Honorarstreit der Ärzte:Zahlreiche Praxen bleiben trotz Einigung geschlossen

Kassen und Ärzte haben sich im Honorarstreit geeinigt - doch zahlreiche Praxen bleiben trotzdem geschlossen. Etwa 30.000 Mediziner und Praxismitarbeiter wollen weiterhin auf die Straße gehen, da sie ihre Ziele noch nicht verwirklicht sehen. Kassenvertreter kritisieren den Ausstand scharf.

Kassenärzte und Krankenversicherungen haben nach wochenlangen Verhandlungen ihren Honorarstreit beigelegt - trotzdem wollen einige Mediziner ihre Praxen aus Protest geschlossen halten.

Ungeachtet der Einigung wollen etwa 30.000 Mediziner und Praxismitarbeiter am Mittwoch auf die Straße gehen. Wie ein Sprecher der Allianz deutscher Ärzteverbände sagte, sind im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags in mehr als 30 Orten Kundgebungen vor örtlichen Zweigstellen der Krankenkassen geplant, darunter in Berlin, Düsseldorf und München. Vielerorts sollen Praxen ganz oder teilweise geschlossen bleiben. Zu dem Aktionstag unter dem Motto "Praxis ohne Mitarbeiter" haben mehr als 30 freie Ärzteverbände aufgerufen.

Auch der Bayerische Facharztverband hat trotz der Einigung zu weiteren Protesten an diesem Mittwoch aufgerufen. "Unabhängig vom Ausgang der gestrigen Honorarverhandlungen sehen wir unverändert die wahren Ziele der Proteste in der Durchsetzung fester, angemessener Preise", sagte Verbandssprecher Wolfgang Bärtl. Ihr Protest werde weitergehen.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatten sich am Dienstagabend nach langen Verhandlungen auf einen Anstieg der Honorare um 1,15 bis 1,27 Milliarden Euro im kommenden Jahr für rund 150.000 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten geeinigt.

Krankenkassen kritisieren Ärzte scharf

AOK-Chef Uwe Deh hat die geplanten Praxisschließungen scharf kritisiert. Die freien Ärzteverbände schadeten damit vor allem den Patienten, die auf eine reibungslose Versorgung angewiesen seien, sagte Deh. "Jeder, der jetzt meint, weiter auf Protest und Verunsicherung der Menschen setzen zu müssen, ist auf dem falschen Weg." Wichtig sei umso mehr, "dass die, die am Verhandlungstisch sitzen, zu einer Einigung gekommen sind".

Der unabhängige Schlichter Jürgen Wasem kündigte eine Stärkung der Grundversorgung bei Haus- und Fachärzten an. Bis zum Jahreswechsel solle ein Papier mit neuen Leistungen im Gesamtwert von 250 Millionen Euro ausgearbeitet werden. Zudem sollen Psychotherapien sowie die probatorischen Sitzungen bei Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärzten künftig außerhalb des Budgets direkt von den Krankenkassen bezahlt werden.

Wasem bezifferte den Gesamtwert der Honoraranhebung auf einen Betrag zwischen 1,15 und 1,27 Milliarden Euro. Die Kassenärzte hatten einen Honorarzuschlag um elf Prozent oder 3,5 Milliarden Euro verlangt. KBV-Chef Andreas Köhler sprach dennoch von einem Kompromiss, der für die Versicherten Gutes bewirke.

Johann-Magnus von Stackelberg, Vizepräsident des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) stellte in Aussicht, die Grundversorgung der Versicherten mit neuen Leistungen zu erweitern. Konkretere Angaben werden am 22. Oktober erwartet, wenn die Spitzengremien von KBV und GKV das jetzt paraphierte Eckwertepapier offiziell beschließen sollen.

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