Insolvenz von Überkinger:Flasche leer

135 Liter Mineralwasser trinkt jeder Deutsche jährlich. Es ist ein hart umkämpfter Markt, auf dem vor allem die Discounter ein gutes Geschäft machen. Nun hat mit Überkinger einer der traditionellen Abfüller Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen hat in den vergangenen 30 Jahren nahezu jeden Trend verpasst.

Uwe Ritzer

In den siebziger Jahren ist Überkinger in Süddeutschland in etwa das gewesen, was Tesa bei Klebestreifen und Tempo bei Taschentüchern bis heute sind: Überkinger stand für eine ganze Produktgruppe, für Mineralwasser - von dem jeder Deutsche damals allerdings gerade mal 12, 13 Liter pro Jahr trank. Inzwischen sind es mehr als 135 Liter. Aber je mehr Mineralwasser die Deutschen kauften, desto seltener war es Überkinger Mineralbrunnen. Nun meldete das Unternehmen beim zuständigen Amtsgericht im schwäbischen Göppingen Insolvenz an.

Dosen Flaschen Pfand Einweg Mehrweg

In einem Ranking der Lebensmittel Zeitung mit den 40 größten deutschen Mineralbrunnen kam Überkinger 2011 nicht einmal mehr vor.

(Foto: dpa/dpaweb)

Das Traditionsunternehmen kam damit der Zahlungsunfähigkeit zuvor, die unmittelbar bevorstand. In Abstimmung mit einem vorab gebildeten vorläufigen Gläubigerausschuss will sich die Firma in einer Planinsolvenz selbst retten. Das Gericht bestimmte den Ulmer Anwalt Martin Hörmann zum vorläufigen Sachwalter; der Münchner Unternehmensberater Nikolaus Röver fungiert als Bevollmächtigter für die Restrukturierung. Von den drei Geschäftsführern bleibt lediglich Rolf Glöckler übrig. Der Manager will die geplante Sanierung federführend umsetzen. 20 von zuletzt noch 60 Arbeitsplätzen werden gestrichen.

Glöckler bezeichnete es als wichtigstes Ziel, das Unternehmen zu stabilisieren und den Verkauf der Überkinger-Produkte wieder anzukurbeln. Die Gesellschafter, zu denen Glöckler selbst gehört, wollen zudem selbst noch einmal investieren. In welcher Höhe wurde nicht bekannt.

Zu lange Glas statt Plastik

Es ist nicht das erste Mal, dass die Gesellschafter einspringen müssen. Vom Mineralwasser-Boom hat Überkinger nie profitiert. Das Unternehmen verschlief den Übergang zur Pfandflasche aus Plastik. Man habe an keinem der großen Trends in den letzten 30 Jahren Anteil gehabt, sagte Glöckler. Er kaufte die Firma Anfang 2011 mit zwei weiteren Investoren für einen niedrigen, einstelligen Millionenbetrag der Mineralbrunnen AG ab. Die Marke Überkinger war zu diesem Zeitpunkt längst von Konkurrenten überholt worden. Etwa von den Eigenmarken der Discounter, bei denen die Deutschen bevorzugt ihr Mineralwasser kaufen.

In einem Ranking der Lebensmittel Zeitung mit den 40 größten deutschen Mineralbrunnen kam Überkinger 2011 nicht einmal mehr vor. Marktführer ist demnach die Lidl-Tochter MEG, gefolgt von der norddeutschen Hansa-Heemann AG und einer fränkisch-ostdeutschen Gruppe, Altmühltaler/Baruther/Breuna. Der Mineralwassermarkt ist hart umkämpft; die Preise sind im Keller.

Zuletzt machte die Firma aus Bad Überkingen monatlich einen Verlust von 150.000 Euro. Die Probleme sind auch hausgemacht. So baute das Unternehmen in den achtziger Jahren eine viel zu große Abfüllanlage, die nie auch nur annähernd ausgelastet war. Nach der Übernahme durch Glöckler und seine Partner verschärften sich die Probleme dadurch, dass für viel Geld die Marke überarbeitet wurde und ein neues EDV-System sowie Vertrieb, Außendienst und Logistik neu aufgebaut werden mussten.

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