Hochzeiten:So heiratet die Welt

Viele Länder haben bemerkenswerte Hochzeitstraditionen. Einblicke auf Hochzeitsfeste in aller Welt.

Von SZ-Autoren

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Indien

Mass wedding on Akshaya Tritiya in Mumbai

Quelle: dpa

Bei den Superreichen reitet der Bräutigam bisweilen auf einem Schimmel zur Auserwählten. Aber das ist die Ausnahme. Zwar sind in Indien Hochzeiten von Region zu Region unterschiedlich. Aber gemein ist ihnen, dass sie etwa eine Woche dauern und die letzten drei Tage den Höhepunkt bilden. Geladen sind Hunderte oder Tausende Gäste. Sie tragen farbenprächtige Kostüme, die Frauen Saris; ein Orchester spielt traditionelle Musik, rings umher ein Blütenmeer. Soweit die Fassade. Die Familie der Braut zahlt (noch) fast alles und verschuldet sich oft, um die Tochter zu verheiraten. Die Mitgift ist meist Gold oder Eigentum. Das Paar hat ein volles Programm: Zeremonien, Prozessionen und Empfang der vielen Gäste. In einer arrangierten Heirat lernen sich die Elternpaare meist erst jetzt kennen. Anschließend steigt die erste größere Feier, mit Festessen, das auf Bananenblättern serviert und mit den Fingern verzehrt wird. Die Zeremonien gehen fürs Brautpaar am nächsten Morgen, bisweilen um vier Uhr, weiter. Es ist ihr Hochzeitstag! Ein Astrologe hat den Glück verheißendsten Zeitpunkt für die Vermählung festgelegt. Ein Hindupriester entzündet ein kleines Feuer, das die Gottheit und den wichtigsten Trauzeugen Agni symbolisiert. Schließlich legt der Bräutigam der Braut eine goldene Mangal Sutra, die reich verzierte Ehekette, um den Hals. Die Gäste speisen noch und verabschieden sich dann. Die Zeremonien der Familien gehen weiter. Foto: dpa

Michael Kläsgen

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Polen

Brautpaar macht Seifenblasen, vor der Marienkirche, Krakau, Polen, Europa Copyright: imageBROKER/Art

Quelle: imago/imagebroker

Wodka, so könnte man meinen, ist immer eine billige Lösung, und eine ehrliche. Er braucht keine wohltemperierten Lagerräume, sondern maximal einen Kühlschrank. Er wird runtergekippt, ohne dass sich die Gelegenheit für snobistisches Geschnüffel am Glas ergibt. Und dem Getreide, aus dem er gemacht wird, ist es völlig egal, ob es in exklusiver Hanglage heranwächst oder nicht. Dass polnische Brautpaare dennoch auf Wodka sparen, liegt schlicht an der Menge, die sie für eine Hochzeit bereithalten müssen. Einen Rausch wollen nämlich nicht nur die Gäste, sondern auch Nachbarn und Passanten. Landhochzeit - das klingt romantisch, und heißt in Polen häufig, dass die Dorfbewohner mittrinken. Kommt das Brautpaar vorgefahren, werden Straßensperren errichtet. Nach Übergabe einiger Flaschen Wodka werden sie wieder weggeräumt. Damit das Ganze festiver wirkt, sind die Flaschenhälse mit bunten Schleifchen geschmückt. Wenn das Fest dann beginnt, ist es mit dem Wodka natürlich längst nicht vorbei. Jeder Tisch hat sein eigenes Weidenkörbchen, in dem die Flaschen bereitliegen. Im Vergleich mit einer Bier- oder Weinhochzeit nimmt so eine Schnapshochzeit deutlich entschiedener an Fahrt auf. Es stellt sich weniger eine Bräsigkeit als ein gewisser Wahnsinn ein. Damit nicht alles völlig außer Kontrolle gerät, gibt es eine Regel: Trinke nie allein, stoße immer auf die junge Ehe an. Kluge Brautpaare investieren dafür in den nötigen Vorrat. Foto: Imago

Nadia Pantel

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Spanien

Japanese flamenco student Kubo serves sushi to guests as she works for Japanese catering company during a Spanish wedding near Seville

Quelle: Marcelo del Pozo/Reuters

Eine Hochzeit in Spanien, das sind mindestens 150 Gäste, und sie kostet mindestens so viel wie ein neuer Kleinwagen. Zum Glück aber gibt es die Tradition der Kostenrückerstattung durch die Gäste, und wenn die großzügig sind, springt für die Familien der Frischvermählten sogar ein kleines Plus heraus. Die drei Männer des Abends, Bräutigam, sein Vater und sein Schwiegervater, begeben sich nämlich von der Hochzeitstafel in die Schar der Gäste - und sammeln Geld. Natürlich betteln sie nicht, vielmehr ist das Ganze ein gediegenes Ritual. Sie überreichen jedem der männlichen Gäste mit einem Spruch ein Geschenk, beliebt sind exklusive Zigarren von den Kanarischen Inseln. Als Gegenleistung bekommen sie einen gefütterten Umschlag in die Hand gedrückt, meist aus Büttenpapier. Darin sollten Geldscheine knistern. 100 Euro werden von entfernteren Verwandten und Berufskollegen erwartet, bei der näheren Verwandtschaft deutlich mehr. Die Umschläge liegen, sauber beschriftet, schon vor Beginn des Hochzeitsmahls gewissermaßen als Tischkarten auf den Gedecken. So kann keiner dieser pekuniären Pflicht entgehen. Überdies weiß das junge Paar dann genau, wie viel jedem einzelnen Gast die Teilnahme an diesem "schönsten Tag des Lebens" wert war. Während die Männer also die Umschläge einsammeln, machen Braut, Mutter und Schwiegermutter ihre Runde, um an die weiblichen Gäste meist eine Blume zu verteilen. Foto: Reuters

Thomas Urban

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Italien

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Quelle: AFP

Wer in Online-Shops nach Mandeln in Ein-Kilo-Beuteln sucht, wird von den Algorithmen der Seite sofort einer ganz bestimmten Kategorie Mensch zugeordnet. In der Kategorie "Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch" tauchen neben Gojibeeren, Chia-Samen und weiterem sogenannten "Superfood" auch Diät- und Gesünder-leben-Bücher auf. Was der Einkäufer in dieser Liste hingegen nicht findet: Blumenbouquets, blaue Strumpfbänder, Tüll-Schleier. Dinge, die bei einer Hochzeit mindestens genauso wichtig sind wie Mandeln. Zumindest bei einer italienischen. Dort werden den Hochzeitsgästen beim Abschied weiß glasierte "Zuckermandeln" in einer ziervollen Figur oder einem Döschen aus Porzellan, der sogenannten Bomboniera, überreicht. Letztere spielt aber nur eine Nebenrolle, das Hauptpräsent sind die Mandeln: Fünf Stück bekommt jeder Gast, keine mehr und keine weniger. Das hat symbolische Gründe - sie stehen für die fünf Wünsche, die in Italien traditionell an Hochzeitspaare gerichtet werden: Gesundheit, Wohlstand, Glück, Fruchtbarkeit und ein langes Leben -, aber auch finanzielle. Das Kilo Mandeln kostet im Großhandel gut 15 Euro, die bittersüßen, größeren Hochzeitsmandeln sind mit gut 20 Euro deutlich teurer. Mit einem Kilo dieser Mandeln kommt man auf gerade einmal 35 Geschenke, und da die Italiener gerne einladen - 200 Gäste sollten es schon sein -, gehen die Präsente dann doch ganz schön ins Geld. Foto: AFP

Vivien Timmler

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Iran

IRAN WEDDING

Quelle: AP

Die Goldmünzen gibt es noch immer. Auch bei den Hochzeiten der Teheraner Oberschicht - gebildet, aufgeklärt, westlich geprägt - werden sie an die Braut verschenkt. Von den Gästen, vom Bräutigam, von den Eltern des Bräutigams. Ein substanzieller Teil des Familienvermögens wird so an das junge Paar übertragen. Was ursprünglich den Zweck hatte, Witwen abzusichern, weil diese nach islamischem Recht nur einen geringen Anspruch auf das Erbe ihres verstorbenen Ehemanns haben, wird in diesen Kreisen pragmatisch umgedeutet: Die sogenannte Morgengabe ist zuweilen so hoch, dass der Bräutigam es sich nicht leisten kann, sie zu verlieren. Das schützt die Braut vor Überraschungen: Es soll nämlich schon vorgekommen sein, dass der aufgeklärteste Mann seiner Frau nach der Hochzeit verbietet, zu arbeiten, zu studieren, zu reisen, die Kinder zu sehen, oder was immer ihm sonst einfällt. Das Recht hat er dabei auf seiner Seite, die Frau ist wehrlos. Wäre da nicht das Gold, das Waffengleichheit herstellt, weil die Braut jederzeit Zugriff darauf hat. Ein Ärgernis bleibt: Da ein großes Geschenk großes Ansehen bedeutet, muss jede Goldmünze einzeln überreicht werden. Begleitet von einem Schwall guter Wünsche für das Paar und bezeugt von allen anwesenden Gästen. Und weil es von denen viele gibt, kann die Sache ein paar Stunden dauern. Erstaunlich, wie langweilig es sein kann, ein kleines Vermögen geschenkt zu bekommen. Foto: AP

Malte Conradi

© SZ/jasch
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