Honorarverhandlungen mit den Kassen:Ärzte fordern ein Viertel mehr

Wie arm sind Ärzte? Niedergelassene Mediziner und Krankenkassen ringen wieder ums Geld. Die einen wollen fünf Milliarden mehr, die anderen mauern - und am Ende könnte es für die Versicherten teuer werden.

  • Am Mittwoch beginnen die Honorarverhandlungen der niedergelassenen Ärzte mit den Kassen. Die Ärzte fordern vor allem höhere Einkommen und Festpreise für ihre Leistungen. Kosten: etwa fünf Milliarden Euro.
  • Die Krankenkassen rechnen dagegen vor, dass die Einkommen der Ärzte in den vergangenen Jahren bereits deutlich gestiegen sind.

Das fordern die Ärzte

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hält sich bisher noch mit detaillierten Ansprüchen zurück. Die Organisation der Mediziner geht aber von einer "Finanzierungslücke" von etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr im gesamten Gesundheitssystem aus. Mehr als die Hälfte dieser Summe entfällt auf den Anspruch der niedergelassenen Ärzte, um auf ein "kalkulatorisches Oberarztgehalt" zu kommen. Dieses liege, rechnet man die unterschiedlichen Arbeitszeiten in Praxen und Krankenhäusern heraus, derzeit bei 133 000 Euro, sagt die KBV. Grundlage der derzeitigen Honorierung der Kassenärzte sei aber ein Wert von etwa 105 000 Euro. Diese Lücke müsse nun geschlossen werden, fordert der Verband. Kosten würde das wohl etwa drei Milliarden Euro pro Jahr.

Zudem fordern die niedergelassenen Ärzte, das System der Leistungsabrechnungen schrittweise umzukrempeln. Statt wie bisher pro Diagnose ein bestimmtes Honorar-Kontingent zur Verfügung zu haben, wollen sie für jede Behandlung einen Festpreis von den Kassen. Sonst würden Ärzte, wenn sie über ihr Budget hinaus Patienten behandelten, de facto in einem Teil der Fälle "umsonst" arbeiten. Das treffe bereits auf zehn Prozent der Leistungen zu, argumentiert KBV-Chef Andreas Gassen. Zudem habe es seit 2008 keine Honoraranpassung mehr gegeben. Würde die Forderung der Ärzte erfüllt, könnten etwa 2,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten pro Jahr auf das Gesundheitssystem zukommen.

Das fordern die Kassen

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) lehnt die Gehaltsverhandlungen der niedergelassenen Ärzte rundheraus ab. Den aktuellen Daten des Statististischen Bundesamts zufolge kam jeder Praxisinhaber 2011 im Durchschnitt auf einen Reinertrag - Vorsteuereinnahmen nach Abzug der Aufwendungen - von 166 000 Euro im Jahr. Im Vergleich zu 2007 sei das ein Plus von 17 Prozent. Damit übersteige das Einkommen der niedergelassenen Ärzte das der Krankenhaus-Kollegen bereits deutlich. In dieser Zahl sind allerdings unter anderem Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten und sogenannte Igel-Leistungen enthalten, die von den Patienten aus eigener Tasche gezahlt werden. Den Reintertrag allein aus Kassenleistungen weisen die Statistiker nicht aus.

Das bisherige Budget-System zu ändern lehnen die gesetzlichen Kassen ebenfalls ab. Sie fürchten, dass über die ohnehin absehbaren Mehrkosten hinaus weitere Ausgaben anfallen würden - weil die Ärzte ohne Obergrenze mehr und intensiver behandeln würden.

So geht es weiter

Am Mittwoch treffen sich beide Seiten erstmals zu direkten Verhandlungen über die Finanzausstattung der Praxen. Eine zweite Runde soll eine Woche später folgen, am 27. August. Mit einer Einigung beider Seiten rechnen Beobachter nicht vor Ende September. Dann wird sich zeigen, wie teuer diese am Ende für das Gesundheitssystem wird - und damit für die Beitragszahler.

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