IG-Metall-Gewerkschaftstag:"Die IG Metall wird wieder wahrgenommen"

Am Sonntag ist in Leipzig der 21. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall eröffnet worden. Der scheidende Chef Jürgen Peters zieht eine positive Bilanz seiner Amtszeit. Sein Nachfolger wird der Reformer Berthold Huber.

Sibylle Haas

Der IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Peters hat auf dem Kongress seiner Gewerkschaft in Leipzig zum weiteren Kampf für mehr Gerechtigkeit aufgerufen. Trotz guter Konjunktur bleibe der Druck auf Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen hoch, sagte Peters vor mehr als 500 Delegierten.

IG-Metall-Funktionäre Huber, Peters

Der neue IG-Metall-Chef Chef Huber (l.) und der scheidende Vorsitzende Peters am Montag auf dem Gewerkschaftstag.

(Foto: Foto: Reuters)

"In einer globalisierten Welt nutzen die Arbeitgeber ihre verbesserten Möglichkeiten zur Produktionsverlagerung, um uns unter Druck zu setzen", mahnte Peters. Die IG Metall habe in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass über das Thema "soziale Gerechtigkeit" wieder diskutiert wird.

"Glaubt denn jemand ernsthaft, dass die heutige politische Debatte über die Verlängerung der Bezugszeit von Arbeitslosengeld I für Ältere diese Zuspitzung hätte, wenn wir nicht mobilisiert hätten?", sagte Peters. Auch die Debatten über die Rente mit 67, Mindestlöhne und Leiharbeit seien von der IG Metall mit angestoßen worden.

Bis Samstag diskutieren die Delegierten des 21. Ordentlichen Gewerkschaftstages über mehr als 500 Anträge. Der Gewerkschaftstag ist das höchste Organ der IG Metall und findet alle vier Jahre statt. Der Kongress steht in diesem Jahr unter dem Motto "Zukunft braucht Gerechtigkeit".

Ein Schwerpunkt des Kongresses ist die Wahl des neuen Vorstands an diesem Dienstag. Der bisherige Vize Berthold Huber soll an die Spitze der Gewerkschaft rücken, als sein Stellvertreter wurde der Bezirksleiter aus Nordrhein-Westfalen, Detlef Wetzel, nominiert.

"Wieder zu einer gesellschaftlichen Kraft geworden"

Mit Blick auf die Partei Die Linke mahnte Peters mehr Ruhe an. "Als Einheitsgewerkschaft sollten wir ohne Aufregung damit umgehen", sagte er. Die IG Metall sei politisch unabhängig.

"Es gibt deshalb keinen Grund, ausgerechnet die Linke unter politische Quarantäne zu stellen, es gibt aber auch keinen Grund, die einstige privilegierte Partnerschaft zur SPD auf eine andere Partei zu übertragen", betonte er.

Peters zog eine positive Bilanz seiner vierjährigen Amtszeit. "Wir sind wieder zu einer gesellschaftlichen Kraft geworden. Die IG Metall wird in den Betrieben wieder wahrgenommen", sagte er.

Sein Stellvertreter Huber bezeichnete die Tarifpolitik der vergangenen vier Jahre als erfolgreich. "Die IG Metall hat für ihre Mitglieder gute Lohnerhöhungen durchgesetzt und wichtige Fragen von der Qualifizierung bis zur Altersvorsorge angepackt", sagte Huber.

Die Umsetzung der sogenannten Pforzheimer Vereinbarungen habe sich verbessert. Danach können Betriebe unter bestimmten Bedingungen von den Tarifverträgen abweichen und beispielsweise die Arbeitszeit verlängern oder den Lohn kürzen.

"Gleiches Geld für gleiche Arbeit"

Inzwischen gebe es für drei Viertel der Pforzheimer Vereinbarungen verbindliche Zusagen zur Beschäftigungssicherung, die also Entlassungen ausschließen. 2004 habe dies nur für die Hälfte gegolten.

In seinem Rechenschaftsbericht rief Huber zu einem Kampf gegen die Leiharbeit auf. Nach jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit habe es Ende vorigen Jahres 630000 Leiharbeiter gegeben.

Die Tendenz sei steigend. "Wir müssen uns dagegen wehren, wenn tariflich gesicherte normale Arbeitsverhältnisse verdrängt werden", sagte Huber. Gleiches Geld für gleiche Arbeit sei von neuer und drängender Aktualität.

Erfreut äußerte er sich über die jüngste Mitgliederentwicklung der IG Metall. Bis Anfang November sei die Zahl der Neuaufnahmen um 84259 höher gewesen als vor einem Jahr. Das entspreche einem Zuwachs von zwölf Prozent. Hauptkassierer Bertin Eichler sagte, die IG Metall sei finanziell stark.

Die Gewerkschaft weise 2006 zwar ein Defizit von 13,6 Millionen Euro aus. Allerdings seien 63,6 Millionen Euro als Rückstellungen vor allem für zukünftige Arbeitskämpfe zurückgelegt worden. "Am Geld ist noch nie eine Auseinandersetzung gescheitert, und am Geld wird auch in den nächsten Jahren kein Arbeitskampf scheitern", betonte er.

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