Hauskauf:Anreiz zum Abkassieren

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Wenn Bundesländer Hauskäufer besonders hoch besteuern, belohnt sie auch noch der Finanzausgleich. Das zeigt eine Auswertung des Instituts für Weltwirtschaft. Schuld ist eine Sonderregel, von der etwa NRW profitiert.

Von Alexander Hagelüken, München

Wer ein Haus oder eine Wohnung kauft, muss immer mehr dafür bezahlen. Das liegt an steigenden Immobilienpreisen, aber auch an der Steuer auf den Grunderwerb, die viele Bundesländer drastisch erhöht haben. Eine Sonderregel benachteiligt dabei ausgerechnet Länder, die ihre Bürger weniger belasten. So muss Bayern eine halbe Milliarde Euro mehr beim Länderfinanzausgleich zahlen, wie das Institut für Weltwirtschaft ausgerechnet hat. Die Auswertung liegt der SZ vor.

Die Länder dürfen seit einigen Jahren die Steuer auf Haus- und Grundstückskäufe selber festlegen, die zuvor bundesweit 3,5 Prozent betrug. Während Bayern und Sachsen nicht erhöhten, verlangen Nordrhein-Westfalen, Berlin oder Hessen heute fast das Doppelte. Der Bund der Steuerzahler klagt, das erschwere Familien den Hauskauf. In Deutschland leben viel weniger Einwohner im eigenen Haus als im übrigen Europa. Das ist ein Grund dafür, warum deutsche Haushalte nur halb so viel mittleres Vermögen haben wie der Durchschnitt der Euro-Staaten. Wie das Kieler IfW-Institut zeigt, gibt das geltende Recht Ländern sogar fragwürdige Anreize, ihre Bürger durch höhere Steuern zu schröpfen und so den Hauskauf zu erschweren. Und zwar durch den Länderfinanzausgleich, der boomende Länder wie Bayern und Hessen an schwächere wie Nordrhein-Westfalen zahlen lässt. Wie hoch die offizielle Finanzkraft eines Landes ist, auf der die Zahlungen basieren, richtet sich nicht nach den tatsächlichen Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer. Sondern nach fiktiven Einnahmen aus dem Durchschnittssatz aller Länder, rund fünf Prozent. Auf diese Weise wird Bayern künstlich reich gerechnet, es verlangt ja nur 3,5 Prozent.

Das Beispiel NRW zeigt, welche Folgen das System hat

Weil es seine Hauskäufer schont, musste Bayern 2015 450 Millionen Euro mehr in den Länderfinanztopf zahlen, so Forscher Jens Boysen-Hogrefe. Das ist mehr, als das Land im Jahr für den Ausbau der Breitbandnetze ausgeben kann. Sachsen bekam 80 Millionen Euro weniger. Hessen dagegen bezahlte 140 Millionen Euro weniger, weil es künstlich arm gerechnet wird. Und Nordrhein-Westfalen kassierte 200 Millionen Euro mehr, als wenn bei der Finanzkraft echte Steuereinnahmen aus Immobilienkäufen gelten würden.

Das Beispiel NRW zeigt, welchen Anreiz das System liefert, Hauskäufer abzukassieren. Das Land erhöhte die Steuer 2015 um 30 Prozent und steigerte die Einnahmen laut IfW um gut 600 Millionen auf 2,5 Milliarden Euro. Gleichzeitig reduzierte die höhere Steuer wohl die Zahl der Immobilienkäufe, die in die Berechnung der Finanzkraft einfließt. Und weil NRW mit 6,5 Prozent eine höhere Steuer kassiert als der Durchschnitt, wird es künstlich arm gerechnet. Es hat in Wahrheit mehr Steuer eingenommen, als der Länderfinanzausgleich unterstellt. Macht unterm Strich ein Plus von 700 Millionen Euro, das die Hauskäufer in NRW und die Bürger in Bayern bezahlen.

Der Anreiz zum Abkassieren hat mehrere negative Folgen, kritisiert Forscher Boysen-Hogrefe. "Eine höhere Grunderwerbsteuer trifft Käufer, die im eigenen Heim wohnen wollen. Und sie belastet die Mieter, falls Eigentümer sie auf den Mietpreis aufschlagen können". Außerdem behinderten hohe Steuern die Mobilität der Arbeitnehmer: "Wer einen besseren Job in Aussicht hat, zieht vielleicht nicht um, weil es zu teuer ist, woanders etwas zu kaufen." Er fordert, das Recht der Länder auf eigene Steuersätze zu streichen oder wenigstens den falschen Anreiz zu beseitigen.

Bayern, ein Verlierer des aktuellen Systems, trommelt allerdings anders als früher nicht mehr lautstark für eine Änderung. Denn bei der im Herbst vereinbarten Reform des Länderfinanzausgleichs, die ab 2019 gilt, haben die Bayern bei anderen Punkten viel durchgesetzt. "Vor allem bringt die Einigung mehr als eine Milliarde Euro Entlastung und mehr Möglichkeiten, bayerisches Geld in Bayern behalten zu können", sagt eine Sprecherin von Finanzminister Markus Söder. Beim fragwürdigen Anreiz zu hohen Grunderwerbsteuern bleibt es allerdings. Und damit bleiben Hauskäufer in vielen Bundesländern Verlierer.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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