Infineon:Roboter sollen es richten

Schunk - Computerhand

Wird künftig jeder Handgriff per Computer gesteuert? Industrieversicherer müssen sich jetzt mit solchen Fragen beschäftigen.

(Foto: Friso Gentsch/dpa)

Der Münchner Chip-Konzern zeigt sich von den Milliarden-Fusionen in der Branche unbeeindruckt - und will unabhängig bleiben. Gewinn und Umsatz steigen.

Von Caspar Busse

Es ist eines der wenigen großen und unabhängigen Halbleiterunternehmen in Europa: Infineon meldete am Dienstag gute Geschäfte für das abgelaufene Geschäftsjahr 2016/17 und verspricht weiter deutliches Wachstum. Und das soll nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Reinhard Ploss, 61, auch so bleiben. "Wir werden auch in Zukunft erfolgreich auf eigenen Beinen stehen", sagte er. Er habe keine Angst, dass der Münchner Konzern irgendwann auch ins Visier der ganz Großen geraten könnte.

Hintergrund ist, dass in der weltweiten Halbleiterindustrie derzeit ein Milliarden-Monopoly läuft. Gerade erst hat der Chipkonzern Broadcom ein Übernahmeangebot für den Konkurrenten Qualcomm angekündigt. Einschließlich Schulden liegt die Offerte bei 130 Milliarden Dollar. Es wäre in der Branche die teuerste Übernahme aller Zeiten, Qualcomm weist diese derzeit aber zurück. Broadcom könnte nun sein Angebot aufbessern, bei den Aktionären direkt um ihre Stimmen werben oder eine feindliche Übernahme auf den Weg bringen. Wie auch immer es weitergeht: Die Branche ist in erheblicher Bewegung. NXP wiederum - das Chipunternehmen aus den Niederlanden ist ein direkter Konkurrent von Infineon - wird derzeit von Qualcomm übernommen.

Infineon hat sich in den vergangenen Jahren erfolgreich auf mehrere Spezialbereiche konzentriert und ist vor allem als Halbleiterlieferant für die Auto- und Energieindustrie sowie für Anbieter von Sicherheits- und Chipkarten aktiv. An der Börse ist das Dax-Unternehmen, das 1999 aus einem Geschäftsbereich des Siemens-Konzerns entstanden ist, derzeit knapp 28 Milliarden Euro wert. Zuletzt wurde immer wieder kolportiert, dass Intel Interesse an Infineon haben könnte. Das US-Unternehmen baut derzeit auch ein Autozuliefergeschäft auf und kaufte für 14 Milliarden Euro die israelische Firma Mobileye, die Technologie für das autonome Fahren herstellt. Ploss sagte dazu nur: "Ich sehe nicht, dass da etwas auf uns zulaufen würde."

Die Forscher arbeiten am "Instant-Halbleiter" - nach dem Motto: umrühren und fertig

Etwa 44 Prozent des Umsatzes macht Infineon derzeit mit Autoherstellern. Mit dem Trend zu autonomen Fahren und Elektrofahrzeugen steigt der Bedarf an Halbleiter stark an. E-Autos benötigen deutlich mehr Chips als herkömmliche Fahrzeuge. In den nächsten fünf Jahren werde alleine dies für rund die Hälfte des Wachstums bei Infineon sorgen, sagte Ploss. Zwischen 80 und 90 Prozent der Innovationen im Auto komme mittlerweile aus der Elektronik, also aus der Chipbranche. Dazu kommen viele Kunden aus der Photovoltaik-Industrie oder aus dem Bereich Hausgeräte. Auch hier steige der Bedarf an Halbleitern deutlich an - wie auch bei Herstellern von Robotern. Industrieroboter seien ein vielversprechendes Geschäft für Infineon, so Ploss. Hier arbeite der Konzern auch mit Start-ups zusammen, das sei eine große Chance: "Infineon erfährt bei solchen Projekten viel über neue Fragestellungen und Anwendungen." Gleichzeitig werden nicht mehr nur Halbleiter angeboten, sondern komplette Lösungen inklusive Software. Ploss sagt, Infineon biete vielen Kunden den "Instant-Halbleiter, nach dem Motto: umrühren und fertig".

Im Campeon, der Unternehmenszentrale im Süden Münchens, herrscht jedenfalls Zuversicht. "Wir haben über dieses Jahr hinaus noch viel vor", sagt Ploss. Im Anfang Oktober angelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 werde der Umsatz erneut um etwa neun Prozent steigen, heißt es. 2016/17 lag der Umsatz bei gut sieben Milliarden Euro, ein Plus von neun Prozent. Die Dividende soll auf 25 Cent pro Aktie erhöht werden. Der operative Gewinn der Segmente stieg im vergangenen Geschäftsjahr um 23 Prozent auf gut 1,2 Milliarden Euro. Zu schaffen macht dem Unternehmen dabei der schwache Dollar. Zudem wurden zuletzt etwa 1000 Jobs geschaffen, die Hälfte davon in Deutschland - in München und in den großen Werken in Regensburg, Dresden und Warstein. Auch 2018 würden neue Stellen geschaffen, versprach Vorstandschef Ploss.

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