Immobilien in den USA:Dekadenz am Pool

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Hier bleiben die Reichen gerne unter sich: Immobilien in Palm Springs, Kalifornien. (Foto: Lucy Nicholson/Reuters)

Immobilienmakler in Kalifornien werden immer kreativer, um der Kundschaft zu gefallen - Helikopterflüge und Partys inklusive.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es gibt eine Geschichte, die Rayni Williams gern erzählt. Sie klingt dekadent, aber wer 50 000 Dollar pro Monat für überdimensionale Plakate über dem Sunset Boulevard ausgibt und seinen Klienten Mappen aus Krokodilleder überreicht, der erzählt nun mal dekadente Geschichten. Auf diesen Werbeplakaten für die Maklerfirma Williams & Williams steht: "Dream Big, Live Bigger" - und diese Geschichte handelt von einem Menschen, der einen großartigen Traum hatte und ein noch besseres Leben haben wollte.

Die Geschichte spielt im Jahr 2014 und handelt von Markus Persson, Erfinder des Computerspiels Minecraft. Er hatte seine Firma Mojang gerade für 2,5 Milliarden Dollar an Microsoft verkauft und suchte nun ein Haus an der Westküste der USA. Williams wusste nicht recht viel über den damals 35 Jahre alten Mann aus Schweden - außer, dass er sich im Internet Notch nannte und gerne Lammkoteletts aß. Also ließ sie zur Besichtigung eines Anwesens für 5000 Dollar Lamm zubereiten.

Die Ziele sind klar kalkuliert. Es geht um Aufmerksamkeit und Präsenz um jeden Preis

Als Persson jedoch aus dem Flugzeug stieg, gelüstete es ihn nach Sushi. Also rief Williams schnell bei Sternekoch Nobu Marsuhisha an, orderte Sushi und ließ den rohen Fisch von Models servieren. Es funktionierte: Persson war begeistert, er übertraf das Angebot von Rapper Jay-Z und Popsängerin Beyoncé und sicherte sich für 70 Millionen Dollar das Anwesen in Beverly Hills.

"Die Moral dieser Geschichte ist: Geld spielt keine Rolle, wenn es um die Vermarktung solcher Häuser geht", sagt Williams, die sich gemeinsam mit ihrem Ehemann Brendan Williams auf hochpreisige Immobilien in Los Angeles spezialisiert hat. "Es ist möglich, sich eine Provision in Millionenhöhe zu sichern, aber es kann auch passieren, dass das Anwesen nicht verkauft wird und man mehrere Hunderttausend Dollar in den Sand gesetzt hat. Es ist ein riskantes Spiel."

Nun hat Williams dieses Spiel um eine Nuance der Dekadenz erweitert. Sie hat für 40 000 Dollar einen Film produziert, der von einer Frau handelt, die ihre Freundinnen zu einem netten Tag in ihrem Haus in den Hollywood Hills einlädt. Sie trinken teuren Wein, genießen am Pool den Ausblick über Los Angeles und hängen kissenwerfend im Privatkino ab. Ein ganz normaler Tag für die Reichen und Schönen in einer Villa für die Reichen und Schönen. Diese Villa ist auch der Hauptdarsteller des Films, der niemals im Kino oder Fernsehen gezeigt wird, sondern auf der Homepage der Makler den Menschen, die sich vorstellen können, etwa 33 Millionen Dollar für das Haus in direkter Nachbarschaft von Schauspielern wie Leonardo DiCaprio, Jodie Foster und Keanu Reeves zu bezahlen.

"Normale Marketing-Strategien funktionieren nicht mehr", sagt Williams, deren Provision für dieses eine Haus bei mehr als einer Million Dollar liegen könnte. "Die Käufer heutzutage sind gebildet und intelligent, sie interessieren sich für Technik. Wir müssen ihnen deutlich mehr bieten als eine Anzeige in der Zeitung." Wer sich von dem Yuppie-Video nicht abschrecken lässt, der bekommt bei einem Besuch Champagner der Marke Cristal angeboten oder darf seine Freunde zur Besichtigung für ein Picknick am Pool mitbringen.

Der Kunde ist König, dieser Satz klingt so schal wie eine drei Tage alte Cola, vor allem aber klingt er wie eine schöne Utopie aus einer längst vergangenen Zeit. Im Falle der Immobilienmakler in Los Angeles klingt er wie eine bodenlose Untertreibung. Die potenziellen Kunden der Luxusmakler bekommen Virtual-Reality-Brillen, mit denen sie imaginär durch das gewünschte Anwesen spazieren können. Wenn sie die Immobilie von oben betrachten wollen, wird schnell ein Helikopter gechartert. Und wer die Partytauglichkeit eines Hauses überprüfen möchte, für den wird auch kurzfristig ein Fest organisiert. Williams schätzt, dass sie für die Immobilie von Persson etwa 300 000 Dollar ausgegeben hat, um Kunden anzulocken.

"Die Makler vermarkten sich selbst, sie müssen sich als Marke präsentieren", sagt Alex Smith von der Firma Keller Williams. Er hat kürzlich ein Strandhaus im Süden von Los Angeles für mehr als zwei Millionen Dollar an einen Football-Profi vermittelt. Der gute Mann zahlte in bar. "Es geht darum, Aufmerksamkeit zu erregen und vor allem Präsenz zu zeigen." Rayni Williams etwa lebt in einer Gegend in Beverly Hills, in der einst auch die Sänger Frank Sinatra und Elvis Presley wohnten: "Es hilft, wenn die Menschen wissen, dass wir hier wohnen und uns sehr gut auskennen."

Manchmal hilft es aber auch, möglichst schnell rohen Fisch zu beschaffen - so wie im Fall des jungen Milliardärs aus Schweden. Der hat seine Villa mittlerweile zu einem echten Partyrefugium für Prominente umgebaut, wie zahlreiche Fotos auf der Plattform Instagram belegen. Kürzlich schrieb Persson auf seiner Facebook-Seite: "Wer einen Bikini, Schmuck oder auch seinen Stolz vermisst, der kann das in meinem Haus in Los Angeles abholen." Markus Persson hatte einen großartigen Traum - und nun hat er ganz offensichtlich ein noch besseres Leben.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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