Insiderhandel:Der Banker und der Klempner

Die US-Börsenaufsicht deckt ganz speziellen Insiderhandel auf: Ein Banker gibt seinem Klempner Aktientipps, mit denen der 75 000 Dollar verdient. Dafür renoviert der Klempner dem Banker kostenlos das Bad.

Von Kathrin Werner, New York

Die Geschichte beginnt wie ein Witz: Treffen sich ein Banker und ein Klempner. Die amerikanische Staatsanwaltschaft und die Börsenaufsicht finden sie allerdings nicht lustig. Der 58-jährige Steven M., Banker im mittleren Management bei Barclays in Manhattan, soll seinem 47 Jahre alten Kumpel und Klempner Gary P. Tipps über noch geheime Deals gegeben haben. Der Klempner soll damit 76 000 Dollar an der Börse verdient haben - und im Gegenzug dem Banker das Badezimmer in seinem Haus auf Long Island renoviert und ihm Dollar-Scheine in die Sporttasche gesteckt haben.

Die beiden Männer lernten sich vor gut vier Jahren kennen und freundeten sich schnell an, angeblich hatten sie genau die gleichen Boote an Liegeplätzen direkt nebeneinander. "Behalte mal diese Firma im Auge, denen passiert bald etwas Gutes", soll der Banker dem Klempner 2013 oder 2014 zum ersten Mal gesagt haben. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie der Verschwörung und des Betrugs mit elektronischen Mitteln, der mit einer besonders hohen Strafe von bis zu 25 Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Die US-Börsenaufsicht SEC hat ein separates Insiderhandels-Verfahren gegen beide begonnen. P. hat sich bereits schuldig bekannt. Die Polizei hat M. in seinem Haus auf Long Island verhaftet und gegen Kaution freigelassen.

Zugang zu sensiblen Informationen gehörte für M. zum Job. Er stellte jede Woche eine Powerpoint-Präsentation für die oberen Führungskräfte zusammen, in der er die Deals auflistete, die Barclays-Kunden in der nächsten Woche veröffentlichen würden. Barclays ist eine der weltweit führenden Banken für Fusionen und Übernahmen, in diesem Jahr hat sie bereits bei 67 Deals mit einem Gesamtwert von 124 Milliarden Dollar beraten. Die Bank sitzt in London, M. arbeitete von 2008 bis Ende 2015 für die Niederlassung in Manhattan.

Die SEC beschreibt einen Fall aus dem November 2014. Damals erfuhr M., dass der Barclays-Kunde BC Partners, ein Finanzinvestor, die amerikanische Zoogeschäfts-Kette Petsmart übernehmen wollte. Am 18. November kaufte P. Petsmart-Aktien für 59 000 Dollar, vorher hatte er nie in das Unternehmen investiert. Als der Deal im Dezember öffentlich wurde, stieg der Aktienkurs, und P. machte einen Gewinn von mehr als 6000 Dollar. Mindestens zehn Mal ist die Zusammenarbeit der beiden so gelaufen, mit Aktien von Unternehmen wie Forest Oil, Questcor Pharmaceuticals oder Omnicare, die alle in großen Fusionen oder Übernahmen steckten.

Für die Behörden ist es gar nicht leicht, solche Fälle aufzudecken, schließlich ist es nicht offensichtlich, dass der Klempner und der Banker einander kennen. Keiner von ihnen war den Behörden bekannt oder hatte direkt mit den Deals zu tun. Trotzdem konnten die Ermittler die Verbindung zwischen den beiden herstellen. Sie schauen immer, ob kurz vor großen Firmennachrichten ungewöhnliche Käufe oder Verkäufe stattfinden. "Wir arbeiten weiter daran, unsere Technik zur Überwachung der Märkte zu verbessern, mit der wir Muster von Insiderhandel und Komplotte aufdecken, sogar wenn mutmaßliche Täter wie M. und P. versuchen, das Ganze geheim zu halten, indem sie Tipps und Bargeld persönlich miteinander austauschen", sagte Joseph Sansone, einer der SEC-Ermittler. Die SEC will, dass niemand mehr glauben kann, er werde schon nicht erwischt.

Für Manhattans Generalstaatsanwalt Preet Bharara könnte der Fall zu einem großen Erfolg werden. Er ist für seinen harten Kampf gegen Insiderhandel berühmt. Seit 2009 hat er die Zahl der Fälle, die seine Behörde verfolgte und vor Gericht brachte, enorm gesteigert: 103 Menschen wurden angeklagt und 78 verurteilt. In jüngster Zeit hatte Bharara es aber schwer, weil ein Urteil eines Berufungsgerichts aus dem Jahr 2014 die Reichweite von Insiderhandel-Gesetzen beschränkt hat. Die Ankläger müssen seither genau belegen, dass ein Tipp nicht nur eine Gefälligkeit war, sondern dass es eine konkrete Gegenleistung dafür gab. Zum Beispiel ein frisch renoviertes Bad.

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