Ideenklau:Autokonzerne in der China-Falle

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Daimler & Co kämpfen gegen Fälschungen aus China. Doch das ist nicht das größte Problem, sagt Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer.

Ansgar Siemens

Ohne Umschweife kam die Kanzlerin auf den Punkt: Die Produktpiraterie im Reich der Mitte, sagte Angela Merkel am Schluss ihrer China-Reise, sei "ein relativ großes Problem". "Wenn dann plötzlich ein Auto da steht, das aussieht wie ein Smart, aber keiner ist, sondern doch eine Kopie, dann ist das nicht gut."

Ministerpräsident Wen Jiabao versuchte, die Spitze wegzulächeln - inhaltlich aber hielt er dem Vorwurf nichts entgegen. Tags zuvor war bekannt geworden, dass BMW und Smart mit juristischen Mitteln gegen Fälschungen zweier Modelle vorgehen wollen. Die chinesischen Autos sollen bei der Frankfurter Automesse IAA ausgestellt werden.

Doch der Kampf gegen Plagiate ist nur ein Problem, mit dem Daimler & Co in China zu kämpfen haben. "Natürlich muss man dagegen vorgehen", sagt Ferdinand Dudenhöffer zu sueddeutsche.de. Dudenhöffer ist ein renommierter Auto-Professor an der Fachhochschule Gelsenkirchen.

Gefährlicher als Plagiate aber, so Dudenhöffer, sei der Zwang für deutsche Hersteller, ein Joint-Venture zu gründen. Das heißt zum Beispiel: BMW braucht einen fernöstlichen Partner, um überhaupt produzieren zu können.

Bei Plagiaten geht es meist um optische Ähnlichkeiten, das Innenleben von Original und Fälschung sei völlig unterschiedlich, sagt Dudenhöffer. "Das ist wie bei einer Rolex-Fälschung: Kein Rolex-Käufer kommt auf die Idee, sich für billiges Geld die minderwertige Uhr zu kaufen." Optische Auto-Kopien würden meist von kleineren chinesischen Herstellern angefertigt.

Know-how-Verlust in großem Stil, so Dudenhöffer, drohe bei den Joint-Ventures, an denen große chinesische Unternehmen beteiligt sind. "Die Chinesen begreifen schnell die Produktionsverfahren und die Geheimnisse der industriellen Fertigung" - und könnten deutschen Autobauern irgendwann das Wasser abgraben.

Die China-Falle

Ein Dilemma: Auf der einen Seite droht den deutschen Herstellern Ideenklau. Auf der anderen Seite ist es wichtig, in China dabei zu sein - "es ist einer der wichtigsten Automärkte der Welt". Und: "Die meisten verdienen gutes Geld."

Allein BMW steigerte seinen China-Absatz in den ersten sieben Monaten 2007 um 34 Prozent - auf 33.500 Autos. Die Bedrohung von Ideenklau in Joint-Ventures sei zwar vorhanden, räumt ein Sprecher ein. Das beste Rezept dagegen seien aber ständige Innovationen.

Dudenhöffer empfiehlt Daimler & Co, Schlüsselpositionen in China mit deutschen Managern zu besetzen. Bleibe der Joint-Venture-Zwang bestehen, könne er dem Geschäft der deutschen Hersteller auf lange Sicht empfindlich zusetzen.

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