Haushaltsentwurf:Begehrte Milliarden

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Die Rücklagen aus der Arbeitslosenversicherung sind hoch, die Beiträge sollen deshalb sinken. Um wie viel Arbeitgeber und -nehmer entlastet werden sollen, ist aber noch strittig.

Von Henrike Roßbach, Mike Szymanski, Berlin

In der Koalition bahnt sich neuer Streit ums Geld an. Konkret geht es um die Rücklage aus der Arbeitslosenversicherung. Die wird nach Auffassung der Bundesregierung im Laufe des Jahres die 20-Milliarden-Euro-Marke erreichen. Dies geht aus dem Haushaltsentwurf für 2018 hervor, mit dem sich das Kabinett an diesem Mittwoch befassen wird und der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Während die Union darauf dringt, möglichst viel Geld rasch über Beitragssenkungen an die Versicherten zurückzugeben, will SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles Überschüsse in Fortbildung investieren. "Wenn wir in den kommenden Jahren zusätzliche Spielräume haben in der Arbeitsmarktpolitik, ist für mich sehr klar, wo wir das Geld investieren sollten: In die berufliche Qualifikation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", sagte Nahles der SZ. Anderthalb Millionen Menschen ohne Berufsqualifikation werde die SPD "nicht im Regen stehen lassen".

Die Bundesagentur für Arbeit profitiert seit Jahren vom Jobboom in Deutschland. Während die Zahl der Arbeitslosen sinkt, sprudeln die Beiträge, weil immer mehr Beschäftigte Sozialabgaben zahlen. Derzeit liegt der Beitrag bei drei Prozent des Bruttolohns, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils die Hälfte. Die wachsenden Reserven in der Arbeitslosenversicherung wecken seit geraumer Zeit Begehrlichkeiten: Im Koalitionsvertrag haben SPD und Union vereinbart, den Beitragssatz um 0,3 Prozentpunkte zu senken, allerdings ohne einen konkreten Zeitpunkt zu nennen. Während die Arbeitgeberseite und Unionspolitiker Senkungen bereits zum Sommer und darüberhinaus um gleich 0,5 Prozentpunkte fordern, drückt Nahles auf die Bremse. "Qualifizierung ist das Gebot der Stunde. Wer jetzt voreilig weitere Senkungen fordert, gefährdet diese Aufgabe", sagte die frühere Bundesarbeitsministerin.

Die SPD ist lediglich bereit, zum Januar 2019 eine Beitragssenkung um die verabredeten 0,3 Prozentpunkte mitzutragen. Dann soll auch die von ihr geforderte Parität in der Krankenversicherung kommen: Von 2019 an sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wieder den gleichen Anteil zahlen. Beide Maßnahmen würden "eine spürbare Entlastung für jeden Arbeitnehmer bringen", sagte Nahles. Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann geht das nicht weit genug. "Eine Beitragssenkung um 0,5 Prozentpunkte wäre für mich nicht voreilig, sondern objektiv geboten", sagte er. Sonst würde die Bundesagentur nur weiter große Finanzpolster aufbauen. "Jetzt hat man die Chance, die Beitragszahler um mehr als fünf Milliarden Euro zu entlasten, die sollte man auch nutzen", sagte Linnemann.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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