Hotelportal geht offline:Zimmer frei

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Das Berliner Start-up Hipaway startete vor knapp einem Jahr mit einer pfiffigen Idee: Reisende sollten blind ein Hotel in einer bestimmten Stadt buchen und dafür einen Rabatt erhalten. Das schonte auch die Nerven von Hotelmanagern. Mit der Buchung ins Ungewisse ist jetzt erstmal Schluss.

Von Michael Kuntz

Die Häuserviertel am Rosenthaler Platz in Berlin Mitte haben die wohl höchste Dichte an jungen Unternehmen in Deutschland. Etwa 300 Start-ups siedeln im Umfeld des Café Sankt Oberholz, in dem sich die digitale Boheme der Hauptstadt wärmt. Die meisten hier machen was im Internet. Es ist die Gegend der Träume von einem deutschen Apple - aber auch der Albträume vom schnellen Scheitern noch vor dem großen Geldverdienen.

Ein Start-up hier an der Ackerstraße ist jetzt am Ende, zumindest vorübergehend: Hipaway stellt den Geschäftsbetrieb ein. Der Hotelvermarkter versuchte knapp ein Jahr lang, sich neben Portalen wie HRS und Booking in einem umkämpften Markt zu etablieren - vergeblich. Vom Internet-Auftritt in gediegenen kaffeebraunen Farbtönen bleibt nur eine Seite mit der "Bekanntmachung". Es sei zur Zeit leider nicht möglich, den Service Hipaway.com weiter anzubieten. An diesem Donnerstag kam das zumindest vorläufige Aus für ein Geschäftsmodell, das auf Messen und bei Tagungen in der Hotellerie für lebhafte Diskussionen gesorgt hatte.

Hotelgäste sollten ihre Unterkunft blind buchen und dafür einen hohen Rabatt erhalten. Auf dem Portal konnte der Kunde Stadthotels reservieren, deren ungefähre Lage bei der Beschreibung im Internet zu sehen war. Den Namen erfuhr er aber erst nach der Buchung. Durch die späte Nennung des Namens sollten die Nerven von Hotelmanagern geschont werden, die es nicht unbedingt öffentlich zugeben wollten, wenn sie ein für 230 Euro annonciertes Zimmer auch schon mal für rund 100 Euro weggeben. Angesichts hoher Fixkosten im Hotelbetrieb kann so etwas betriebswirtschaftlich sinnvoller sein, als das Zimmer leer stehen zu lassen. Das droht oft, jedenfalls zu Zeiten ohne Messen und andere Großveranstaltungen.

Bundesweit sind höherwertige Hotels mit drei und mehr Sternen oft nur zu 60 Prozent ausgelastet, jedenfalls über das ganze Jahr gesehen. So weit die Theorie. In der Praxis konnte sich Hipaway mit dem Konzept nicht durchsetzen. Ziemlich genau ein Jahr lang haben die drei Gründer es versucht.

Nun schaltet Hipaway sein Portal ab und trennt sich von der Belegschaft mehr oder weniger komplett. Zeitweise arbeiteten 35 Leute für die Hotelvermittlung. Bis auf zwei seien alle mit neuen Jobs versorgt, wobei man in dem einen oder anderen Fall auch habe helfen können, versichert Adrian Graf, der verbliebene von den ursprünglich drei Geschäftsführern.

Neuanfang ist nicht ausgeschlossen

Ausschlaggebend für die Einstellung des Geschäftsbetriebes zum jetzigen Zeitpunkt sei ein schwelender Rechtsstreit mit einem amerikanischen Unternehmen gewesen, das einen recht ähnlichen Namen trage. Graf betont, dass es nun Sache der Investoren sei, eventuell mit einer neuen Mannschaft einen Neuanfang zu wagen.

Dabei hatte alles ganz locker begonnen. Nach dem Start als "Deutschlands am schnellsten wachsendes Online-Travel-Unternehmen" im vorigen Sommer schien Ende November eine Finanzspritze den weiteren Ausbau von Hipaway abzusichern. Geld gab es von Kizoo Technology Ventures in Karlsruhe sowie der Master Hedge Kapitalanlagegesellschaft in Frankfurt.

Zum Gründen von Unternehmen gehört die Möglichkeit des Scheiterns. Hipaway steht da nicht allein. So wurde in diesem Jahr schon einigen Gründungen der Netzstecker gezogen. Die soziale Internet-Gemeinschaft SchülerVZ wurde Ende April eingestellt, nach immerhin sieben Jahren. Der Bilder-Marktplatz Pictorama ging im Februar offline, mangels Nachfrage. Auch Givanto, eine Plattform, die Mitarbeitern eines Unternehmens Vergünstigungen bei bestimmten Händlern vermitteln wollte, verschied noch im ersten Lebensjahr. Bundesweit gibt es jährlich 9000 Unternehmensgründungen. Die Geldgeber kalkulieren dabei oftmals so: Etwa ein Drittel kann sich mit seiner Geschäftsidee nicht durchsetzen, ein weiteres Drittel kommt knapp über die Runden, und höchstens bei einem Drittel lässt sich eine Rendite erzielen - eine im Einzelfall dann allerdings unter Umständen recht hohe.

Hipaway-Gründer Adrian Graf ist noch keine Dreißig und einer, der nicht so schnell aufgibt: "Erst mal durchatmen." Dann will er neu starten - wieder im Travelbereich.

© SZ vom 05.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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