Heiraten:Auf den letzten Drücker

Heiraten: Im Dezember ist es zwar kalt, aber die Steuerregeln in Deutschland überzeugen Paare zum Heiraten.

Im Dezember ist es zwar kalt, aber die Steuerregeln in Deutschland überzeugen Paare zum Heiraten.

(Foto: Mauritius Images)

Im Dezember heiraten in Deutschland viel mehr Paare als in anderen Monaten - trotz Kälte und Nieselregens. Mit gutem Grund: Welche Vorteile es hat, noch kurz vor dem Jahreswechsel zum Standesamt zu gehen und welche nicht.

Von Berrit Gräber

Während der letzten Tage eines Jahres ist der Andrang auf die Standesämter noch einmal groß. Auch wenn das Jawort bei Eiseskälte, Schneetreiben oder im Nieselregen vielleicht unromantisch ist, muss es für viele Paare einfach noch vor Silvester passieren.

Andere Termine wären vom Wetter her zwar besser geeignet, trotzdem zählt der Dezember traditionell zu den beliebtesten Heiratsmonaten in Deutschland. 2015 schlossen mehr als 38 000 Paare auf den letzten Drücker den Bund der Ehe. Im Januar waren es nicht einmal ganz 9500.

Der Grund für das alljährliche Gedränge auf den Standesämtern: Brautleute, die sich rechtzeitig vor Jahresende noch trauen, können rückwirkend fürs ganze Jahr Steuern sparen. "Davon kann sich so manches Paar eine größere Hochzeitsfeier leisten", sagt Christina Georgiadis von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH). Schließen zwei Menschen am Standesamt den Bund fürs Leben, verschmelzen sie - rein steuerlich betrachtet - in der Regel auch vor dem Fiskus zu einer Einheit. Dem Finanzamt ist es egal, wann das Jawort fällt. Dem Brautpaar kann es nicht einerlei sein. Denn: Die "Last-Minute"-Heirat kann häufig einige Tausend Euro Ersparnis bringen, Romantik hin oder her. Selbst wenn die Vermählung erst am 31. Dezember stattfand, gilt das Paar steuerlich rückwirkend seit Jahresanfang als verheiratet. "Das rechnet sich vor allem für Eheleute, die nicht gleich gut verdienen, das ist die Grundregel dabei", sagt Markus Deutsch, Steuerberater und Vizepräsident des Deutschen Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg. Je größer der Gehaltsunterschied, desto mehr zahlt es sich aus. Sind die Einkünfte etwa gleich hoch, tendiert der Steuervorteil gegen null.

Die Steuerklasse kann man jedoch nicht mehr rückwirkend fürs Jahr wechseln

Der Grund dafür ist das Ehegatten-Splitting. So heißt die Methode, wie Finanzbeamte die Einkommensteuer von Verheirateten berechnen - und neuerdings auch die von eingetragenen Lebensgemeinschaften. Dabei wird das Einkommen beider addiert, halbiert und für diese eine Hälfte die Einkommensteuer berechnet. Dann wird die Summe verdoppelt - und heraus kommt die Steuerlast, die ein Paar zahlen muss. Aufgrund des Splittings zahlen beide oft weniger Steuern als es der Einzelne allein müsste. Besonders lohnt sich das für Paare, wenn der eine vergleichsweise viel und der andere wenig verdient. Der Mehrverdiener rutscht so weniger stark in die Steuerprogression, also in die überproportional steigende steuerliche Belastung für höhere Einkommen.

Ein Beispiel: Der Mann arbeitet Vollzeit und verdient 45 000 Euro im Jahr. Seine Partnerin ist teilzeitbeschäftigt und erhält 15 000 Euro. Ohne Eheschließung muss der eine knapp 10 800 und der andere gut 1340 Euro Steuern zahlen (ohne Soli und Kirchensteuer), wie der VLH vorrechnet. Heiraten sie jetzt noch zum Jahresende und lassen sie sich als Ehepaar 2016 zusammen veranlagen, drücken sie ihre Steuerlast mithilfe des Splittings um 1000 Euro. Ist der Verdienstunterschied zwischen den Partnern noch größer, fällt die Ersparnis noch deutlicher aus - und umgekehrt. Vorteilhaft ist außerdem, dass zusammen veranlagte Eheleute die Verluste des einen mit den Einkünften des anderen verrechnen dürfen, sagt Steuerberater Deutsch. Das ist beispielsweise möglich, wenn der eine als Angestellter regelmäßig ein festes Salär hatte, der andere als Selbständiger öfter mal Miese einfuhr und deshalb wenig bis gar keine Steuern zahlen muss. Das Minus des Selbständigen oder Freiberuflers senkt die Steuerlast des Ehepaares. Ob nach der Hochzeit eine gemeinsame oder getrennte Veranlagung besser ist, kann das Paar mithilfe des VLH-Internetrechners berechnen. Unterstützung bieten auch Steuerberater respektive Lohnsteuerhilfevereine.

Sollte der eine Partner in Geldanlagen investiert haben, der andere nicht, greift noch ein weiterer Sparvorteil, sagt Deutsch. Verheiratete können ihren doppelten Sparerfreibetrag von 1602 Euro nach Belieben aufteilen, sodass auch die Summe des Partners ohne Zinseinnahmen genutzt wird.

Eine Hochzeit im Dezember ermöglicht nicht einen rückwirkenden Wechsel der Steuerklassen. Aber fürs kommende Jahr sollte sich das Paar Gedanken über den optimalen Mix machen. Eine Änderung der Steuerklassen ist von Januar an jederzeit beim Finanzamt möglich, spätestens bis 30. November, und wirkt sich im Folgemonat aus. Die Steuerklasse bestimmen mit, wie viel Lohnsteuer jeden Monat vom Gehalt abgezogen wird - und damit auch, wie hoch das ausgezahlte Nettogehalt ausfällt. "Je früher das Paar die Weichen stellt, desto mehr kann monatlich in der Kasse sein", sagt Georgiadis von der Lohnsteuerhilfe. Paare, die Kinder bekommen wollten, sollten sich ebenfalls Gedanken über die Steuerklasse machen. Damit das Paar keine Einbußen beim Elterngeld hat, muss die Mutter spätestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes die richtige Steuerklasse haben. Sonst bekommen Doppelverdiener schlimmstenfalls einige Tausend Euro weniger Unterstützung vom Staat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: