Heirat:Hochzeit - der teuerste Tag des Lebens

Heirat: Es ist so weit: Hier wird bald gefeiert. Ein Garten ist perfekte Ort zum Heiraten - wenn nur das Wetter mitspielt.

Es ist so weit: Hier wird bald gefeiert. Ein Garten ist perfekte Ort zum Heiraten - wenn nur das Wetter mitspielt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Heiraten in Deutschland wird immer kostspieliger - für das Paar, aber auch für die Gäste. Warum das so ist - und wie es in anderen Ländern aussieht.

Von Lea Hampel und Felicitas Wilke

Auf der Internet-Plattform Ebay gibt es derzeit 3080 weiße Hochzeitskleider in Größe 38. Sie kosten bis zu 1500 Euro, die meisten stehen in der Rubrik "neu ohne Etikett". Es gibt Varianten mit "A-Linie", Herzausschnitt und aus Seide, mit Ärmeln oder trägerlos. Das Kleid vom angeblich wichtigsten Tag des Lebens wird in allen Varianten verkauft, um nicht zu sagen: verscherbelt. Wer heute heiratet, diesen Eindruck wird man nicht los, muss schauen, dass er von seinen Ausgaben hinterher so viel wie möglich wieder reinholt.

Eine Ursache für die nachträgliche Monetarisierung könnte sein: Die Deutschen geben immer mehr Geld für ihre Hochzeit aus. Dabei sinkt die Zahl der Eheschließungen langfristig: 385 952 Menschen haben im Jahr 2014 Ja zueinander gesagt, in den 1950er Jahren waren es noch doppelt so viele. Die Ausgaben aber steigen. Branchenanalysen zufolge macht die deutsche Hochzeitsbranche jährlich zwei Milliarden Euro Umsatz. Restaurants und Floristen dürften da noch nicht eingerechnet sein.

Wie viel Geld Paare im Durchschnitt ausgeben, darüber schwanken die Angaben. Das variiert natürlich: Kleidung, Fotograf, Blumen, Ringe und die Bewirtung machen den Hauptteil der Kosten aus. Zwischen 4000 und 10 000 Euro sollen es sein, wenn man diversen Hochzeitsportalen glaubt. Dabei stehen alle Paare vor der gleichen Herausforderung: Ein uraltes Ritual "einmalig und individuell" zu gestalten. Mit diesem Slogan werben Hochzeitsplaner - ein Beruf, der lange nur aus Hollywoodfilmen bekannt war, mittlerweile aber auch in Deutschland von der Industrie- und Handelskammer zertifiziert wurde.

Viele unterschätzen die Kosten für Kleinigkeiten

Hochzeitsplaner organisieren vor allem große Feiern. Melanie Grove betreut zum Beispiel in München Hochzeiten mit einem Aufwand von 10 000 Euro für 80 Gäste bis hin zu Feiern für fast 100 000 Euro - mit steigender Tendenz auch für die Gäste. War früher der 100-Mark-Schein vom Onkel die Ausnahme, sind 50 Euro heute als Geldgeschenk das Minimum.

Eigentlich sei das typische deutsche Paar eher sparsam, sagt Grove. Sich ein klares Budget zu setzen, charakterisiere die Deutschen auch beim Fest aller Feste. Eigentlich. Denn in den vergangenen Jahren hat Grove beobachtet, dass viele Paare mehr ausgeben als anfänglich geplant. Und letztlich kosten auch Hochzeitsplaner etwas, etwa zehn bis 15 Prozent des Gesamtbudgets wollen sie für ihre Dienste.

Aber warum wird der angeblich schönste Tag im Leben allmählich zum teuersten? Zum einen unterschätzen viele schlicht die Kosten für Kleinigkeiten wie Briefmarken, Taxifahrten oder Trinkgeld. Auf vielen Hochzeits-Websites gibt es Ausgabenrechner. Die eigentlichen Gründe für steigende Kosten liegen aber zwischen Hollywood, Marketing und Tradition. Gerade in ländlichen Regionen legen junge Menschen Wert auf christliche Traditionen, sagt Daniel Schuster. Der katholische Pfarrer traut im fränkischen Eggolsheim etwa zehn Brautpaare pro Jahr. Vorbei die Zeiten des nüchternen Gangs zum Rathaus in legerer Kleidung. Es sei üblich, standesamtlich und kirchlich zu heiraten - oft mit großer Feier im Anschluss. "Ich habe bereits Anfragen für Juni 2017", sagt Schuster.

Das Drumherum wird immer größer

Längst geht es auch nicht mehr nur um die Hochzeit selbst. Rundum ist eine Reihe Rituale entstanden: Der Abschied vom Junggesellendasein im Kreise der Freunde, teils mit Reise ins Ausland, und das Frühstück am Morgen nach der Feier sind nur zwei Beispiele.

Vor allem aber steht hinter den höheren Kosten ein idealisiertes Bild vom perfekten Tag - eine Mischung, die sich je nach Sozialisation aus Hollywood, werbelastigen Zeitschriften und Fotos in sozialen Netzwerken generiert. Auch Planerin Grove sieht in der Bilderwelt von der perfekten Hochzeit eine Erklärung für die gestiegene Zahlungsbereitschaft: "Die Seiten auf Instagram oder Pinterest, auf denen es speziell ums Heiraten geht, inspirieren viele Paare", sagt sie. Dies gehe so weit, dass manche Heiratswillige ein Schloss für 10 000 Euro mieten oder 2000 Euro für fünf Minuten Feuerwerk ausgeben.

Als gäbe es eine Gleichung: Je höher die Kosten, desto toller die Hochzeit, desto besser die Ehe. "Manchmal scheint es, als wollen die Paare möglichst alles in einen Tag packen", sagt Pfarrer Schuster. Der kirchliche Segen ist dann ein günstiger Posten. Die sogenannten Stolgebühren für eine katholische Trauung betragen in Bayern 25 Euro. Zudem entstehe Konkurrenzdruck, auch durch soziale Netzwerke. Schuster hat den Eindruck, dass sich in manchen Freundeskreisen "die Erwartungen bei jeder weiteren Hochzeit immer höher schaukeln". Es gelte, die vorige Hochzeit zu toppen.

120 Euro

... plus Anfahrtskosten sind der durchschnittliche Startpreis für ein Dutzend weiße Tauben, die das Paar bei der Hochzeit fliegen lassen kann. Die Tiere stehen für Frieden und Treue. 600 bis 2000 Euro sollten Frauen für ihr Hochzeitskleid einplanen - schreiben zumindest Beratungsportale.

Die Ringe kosten meist zwischen 2000 und 3000 Euro

Die Versuche, die eigene Hochzeit so einzigartig wie möglich zu gestalten, sind im Idealfall einfallsreich, oft absonderlich, und immer wieder teuer: Der Münchner Goldschmied Karl Pfefferle fertigt seit zehn Jahren Einzelstücke an. Seit etwa sieben Jahren spürt er am Umsatz, dass die Kunden wieder mehr auf Einzigartigkeit und Handwerk setzen. Zwischen 2000 und 3000 Euro sind den Paaren ihre Ringe im Durchschnitt wert, weil die Ringe blieben, wenn die Hochzeitsgesellschaft weg und das Buffet leer sei. "Manche sparen an der Hochzeitsreise, um sich die Ringe leisten zu können", sagt Pfefferle.

Mit Familie und Freunden zu feiern und das Leben zu genießen, funktioniere auch ohne Schnickschnack, meint Pfarrer Schuster. Zu runden Ehejubiläen spricht er oft mit Paaren, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geheiratet haben. "Da stand alles unter dem Vorzeichen der Sparsamkeit, und manche Bräute trugen das Brautkleid der eigenen Mutter oder der Schwester." Trotzdem habe auch diese Generation schöne Feiern und lange Ehen erlebt.

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