBit/s) im Internet surfen können. Das ist zumindest das Ziel der Bundesregierung. Die aktuelle Messung zeigt jedoch, dass nur etwa zwölf bis 18 Prozent der Festnetzkunden diese Bitrate in voller Leistung erreichen. Von Highspeed kann da keine Rede sein.

Trotzdem werben Telekommunikationsanbieter mit hohen Übertragungsraten. Telefónica (O2) und die Telekom etwa versprechen derzeit Highspeed DSL von bis zu 100 MBit/s. Dabei dürfte ihnen klar sein, dass sie diese realistisch nicht an alle liefern können. In den Verträgen findet sich daher die Formulierung "bis zu", ein Ärgernis für Verbraucher und Verbraucherschützer. Doch wer sich bei seinem Provider beschweren will, braucht einen langen Atem, sagt Susanne Blohm vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV): "Verbraucher haben kein spezifisches Recht auf Minderung oder Tarifanpassung." In der Praxis ist es also eine Frage der Kulanz, ob ein Anbieter seinem Kunden entgegenkommt. Besonders ärgerlich ist das für Kunden, die im ländlichen Raum wohnen, denn dort gibt es oft nur einen Festnetz-Anbieter, ein Vertragswechsel ist schwierig oder unmöglich.

Mit der Transparenzverordnung, die im Juni in Kraft tritt, soll zumindest mehr Klarheit für Verbraucher geschaffen werden. Sie verpflichtet die Provider etwa, Produktinformationsblätter zu erstellen. Darin soll stehen, welche Übertragungsraten der Vertrag beinhaltet, und zwar die minimale, die maximale - und die normalerweise verfügbare Bitrate.

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