Insolvente Drogeriemarktkette:Schlecker ist pleite, auch privat

"Es ist nichts mehr da": Auf einer Pressekonferenz erklärt Meike Schlecker, die Tochter des Firmengründers, dass von dem Milliardenvermögen kaum mehr etwas übrig ist. Die Insolvenz der Drogeriekette hat offenbar auch den Gründer ruiniert.

Am Anfang war die Wurst: 1965 übernahm Anton Schlecker eine Fleischwarenfabrik und einige Metzgereien von seinem Vater, eröffnete einige Supermärkte - und witterte seine große Chance, als in den siebziger Jahren die Preisbindung für Drogerie-Artikel fiel. Er baute eine Drogeriekette auf, die zu ihren besten Zeiten 14.000 Filialen umfasste.

Das ist nun vorbei. Der einstige Milliardär Schlecker ist durch die Insolvenz seiner Firma nach eigenen Angaben persönlich ruiniert. Der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erklärte, die persönliche Pleite hänge mit der Unternehmensform "eingetragener Kaufmann" (e. K.) zusammen. Hierdurch stünde Anton Schlecker selbst für die vor einer Woche angemeldete Insolvenz gerade.

Manche bezweifeln allerdings, dass der Patriarch in Zukunft von Hartz IV leben muss - schließlich sei es durchaus möglich, dass er bereits im Vorfeld ganz legal Geld an seine Kinder übertragen habe, kommentiert die Wirtschaftswoche. Seine Tochter Meike Schlecker stellte das auf einer Pressekonferenz anders dar: "Es ist nichts mehr da." Ihre Eltern, sie und ihr Bruder Lars hätten große Teile ihres Privatvermögens bereits in die Restrukturierung der Kette gesteckt.

Die Schlecker-Pleite kommt nicht überraschend - die Drogeriekette kämpft seit Jahren gegen sinkende Erlöse. Der Wettbewerb im deutschen Drogeriegeschäft ist zuletzt immer schärfer geworden. Die Schlecker-Unternehmenszentrale nahe dem schwäbischen Ehingen hatte immer mehr Schwierigkeiten, das Geschäft gegen die großen Rivalen dm und Rossmann zu verteidigen, aber auch gegen kleine Lebensmittelläden, die ihr Drogerie-Sortiment ausbauten.

Bei den Kunden waren die häufig kleinen und schmucklosen Schlecker-Filialen zwar bekannt für günstige Preise. Aber auch dafür, zu wenige und nicht selten unfreundliche Mitarbeiter zu beschäftigen. Immer wieder geriet das Unternehmen mit den Gewerkschaften in Konflikt, die ihm vorwarfen, Dumpinglöhne zu bezahlen.

Das bestätigen auch Umfragen bei Verbrauchern: Demnach verliert Schlecker seit Jahren an Ansehen. Aktuell lägen die Imagewerte von Schlecker mit minus 37,8 Punkten deutlich unter den äußerst beliebten Marken Rossmann (plus 79,4) und dm (plus 88,3), heißt es in einer Markenstudie des Meinungsforschungsinstituts YouGov Anfang Januar.

Schleckers Geschäftszahlen sahen schon länger schlecht aus

Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um etwa 650 Millionen Euro auf 6,55 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete der schwäbische Familienkonzern erneut mit sinkenden Erlösen. Der Konzern musste zuletzt einräumen, dass er seit Jahren Verluste schreibt. Alleine 2010 sollen es operativ circa 100 Millionen Euro gewesen sein, 2011 Schätzungen zufolge noch mehr.

Da half auch der Eintritt der Schlecker-Erben Meike und Lars in die Unternehmensleitung 2010 nicht viel. Die Geschwister versuchten Schlecker zu modernisieren und vor allem das Schmuddelimage der Drogeriekette abzustreifen. Doch vergeblich: So wurde der neu entwickelte Slogan "For you. Vor Ort" zum PR-Desaster für Schlecker.

Das lag nicht nur an der kruden Denglisch-Kombination, an der sich viele Sprachpuristen störten. Für ungleich mehr Aufregung sorgte ein Brief, der auf eine diesbezügliche Beschwerde antwortete und schließlich auf Facebook landete. Dort erklärte die Unternehmenskommunikation, der Slogan solle die durchschnittlichen Schlecker-Kunden ansprechen, "die niederen bis mittleren Bildungsniveaus zuzuordnen sind". Wer möchte da noch Kunde sein?

Nun hat das Unternehmen also vergangene Woche Insolvenz angemeldet. Mit einem sogenannten Insolvenzplanverfahren versucht die Drogeriekette, das Unternehmen komplett zu erhalten. Am Wochenende wurde bekannt, dass das Land Baden-Württemberg potentiellen Investoren staatliche Hilfe in Aussicht gestellt hat. Wie viele der rund 30.000 Stellen in Deutschland abgebaut werden, ist bisher unklar.

Erste Pressekonferenz seit Jahren

Meike Schlecker erklärte nun in Hinblick auf die Insolvenz, sie wolle mit Gerüchten aufräumen, ihre Familie habe Geld zur Seite geschafft. "Das Vermögen meines Vaters war immer das Unternehmen", sagte sie.

Der Auftritt der Schlecker-Tochter ist die erste Pressekonferenz des Konzerns seit den neunziger Jahren, die Familie gilt als ausgesprochen öffentlichkeitsscheu. Vor allem Anton Schlecker schottete sich ab, heißt es in seiner Heimatstadt Ehingen. Und das nicht ohne Grund: Vor 24 Jahren waren seine Kinder Meike und Lars entführt worden. Sie befreiten sich selbst, während der Vater 9,6 Millionen Mark Lösegeld übergab.

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