HSH Nordbank:Der Zahltag naht

HSH Nordbank

Einst war die HSH Nordbank der weltgrößte Schiffsfinanzierer, nun muss die Landesbank mit Sitz in Hamburg und Kiel privatisiert werden.

(Foto: Carsten Rehder/dpa)

Der Verkauf der HSH Nordbank ist schwierig - wenn er scheitert, droht die Abwicklung. Die Sparkassen feilen bereits an Lösungen für den Ernstfall.

Von Meike Schreiber und Markus Zydra, Frankfurt

Wer sich bei Landesbanken oder Sparkassen umhört, wie es ihrem notorischen Problemfall HSH Nordbank geht, der erhält zwar eine Bandbreite von Antworten, doch im Kern läuft es stets auf die gleiche Aussage hinaus: den Umständen entsprechend, aber nicht besorgniserregend. Ob Helaba-Chef Herbert Hans Grüntker, Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon oder freilich auch HSH-Chef Stefan Ermisch selbst: Sie alle sehen den Verkauf der taumelnden Landesbank "auf gutem Weg", weshalb sich Fragen zum Scheitern des ehrgeizigen Vorhabens "ganz einfach nicht stellen".

Wisch und weg. Es ist der unbeholfene Versuch, das leidige Thema abzuhaken. Während nach außen geschwiegen wird, brodelt es im Inneren des Sparkassen- und Landesbankensektors. Denn scheitert der Verkauf der HSH, müsste mitten im Jahr der Bundestagswahl ein großes Geldhaus abgewickelt werden, womöglich mit Einsatz von Steuergeldern.

Bis Februar 2018 müssen die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ihre Landesbank verkaufen. Sie halten 95 Prozent an der Bank, die örtlichen Sparkassen den Rest. Den Verkauf verlangt die EU-Wettbewerbsbehörde. Vor der Finanzkrise hatte sich die HSH als weltgrößter Schiffsfinanzierer feiern lassen, kurz darauf musste der Staat einspringen und die Bank mit Eigenkapital und enormen Bilanzgarantien stützen. Misslingt der Verkauf, muss das Geldhaus abgewickelt werden, so die Anordnung aus Brüssel. Auf die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein kämen dann noch einmal Milliarden an Kosten hinzu.

Bis Ende Juni müssen die Bieter verbindliche Angebote für die Landesbank abgeben

Zum Schwur kommt es bereits in den nächsten Wochen. Seit ein paar Tagen bietet die HSH Nordbank Kaufinteressenten Einblick in die Bücher. Bis Ende Juni müssen die Bieter, es handelt sich vor allem um Finanzinvestoren, wie den Private-Equity-Fonds Apollo und Interessenten aus der Ferne, wie den chinesische Mischkonzern HNA, verbindliche Gebote abgeben.

"Der Prozess ist sehr schwergängig, die Chance, dass es klappt, liegt bei fünfzig-fünfzig", sagt einer, der den Verkauf wohlwollend begleitet, aber dennoch hohe Hürden sieht: So müssen die Bieter am Ende sowohl den Bankaufsehern als auch der EU-Kommission erklären, wie sie die Landesbank dauerhaft auf Trab bringen können. Das jedoch ist schwierig, zumindest solange die Zinsen so niedrig sind und klassisches Bankgeschäft kaum möglich ist. In der Vergangenheit jedenfalls kam die HSH mit der Finanzierung von Schiffen und Firmen selten auf einen grünen Zweig.

Und es gibt noch ein weiteres, bislang wenig beachtetes Problem: Sobald die HSH private Eigentümer hat, muss sie in den Haftungsverbund des privaten Bankenverbandes wechseln. Das ist nicht unmöglich, aber zumindest schwierig. "Die privaten Banken wollen ja nicht für die Fehler der öffentlich-rechtlichen haften", sagt ein Banker aus dem öffentlichen Lager. Eine Bank, die keinem Haftungsverbund angehört, gilt als aussätzig, weil alle Kreditinstitute dort vertreten sind. Das heißt: Ohne Mitgliedschaft bekäme die Bank bei der Refinanzierung ihrer Geschäfte enorme Schwierigkeiten.

Die Sparkassen sind zusätzlich unter Druck, weil neue Gesetze gelten: Bei einer Bankenabwicklung sollen die Gläubiger mithaften. Eine solche Haftung - so gut das in der Theorie klingt - wäre ein Schock für die Anleger und würde über die HSH hinaus wohl ein Beben an den Finanzmärkten auslösen. Mehr noch: Betroffen wären nicht nur Profianleger aus Übersee, sondern auch ganz normale Sparkassenkunden. Ihnen hatten die Sparkassen die vergangenen Jahre HSH-Zertifikate im Wert von sieben Milliarden Euro verkauft. Die warfen gute Zinsen ab, würden im Zuge einer Bankenabwicklung jedoch ihren Wert verlieren. Als die Bank im April neue Anleihen dieser Art ausgab, warnte Gabriele Schmitz von der Hamburger Verbraucherzentrale. "Die Schuldverschreibungen bergen schwer einschätzbare Risiken."

Eine Abwicklung der HSH Nordbank hätte also schlimme Konsequenzen. Auch wenn offiziell noch beschwichtigt wird: Bei den Sparkassen reift daher nach Informationen aus Aufsichtskreisen und dem Sparkassenlager längst ein Alternativplan für den Fall, dass der Verkauf scheitert. Dazu muss man wissen, dass zwar eigentlich die Länder als Mehrheitseigner in der Pflicht sind, aber Landesbanken und Sparkassen ihren Kunden versprochen haben, dass kein Institut aus ihrer Familie jemals pleitegeht. Diese "Institutssicherung" ist den Sparkassen heilig, hilft sie ihnen doch im Wettbewerb um die Sparer, die sich dort vermeintlich sicherer fühlen als woanders.

Greifen könnte diese Institutssicherung aber, wenn die HSH abgewickelt werden muss. "Doch das Geld aus dem Sicherungsfonds dürfte da kaum reichen, und freiwillig werden die Sparkassen kein Geld zuschießen", heißt es in Bankenaufsichtskreisen. Intern hat bereits ein heftiges Tauziehen begonnen. So gibt es etwa den Vorschlag, dass nur jene Sparkassen im Ernstfall für die HSH zahlen sollen, die mit ihr Geschäfte gemacht haben, nicht aber jene Sparkassen, die mit anderen Landesbanken zusammenarbeiten. Das zeigt, wie ernst die Sparkassen das Thema nehmen.

Über die unmittelbare Belastung hinaus gibt es noch eine politische Dimension, die mit bedacht werden muss: Es geht um ein kostbares Privileg, das die EU-Kommission ohnehin argwöhnisch betrachtet. Bislang müssen Sparkassen und Landesbanken Kredite untereinander nicht mit einem Verlustpuffer absichern, weil sie füreinander haften. Damit diese Besonderheit nicht gestrichen wird, erwägt der Sparkassenverband DSGV, deshalb im Ernstfall über eine Erwerbsgesellschaft die HSH Nordbank selbst zu übernehmen und die Verluste gut dosiert über viele Jahre hinweg abzuschreiben, heißt es in Aufsichtskreisen. Der Verband sagte, er wolle sich zu den Spekulationen nicht äußern.

Wenn es dazu käme - es wäre nicht ohne Vorbild: Auch die Düsseldorfer West-LB wurde 2011 teilweise von der Sparkassengruppe aufgefangen.

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