Immobilienskandal:Aufpasser für die Kassenärzte

Das Gesundheitsministerium schickt einen Beauftragten zur KBV. Er soll Klarheit in den Skandal bringen und die dubiosen Immobiliengeschäfte abwickeln. Dabei waren die Ärzte dem Minister noch entgegengekommen.

Von Guido Bohsem, Berlin

Lange Zeit hatten die obersten Funktionäre der Kassenärzte gedacht, sie kämen davon. Doch jetzt geht es zur Sache. Um den Immobilienskandal in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu klären, schickt Gesundheitsminister Hermann Gröhe der obersten Organisation der Kassenärzte einen Aufpasser an die Seite. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll ein Beauftragter des Ministeriums eingesetzt werden, um Klarheit in die Angelegenheiten zu bringen und die Immobilientochter der KBV abzuwickeln.

Das Ministerium und die Spitze der KBV verständigten sich nach den Angaben auf dieses Vorgehen. "Ziel sei es, in einem strukturierten, kontrollierten und koordinierten Verfahren die festgestellten Rechtsverletzungen ohne weitere Schäden für die KBV und deren Organe zeitnah und ohne weitere Verzögerungen zu regeln", heißt es in einer Vereinbarung zwischen Ministerium und KBV. Die Kosten für den Beauftragten soll die Organisation selbst tragen.

Gesichtswahrend für die KBV ist, dass das Ministerium den Beauftragten - es handelt sich um einen Rechtsanwalt der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft - mit Einverständnis der KBV-Führung entsendet.

Damit erreicht die seit Monaten schwelende Auseinandersetzung zwischen der Politik und den Kassenärzten einen neuen Höhepunkt. Zuvor hatte das Ministerium den ehemaligen KBV-Chef Andreas Köhler verklagt, weil dieser einen Mietkostenzuschuss von gut 95 000 Euro erhalten hatte - nach Einschätzung von Gröhes Beamten zu Unrecht. Auch gegen Köhlers Altersbezüge geht das Ministerium vor. Sie sind nach Einschätzung der Beamten deutlich zu hoch.

Die Bundesvereinigung war Minister Gröhe entgegen gekommen - das reichte nicht

Ebenfalls unter Köhler soll die KBV ohne Genehmigung der eigenen Vertreterversammlung und des Gesundheitsministeriums die Immobilienfirma Apo KG übernommen haben, heißt es in einem Gutachten. Dabei handelt es sich um eine ehemalige Tochter der Ärzte- und Apothekerbank.

Kurz vor dem Ärztetag hatte Gröhe die KBV bereits schriftlich aufgefordert, die Ungereimtheiten bei der Apo KG aufzuklären. Die Vertreterversammlung der Organisation hatte daraufhin einen entsprechenden Beschluss gefasst. Mehrere Spitzenfunktionäre der KBV zeigten sich danach zuversichtlich, dass Gröhe keinen Staatskommissar schicken werde und so die Führung der Organisation entmachten würde.

Das Entgegenkommen der Ärzteschaft reichte Gröhe aber nicht. Er traut der KBV offenbar nicht zu, dass sie die Immobilientochter korrekt abwickeln kann. Der nun eingesetzte Beauftragte hat deshalb auch einen klaren Auftrag. Er soll sicherstellen, dass die Rechtsverletzungen beim Erwerb der Apo KG "ohne weitere Schäden und ohne weitere Verzögerung behoben werden" können. Zudem will das Ministerium regelmäßig über die Fortschritte bei der Aufarbeitung der dubiosen Geschäfte informiert werden. Ein erster Termin ist für Anfang Juli angesetzt. Damit der Beauftragte seinen Job auch erledigen kann, erhält der Beauftragte umfangreiche Durchgriffsrechte in der Ärzteorganisation. Alle Mitglieder der Organe und alle Beschäftigten der KBV sind dazu verpflichtet, ihm Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen.

Geschädigt durch die Machenschaften sind vor allem die Mitglieder, das heißt die Ärzte. Jeder Kassenarzt ist dazu verpflichtet, Mitglied in der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu werden, und Beiträge einzuzahlen. Auf Bundesebene übernimmt die Spitzenorganisation der 17 regionalen KV die politische Lobbyarbeit, die Honorarverhandlungen mit den Kassen und die Aufgabe, die medizinische Versorgung sicherzustellen.

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