Innendesigner:Intimbereich

Christian Liaigre und seine Frau Déborah über Karl Lagerfeld, Luxus, guten Stil, das richtige Licht und schöne Gelegenheiten.

Interview von Katharina Wetzel

Christian Liaigre zählt weltweit Berühmte und Mächtige zu seinen Kunden. Sowohl Karl Lagerfeld als auch der Medienmogul Rupert Murdoch finden an den schlichten und eleganten Entwürfen des 72-jährigen Interiordesigners Gefallen. Viele Vermögende lieben die luxuriösen wie edlen Möbelstücke, die etwa für vier- oder fünfstellige Beträge zu haben sind und im eigenen Anwesen für eine besondere Atmosphäre sorgen. Dabei brauche es für einen gewissen Luxus gar nicht viel Geld, meint der Innendesigner. Wie man auch mit einem Ikea-Sofa ein besonderes Ambiente zaubert und wie seine Frau Déborah, 41, den Stil des Hauses verändert, sagt das Künstlerpaar im Gespräch.

SZ: Sie haben Privathäuser und Yachten auf der ganzen Welt eingerichtet, Fünfsternehotels und exklusive Restaurants ausstaffiert. Können Sie sagen, was Luxus ist?

Christian Liaigre: Wir arbeiten für viele vermögende Kunden, die nach einer luxuriösen Inneneinrichtung suchen - selbst, wenn es für ein Landhaus ist. Luxus ist so schwierig zu definieren. Luxus sollte eine sehr einfache Sache sein oder sehr sophisticated sein.

Was bevorzugen Sie?

Christian Liaigre: Die einfachen Dinge. Das ist der Zustand einer geliebten Freizeitbeschäftigung, einer intimen Muße. Für mich ist das Natürliche der Höhepunkt von Kunst und Luxus. Dies muss jedoch professionell gestaltet sein. Und wie das geht, wissen wir.

Sie haben 27 Schauräume auf der ganzen Welt: In Paris in der Rue du Bac und der Rue de Varenne, in New York, in Bangkok, London oder auf St. Barths. Seit Sommer sind Sie auch in München vertreten. Warum kamen Sie nicht schon eher in die bayerische Metropole?

Déborah Liaigre: Wir kamen bereits vor fünf Jahren nach München. Es war aber sehr schwierig, die richtige Örtlichkeit zu finden. Doch nun sind wir so glücklich, in der Brienner Straße zu sein, einer der besten Adressen von München.

Innendesigner: Luxus sollte eine einfache Sache oder sophisticated sein, meint Christian Liaigre.

Luxus sollte eine einfache Sache oder sophisticated sein, meint Christian Liaigre.

(Foto: Paul Robida/Liaigre gallery Paris)

Sie kombinieren verschiedene Holzarten wie Eiche und Nussbaum als gehörten sie zusammen. Die Oberflächen sind glänzend oder aber sie haben die Optik eines Leinenstoffes. Mögen Sie Kontraste?

Christian Liaigre: Ja, aber der Materialkontrast ist nicht sehr groß. Es ist ja nur Holz. Ich denke daher nicht, dass wir stark auf Gegensätze setzen. Wir arbeiten zum Beispiel nicht mit Blau und Rot oder so etwas. Nie.

Aber mit Schwarz und Weiß.

Déborah Liaigre: Ja, das stimmt . .

. Christian Liaigre: . . . aber Schwarz und Weiß sind Nicht-Farben. Selbst in Gemälden von Picasso oder Peter Doig sind Schwarz und Weiß die Basis für die Bilder. Die bestehen nie nur aus Farbe.

Wer durch Ihre Schauräume geht, stellt fest: Sie haben eine Vorliebe für dunkles oder schwarzes Holz.

Déborah Liaigre: Das hängt doch vom jeweiligen Ort ab. Auf St. Barths lieben wir es vielleicht nicht so sehr, dunkles Holz zu verwenden, aber in Paris oder München kann das gut funktionieren.

Christian Liaigre: Das ist abhängig von dem Land, dem Licht und dem Raum . Dies ist schwierig zu verallgemeinern.

Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?

Déborah Liaigre: Einfach und puristisch.

Christian Liaigre: Es ist sehr schwierig, uns selbst zu beurteilen, aber es kommt einem einfachen Chic und einem süßen Leben nahe. Es ist kein Zurschaustellen.

Was inspiriert Sie?

Déborah Liaigre: Oh. So viele Dinge.

Christian Liaigre: Das ist ein Geheimnis.

Können Sie uns eine Vorstellung geben?

Christian Liaigre: Déborah hört Musik, während sie arbeitet. Ich dagegen brauche Ruhe, wenn ich arbeite. Ich brauche etwas sehr Friedvolles. Das hängt von der Persönlichkeit ab. Wir können inspiriert sein von einem neuen Stück Holz, das wir gefunden haben.

Déborah Liaigre: Als wir in Thailand waren. Christian, erinner dich an diese wundervollen Bäume, die wie eine Camouflage aus verschiedenen Farben aussahen . .

Innendesigner: Mit seinen Möbeln, die im Detail überraschen und zur Imagination anregen, schafft Christian Liaigre eine ganz eigene Aura.

Mit seinen Möbeln, die im Detail überraschen und zur Imagination anregen, schafft Christian Liaigre eine ganz eigene Aura.

(Foto: Franco P. Tettamanti)

. Christian Liaigre: . . . und gleich hatten wir eine Idee, einen Stoff zu machen.

Sie benutzen oft Marmor. Als Tischplatte, als Arbeitsfläche in der Küche oder im Badezimmer. Wer da sauber machen muss, kann verzweifeln - bei dem kalkhaltigen Wasser in München. Lieben Sie es, wenn Marmor Patina bekommt?

Déborah Liaigre: Ja, das lieben wir, weil jedes Mobiliar muss leben. Wenn da also ein paar Kratzer sind, kümmert uns das nicht. Wir mögen es so. In den Schauräumen muss das alles natürlich perfekt aussehen, weil man es gut verkaufen will.

Wohnungen von Top-Managern sehen mitunter wie ein Liaigre-Schauraum aus. Empfehlen Sie einen Liaigre-Komplettlook?

Déborah Liaigre: Nein, nicht besonders. Wir würden es lieben, verschiedene Stile zu mischen. Normalerweise haben viele Kunden Lieblingskollektionen und eine große Bildersammlung. Es ist sehr schön, ihre Sachen mit unseren und auch mit antiken Möbeln zu mischen.

Christian Liaigre: Wir bevorzugen wirklich den Mix mit Antiquitäten.

Wie erreichen Sie Ihre Kundschaft? Sie machen ja keine klassische Werbung.

Déborah Liaigre: Durch Weiterempfehlung von Kunden zu Kunden.

Christian Liaigre: Wir arbeiten mit sehr einflussreichen Kunden zusammen und die treffen sich auf der ganzen Welt und laden sich gegenseitig ein, ob in Indien oder Amerika. Die kennen unsere Arbeit.

Muss man ein Millionär oder Milliardär sein, um sich Liaigre-Möbel leisten zu können?

Christian Liaigre: Bestimmt nicht, weil die Preise sind fast genauso wie bei anderen Marken auch. Wenn es einen Unterschied bei den Kosten gibt, dann liegt das am Design.

Leider können viele Menschen nicht Tausende Euros ausgeben für eine Liaigre-Leuchte oder einen Tisch. Haben Sie einen Tipp, wie man sich auch ohne viel Geld stilvoll einrichten kann?

Déborah Liaigre: Nicht zu viele Möbel wählen, sondern die richtigen.

Christian Liaigre: Oder man kann auch das Ikea-Sofa haben, aber man muss dann die richtigen Accessoires wählen wie das richtige Plaid. Und so kann man augenblicklich auch seiner Inneneinrichtung eine Art von Luxus verleihen.

Innendesigner: Auch die Namen ihrer Möbel wählen sie mit Bedacht aus: Déborah (im Bild) und Christian Liaigre.

Auch die Namen ihrer Möbel wählen sie mit Bedacht aus: Déborah (im Bild) und Christian Liaigre.

(Foto: Franco P. Tettamanti / C.Gentil)

Wie stillen Sie die Wünsche von Kunden wie Karl Lagerfeld, Gabriele Strehle oder Rupert Murdoch? Ich stelle mir das schwierig vor.

Christian Liaigre: Nein, nein. Das ist überhaupt nicht schwierig, weil wir arbeiten für deren intimité, für deren Intimsphäre.

Déborah Liaigre: Wir arbeiten sehr eng mit unseren Kunden zusammen. Sie lassen uns in ihr Leben.

Wie hat man sich das vorzustellen? Sagt Karl Lagerfeld: ,Hier sind die Schlüssel für meine Wohnung. Mach, was du willst?'

Christian Liaigre: Nicht wirklich. Karl will alles wissen und sagt dann am Ende: ,Ich brauche keinen Innenarchitekten oder Designer, aber welches Sofa stellen wir da hin?' So ähnlich läuft das. Er will alles selbst machen.

Sie haben auch viele Kunden aus dem Finanzbereich. Sind die relaxter?

Christian Liaigre: Nein, die relaxteren Personen sind die Modedesigner wie Marc Jacobs, Valentino oder Calvin Klein, weil die das kreative Geschäft kennen. Und wenn wir denen nur eine Zeichnung zeigen, können die sich sofort vorstellen, was das ist. Manchmal präsentieren wir einer Privatperson eine Zeichnung oder einen Entwurf, aber die haben nicht die Kreativität, dies in ihre Räumlichkeiten zu übertragen. Es ist daher sehr einfach, mit kreativen Menschen aus der Mode zusammenzuarbeiten.

Kommen Ihre Kunden vorwiegend aus dem Modebereich?

Christian Liaigre: Aktuell nicht, aber die vergangenen Jahre schon. Wir haben viele Sachen für Marc Jacobs, Calvin Klein, Kenzo oder François Nars gemacht. Für deren Geschäftsräume und Boutiquen, aber auch für deren Privathäuser. Der Make-up-Künstler François Nars hat seine Firma verkauft und eine Insel gekauft. Für ihn haben wir auf seiner Privatinsel in der Nähe von Bora Bora Häuser entworfen und eingerichtet.

Vor einigen Jahren erzählte ein Top-Banker in vertrauter Runde, dass in seinem Londoner Haus kein Licht mehr sei, weil seine Ex-Frau beim Auszug alle Lampen mitgenommen habe. Die Vasen habe sie allesamt zerbrochen. Sie gingen wie die Ehe rasch zu Bruch. Doch von den Leuchten von Liaigre wollte sie sich - verständlicherweise - nicht trennen. Was machen Ihre Lampen so begehrenswert und beständig?

Christian Liaigre: Ich weiß es nicht.

La Maison

1987 gründete Christian Liaigre sein gleichnamiges Label und machte sich schnell nicht nur in Pariser Modekreisen einen Namen für minimalistisches Design. Heute beschäftigt die Firma 120 Mitarbeiter und ist in sämtlichen Metropolen vertreten, sowie noch so entlegenen Orten, wo auch immer Reiche und Mächtige sich tummeln. 2010 stieg Edmond de Rothschild Capital Partners mit 60 Prozent in die Firma ein. Dies trieb die Expansion stark voran. "Wir wollen nicht der dickste Fisch sein auf der Welt, aber der luxuriöseste", sagt Christophe Caillaud, Präsident der Christian Liaigre-Gruppe. Mit diesem Anspruch verzeichnet das Haus zwei-stellige Wachstumsraten. Betrug der Umsatz 2014 noch 39 Millionen Euro, so werden es dieses Jahr bereits mehr als 50 Millionen sein. Caillaud rechnet mit einem EBITDA, einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, von 11 Millionen Euro. "In zwei Jahren eröffnen wir vielleicht einen Schauraum in Hamburg oder Frankfurt."

Katharina Wetzel

Déborah Liaigre: Die Finishes, die Oberflächenbearbeitung, denke ich. Und es ist kein starkes Licht - gerade nur, um ein Ambiente zu erzeugen.

Fehlt nur noch Don Juan. Eines Ihrer Sofas ist nach dem leidenschaftlichen Liebhaber und Verführer benannt. Dürfen sich der Besitzer und die Dame des Hauses mit diesem Sofa wie Don Juan und seine Gespielin Donna Anna fühlen?

Christian Liaigre: Ja, genau so ist es. Alles, was sie brauchen, ist eine Gelegenheit auf diesem Sofa.

Also dem Namen kommt eine nicht zu unterschätzende Rolle zu.

Déborah Liaigre: Ja, wir wählen für jedes Produkt einen Namen aus. Manchmal streiten wir uns darüber.

Christian Liaigre: Und manchmal wissen wir den Namen schon bei der ersten Zeichnung, weil das die Inspiration ist.

Wie arbeiten Sie zusammen?

Déborah Liaigre: Normalerweise arbeiten wir nie an demselben Projekt. Christian arbeitet an der Innenarchitektur und -einrichtung und arbeitet dabei eng mit Frauke Meyer zusammen, die als Kreativdesignerin für die künstlerische Gestaltung verantwortlich ist. Ich arbeite an der Möblierung, der Gestaltung der Ausstellungsräume und dem Image der Marke.

Frau Liaigre. Sie sind seit 17 Jahren in der Firma. Wie begann das damals?

Déborah Liaigre: Ich habe Innenarchitektur und -design studiert. Natürlich war es mein Traum, mit Christian zu arbeiten. Für mich war das als junge Designerin sehr wichtig. Das war mein erster Berufseinstieg gleich nach der Universität.

Christian Liaigre: Und ich behalte sie.

In den vergangenen Jahren haben Sie viele neue Ausstellungsräume eröffnet. Ihr Haus erreichte zweistellige Wachstumsraten. Wie malen Sie sich die Zukunft aus?

Déborah Liaigre: Wir werden daran weiterarbeiten, die Schauräume weiterzuentwickeln und dieselbe Qualität aufrechtzuerhalten.

Christian Liaigre: Wir werden versuchen, noch schönere Möbel zu machen. Wir konkurrieren stärker mit immer mehr jüngeren Designern, die in den Markt eintreten und versuchen, unserem Weg zu folgen und dem, was wir tun. Darum müssen wir weiterhin daran arbeiten, immer an der Spitze zu bleiben.

Ihr Haus ist mittlerweile 28 Jahre alt und steht immer noch für eine minimalistische Eleganz. Wie hat sich der Stil über die Jahre verändert?

Christian Liaigre: Déborah ist stärker im Design involviert. Mein Stil war immer sehr maskulin. Déborah macht ihn glamouröser.

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