HSH Nordbank:Vier Millionen Euro Steuergeld, einfach weg

Dirk Jens Nonnenmacher, Ex-Chef der HSH Nordbank, darf seine millionenschwere Abfindung behalten, selbst wenn er wegen Untreue oder Bilanzfälschung verurteilt würde. Schuld ist ein lax formulierter Aufhebungsvertrag nach seinem unfreiwilligen Rückzug.

Kristina Läsker

HSH-Nordbank-Untersuchungsausschuss - Nonnenmacher

Dirk Jens Nonnenmacher musste die HSH Nordbank auf Druck der Mehrheitseigner, der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, verlassen.

(Foto: dpa)

Der frühere Chef der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, darf seine millionenschwere Abfindung behalten, selbst wenn er wegen Untreue oder Bilanzfälschung verurteilt werden würde. Das ergeben Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des Radiosenders NDR Info. Der 49-jährige Mathematikprofessor hatte die HSH 2011 auf Druck der Eigentümer verlassen müssen.

Die Bank gehört zu 85,4 Prozent den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Was pikant ist: Die Länder hatten den Aufsichtsrat unter Leitung von Hilmar Kopper dazu aufgefordert, in Nonnenmachers Aufhebungsvertrag festzuhalten, dass er bei einer Verurteilung das Geld zurückzahlen müsse. Wie nun bekannt wurde, hat das Gremium diesen Auftrag ignoriert.

Nonnenmacher musste im April 2011 vor Vertragsende bei der Landesbank abtreten, nachdem sich die Skandale gehäuft hatten. Im Zentrum stand eine Sicherheitsfirma, die einem HSH-Banker diverse Kinderpornos untergejubelt und Politiker bespitzelt haben soll. Nonnenmacher musste seinen Posten räumen. Weil dem einstigen Finanzvorstand und späteren Vorstandschef aber kein Fehlverhalten nachgewiesen werden konnte, erhielt er eine Abfindung von knapp vier Millionen Euro. Bereits damals ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn.

Der damalige Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Jost de Jager, hatte deshalb darauf bestanden, dass der Banker die vier Millionen zurückzahlen muss, falls ihm arbeitsrechtliche Pflichtverstöße nachgewiesen werden. Es sei "unverzichtbar", eine Regelung in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen für den Fall, dass "es im Nachhinein zu einer strafrechtlichen Verurteilung" kommen sollte, heißt es in einem Brief des CDU-Politikers vom 12. November 2010 an Aufsichtsratschef Kopper.

Warum der Ex-Chef der Deutschen Bank dem Brief nicht folgte, bleibt unklar. Kopper will sich nicht dazu äußern. Im Norden sorgt der laxe Umgang mit der Abfindung - also mit Steuergeld - für Fassungslosigkeit: "Es kann nicht sein, dass die HSH Nordbank einem Arbeitnehmer Millionen zahlt, wenn diesem Untreue nachgewiesen werden sollte", sagt der Kieler FDP-Politiker Wolfgang Kubicki.

Es gilt als wahrscheinlich, dass es gegen Nonnenmacher und fünf weitere Ex-Vorstände zum Prozess kommt. Im Januar hat die Staatsanwaltschaft der Hansestadt Anklage gegen den kompletten Ex-Vorstand erhoben. Nonnenmacher werden schwere Untreue und Bilanzfälschung vorgeworfen, er widerspricht diesen Vorwürfen. Im Fokus der Anklage stehen dubiose Geschäfte namens Omega 55 aus den Jahren 2007 und 2008. Die Transaktionen mussten mit mehr als 330 Millionen Euro abgeschrieben werden und brachten die HSH in bedrohliche Schieflage. Das Landgericht will zu Jahresbeginn über die Prozesseröffnung entscheiden. Es geht um einen Schaden von 150 Millionen Euro.

"Da wurde eine weiche Gangart gewählt"

Dass Nonnenmacher seine lukrative Abfindung so oder so behalten darf, regelt ein weiterer Passus im Abfindungsvertrag. Demnach müssten dem Manager "wichtige Gründe" zur fristlosen Kündigung "innerhalb von zwei Jahren" nachgewiesen werden, damit er das Geld zurückzahlen muss. Diese Frist wird nun am 15. Dezember 2012 auslaufen.

Bei erfahrenen Arbeitsrechtlern löst der Vertrag Erstaunen aus. "Es wäre rechtlich problemlos möglich gewesen, eine Verurteilung in den Vertrag aufzunehmen und die Frist wegzulassen", sagt Rechtsanwalt Thomas Griebe. Doch womöglich hätten Zeitdruck und frühere vertragliche Ansprüche Nonnenmachers eine entscheidende Rolle gespielt: "Da wurde eine weiche Gangart gewählt", sagt Griebe.

Es sieht danach aus, dass der Aufsichtsrat nichts weiter tun wird, um die Millionen zurückzuholen. Nach Recherchen der SZ hat Oberkontrolleur Kopper im Frühjahr die Anklageschrift von zwei Kanzleien überprüfen lassen. Hierbei sei nichts gefunden worden, woraus sich zusätzliche Kündigungsgründe ableiten ließen, heißt es. Informiert hat Kopper die Länder über diesen Vorgang nicht, was nun in Kiel und Hamburg für Irritationen sorgt. Offiziell will sich keiner der Beteiligten äußern.

Das Ganze kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Erst vor Kurzem war bekannt geworden, dass die Länder die verlustreiche Bank mittelfristig mit bis zu 1,3 Milliarden Euro unterstützen müssen, damit sie nicht pleitegeht. Immerhin verspricht Kopper, dass der Aufsichtsrat nun Maßnahmen ergreifen werde, "um eine mögliche Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen ehemalige Vorstandsmitglieder zu verhindern". Doch dazu dürfte es, wenn überhaupt, erst in vielen Jahren kommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: