Hewlett Packard: Léo Apotheker:Deutscher führt größten IT-Konzern der Welt

Der Computerhersteller Hewlett-Packard will sein Softwaregeschäft ausbauen. Dazu holt er sich den einstigen SAP-Chef Léo Apotheker an die Konzernspitze.

Varinia Bernau, Dagmar Deckstein und Moritz Koch

Als Vorstandsvorsitzender war er zwar erst gescheitert, dafür aber bringt er mehr als 20 Jahre Erfahrung in einem deutschen Softwarekonzern mit: Der frühere SAP-Chef Léo Apotheker wird zum 1. November Chef des weltweit größten Computerherstellers Hewlett Packard (HP). Doch auch auf dem neuen Chefposten wird der 57-Jährige einen alten Rivalen ins Visier nehmen: den Softwarekonzern Oracle.

Leo Apotheker wird HP-Chef

Apotheker findet schmeichelhafte Worte für seinen neuen Arbeitgeber: HP sei ein "ikonisches Unternehmen".

(Foto: dpa)

Der in Aachen geborene Apotheker ist damit einer der wenigen deutschen Manager, die den Sprung an die Spitze eines amerikanischen Großkonzerns schaffen. Dies war zuletzt dem ehemaligen Siemens-Chef Klaus Kleinfeld gelungen, der den Aluminiumkonzern Alcoa führt.

Für seinen neuen Arbeitgeber fand Apotheker schnell schmeichelhafte Worte: Ein "ikonisches Unternehmen" nannte er HP. Noch vor einem Jahr schien der Manager anders über den amerikanischen Konzern zu denken, dessen Angebot von Smartphones über Drucker bis zu digitalen Bilderrahmen reicht, der sich in den vergangenen Jahren aber immer stärker auf IT-Dienstleistungen ausgerichtet hat. Konsumenten wollten keine Unternehmen, die alles aus einer Hand anbieten, sagte er damals. Es sei besser, sich zu spezialisieren.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass sich Apotheker mit dieser Ansicht bei HP durchsetzen wird. Mit seiner breiten Produktpalette ist der Konzern bisher überaus erfolgreich. Der Aktienkurs verdoppelte sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre. Die Nachricht über den Führungswechsel ließ die Aktie allerdings am Freitag um fast drei Prozent sinken.

Knapp 126 Milliarden Dollar Umsatz

Für das laufende Geschäftsjahr hat HP einen Umsatz von bis zu 125,5 Milliarden Dollar angepeilt. Dass sich der Verwaltungsrat dennoch für Apotheker entschied, sagt viel über den Kurs, auf den die Kontrolleure das Unternehmen setzen wollen: HP soll neue Märkte im Softwarebereich erschließen. Dazu passen auch die jüngsten Übernahmen: Der kalifornische Konzern schluckte den Datenspeicherspezialisten 3Par und den Hersteller von Verschlüsselungsprogrammen ArcSight.

Apotheker war im April 2008 als Co-Vorstandsvorsitzender an die SAP-Spitze gerückt, von Mai 2009 an lenkte er für neun Monate allein die Geschicke des Walldorfer Konzerns. Der Ruf eines begnadeten Verkäufers eilt ihm voraus. Nach Analysteneinschätzung könnte dies für HP der größte Gewinn sein. Apotheker und HP haben seit Jahren einen gemeinsamen Gegner: den Softwarekonzern Oracle. Als SAPler stand Apotheker 20 Jahre lang in Rivalität zu Oracle, zuletzt wurde der Wettbewerb immer härter geführt. Oracle verklagte SAP wegen angeblichen Diebstahls von geistigem Eigentum auf eine Milliarde Dollar Schadenersatz. Zuletzt nahmen auch die Spannungen zwischen HP und Oracle zu, vor allem durch den Streit über den langjährigen und erfolgreichen HP-Chef Mark Hurd.

Hurd war bei HP wegen einer Affäre mit einer Marketingmitarbeiterin in die Kritik geraten. Der Verwaltungsrat warf ihm vor, Spesenabrechnungen nicht korrekt ausgefüllt zu haben. Im August trat Hurd zurück. Oracle-Chef Lawrence Ellison machte sich daraufhin über die Kleinlichkeit der HP-Führung lustig und nannte es eine der gröbsten Fehlentscheidungen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte, Hurd verjagt zu haben. Anfang September lotste Ellison Hurd als Co-Präsident zu Oracle.

Die Reaktion kam prompt: HP verklagte Hurd und warf ihm vor, mit seiner Tätigkeit für Oracle gegen Vereinbarungen im Abfindungspaket zu verstoßen. Inzwischen haben sich beide Seiten geeinigt. Doch der Konflikt zwischen Oracle und HP hat gerade erst begonnen: Hurd soll Oracles Geschäft mit Großcomputern, sogenannten Servern, ausbauen. Apotheker wiederum soll HP zum Gegenangriff führen und mit neuen Angeboten für Unternehmenssoftware in das Kerngeschäft von Oracle vordringen. SAP dürfte damit noch stärker unter Druck geraten. Mit Oracle kämpft das Walldorfer Unternehmen erbittert um die Vorherrschaft auf dem Markt für Unternehmenssoftware. Bislang liegt SAP vorn. Die Oracle-Führung verkündet gern, dass SAPs Marktanteile abnehmen, doch aus den Bilanzen lässt sich dies nicht lesen. Seit Ende vergangenen Jahres haben die Geschäfte wieder angezogen. Doch auch SAP dringt längst in neue Bereiche vor: So hat der Konzern in diesem Frühjahr den Kauf des Datenbankspezialisten Sybase verkündet - mit 5,8 Milliarden Dollar die zweitgrößte Übernahme in der Firmengeschichte.

Auch wenn Apotheker viel Wissen und gute Kontakte im Softwaregeschäft mit zu HP bringt: Als alleiniger Chef von SAP hatte er zuletzt immer wieder Kritik auf sich gezogen. So wurde ihm angelastet, er habe die Kunden des Softwarekonzerns aus den Augen verloren. Der Walldorfer Konzern hatte es sich im vergangenen Jahr mit zahlreichen Nutzern verdorben, weil die Wartungsgebühren für die Softwarelizenzen abrupt von 17 auf 22 Prozent des Kaufpreises angehoben werden sollten. Anfang dieses Jahres war der Konzern zurückgerudert, die Gebühren steigen nun über mehrere Jahre an. Das missfiel aber den Aktionären von SAP, weil der Service einen großen Anteil am Ergebnis eines Softwareherstellers hat.

Zu seinem Abtritt bei SAP dürften aber auch die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung beigetragen haben, die auf einer globalen Mitarbeiterversammlung Anfang dieses Jahres bekanntgegeben wurden. Danach sank das Vertrauen der SAP-Beschäftigten in den Vorstand um 15 Prozentpunkte auf nur noch 50 Prozent. Unter Apothekers Ägide waren ein rigoroses Sparprogramm aufgelegt und erstmals in der Konzerngeschichte Mitarbeiter entlassen worden. In einem seiner letzten Interviews mit der Süddeutschen Zeitung hatte Apotheker zugegeben, dass die Kommunikation des Konzerns in vielerlei Hinsicht zu wünschen übrig gelassen habe. Für den Posten bei HP dürfte er seine Lehren daraus geziogen haben.

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