Hollywood:Das Netz der Traumfabrik

Hollywood: Leonardo DiCaprio, Robert De Niro und Martin Scorsese (von links) werben für ein Casino in Macau.

Leonardo DiCaprio, Robert De Niro und Martin Scorsese (von links) werben für ein Casino in Macau.

(Foto: Philippe Lopez/AFP)

Star-Regisseur Martin Scorsese hat einen 70-Millionen-Dollar-Kurzfilm gedreht. Er will zeigen, wie Hollywood funktioniert - und macht vor allem Werbung für ein Casino.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Am Ende stehen Leonardo DiCaprio und Robert De Niro ziemlich bedröppelt in einem Hotel in Japan. Da haben sie sich ordentlich zum Affen gemacht, um eine Rolle im neuen Film von Martin Scorsese zu bekommen: DiCaprio hat in einem Casino erfolglos so getan, als könne er Blackjack spielen, De Niro hat ebenso erfolglos versucht, Champagner in eine Pyramide aus Glaskelchen zu kippen.

Nun sehen sie aus wie zwei Spinnen, denen eine fette Fliege durchs Netz geflogen ist: Der Regisseur vergibt die Rolle an Brad Pitt. Der sieht zwar wunderbar aus, hat aber ganz offensichtlich keine Ahnung, wen er da überhaupt verkörpern soll.

13 Millionen Dollar sollen die Stars in einer Woche verdient haben

So läuft das manchmal in Hollywood, das ist die Botschaft des satirischen und selbstreferenziellen Kurzfilms "The Audition" von Scorsese, der gerade bei der Eröffnung eines 3,2-Milliarden-Dollar-Casinos in Macao gezeigt wurde. Scorsese, DiCaprio und De Niro standen dabei brav auf der Bühne und lächelten in die Kameras.

Studio City heißt das Casino, es soll an die Traumfabrik in Los Angeles erinnern, der Film passt dazu wie Chips auf den Roulettetisch. 70 Millionen Dollar soll die Produktion des nun wahrlich nicht weltbewegenden und nicht einmal besonders witzigen 15-Minuten-Streifens gekostet haben. Die Entstehung ist ein herrlicher Beleg dafür, wie das manchmal funktioniert beim Geschäftemachen in Hollywood.

Für ihr Mitwirken sollen Scorsese, De Niro, DiCaprio und Pitt jeweils 13 Millionen Dollar erhalten haben, obwohl die Dreharbeiten ausschließlich in New York stattgefunden und nicht einmal eine Woche lang gedauert haben.

"Das ist die beste Marketingkampagne der Welt", sagt der australische Unternehmer James Packer, der am Casino beteiligt ist und den Film mitfinanziert hat. Er wollte die Produktionskosten nicht bestätigen, dementierte sie jedoch auch nicht: "Meine Firma zahlt die Hälfte, die meines Geschäftspartners zahlt die andere Hälfte - und das über drei Jahre. Wenn die Zahlen also stimmen, dann reden wir über ein bisschen mehr als elf Millionen Dollar pro Jahr für jeden. Wenn man es so betrachtet, dann ist es plötzlich nicht mehr so viel."

15 Minuten Werbung für ein Casino in Macau

Derzeit wird der Film in Kinos in Hongkong gezeigt - je nach Betrachtungsweise als Vorfilm oder 15 Minuten dauernde Werbung für das Casino, er soll bald auch in Sälen auf dem chinesischen Festland laufen.

Alle anderen können den Streifen im Internet sehen. Wer verstehen will, wie das manchmal läuft in Hollywood, der muss dieses Netz betrachten, das da ständig neu in der Stadt gesponnen wird und zeigt, wer mit wem verbunden ist.

Ein Spinnfaden führt zu James Packer. Der ist gemeinsam mit dem chinesischen Unternehmer Lawrence Ho an der Firma Melco Crown Entertainment beteiligt, Mehrheitseigner des gerade eröffneten Casinos.

Packer, 48, ist aber auch das "Pac" im Namen der amerikanischen Filmfinanzierungsfirma RatPac Entertainment. Die finanzierte seit Dezember 2013 die Projekte von Brad Pitts Produktionsfirma Plan B - Packer und Pitt sind also Geschäftspartner.

Von Packer führt auch ein Faden zu De Niro: Der hat Anfang des Jahres ein Nobu-Hotel in Packers 720-Millionen-Dollar-Resort auf den Philippinen eröffnet - mittlerweile hat sich Packer für 100 Millionen Dollar an De Niros Firma beteiligt.

Von De Niro führen mehrere Fäden zu Scorsese. Er hat 1980 einen Oscar gewonnen für seine Rolle im Film "Raging Bull", Regisseur: Martin Scorsese. Für "Taxi Driver" (1976) war er nominiert, Regisseur: Scorsese.

Der ist natürlich innig mit DiCaprio verbunden, er führte Regie bei "The Aviator" und "The Wolf of Wall Street", für die der Schauspieler jeweils für einen Academy Award vorgeschlagen wurde. Auch DiCaprio und De Niro sind verbandelt, sie standen bereits 1993 im Film "This Boy's Life" gemeinsam vor der Kamera.

Es geht vor allem um den Einstieg in den chinesischen Markt

Das Drehbuch zu "The Wolf of Wall Street" hat übrigens Terence Winter geschrieben - nun verantwortlich für das Skript zu "The Audition". Um das Netz zu komplettieren, ist es hilfreich zu wissen, dass der Kurzfilm von Brett Ratner produziert wurde, dem "Rat" in RatPac Entertainment und damit einer von Packers wichtigsten Geschäftspartnern. Und dass bei der Eröffnung des Casinos in Macao auch Sängerin Mariah Carey dabei war - seit wenigen Monaten Packers Freundin.

Genau deshalb geht es in diesem Film überhaupt nicht um Werbung für ein Casino, auch nicht um ein Kunstwerk von Scorsese. Es geht vor allem um den Einstieg in den kniffligen chinesischen Filmmarkt.

"Wir wollen in China etwas aufbauen", sagt Packer: "Dieser Film ist eine Demonstration unserer größten Stärke: Wir bringen kreative Menschen zusammen."

Die wahre Botschaft dieses Films ist aber: So funktioniert Hollywood! Wer in diesem Netz hockt, kann sich darauf verlassen, immer wieder mit fetten Fliegen gefüttert zu werden.

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