Hauptversammlung:MAN unterstellt sich VW

Nach 255 Jahren verabschiedet sich Lastwagenbauer MAN nun endgültig von der Selbständigkeit. Die Hauptversammlung hat das Traditionsunternehmen gänzlich bei Volkswagen eingegliedert. Der Abstimmung gingen eine zehnstündige Sitzung und einiger Unmut voraus.

Volkswagen hat sich den vollen Zugriff auf die Lkw-Tochter MAN gesichert. Der Lastwagenbauer verabschiedet sich damit nach 255 Jahren auch formal aus der Selbstständigkeit. Auf der MAN-Hauptversammlung stimmten am Donnerstag nach Konzernangaben 98,47 Prozent des Kapitals einem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag mit VW zu. Die Absegnung war Formsache: Europas größter Pkw-Hersteller hält etwas mehr als 75 Prozent der MAN-Anteile.

MAN verliert die Eigenständigkeit, im Gegenzug sind die Wolfsburger verpflichtet, den übrigen Aktionären eine Abfindung für jede Aktie anzubieten - deren Höhe von Gutachtern festgestellt wurde. Vielen Aktionären ist die zu niedrig. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte den Betrag - mit gut 80 Euro liegt er unterhalb des aktuellen Aktienkurses von rund 84 Euro. "MAN kann viel, aber anscheinend nicht, die Aktionäre anständig behandeln", sagte Bergdolt in Anlehnung an den Slogan des Lkw-Herstellers. Ohne Widerstand wird die Sache nicht abgehen, Aktionärsanwälte deuteten rechtliche Schritte an.

MAN- und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch stellt ebenfalls auf einen juristischen Streit ein. "Wir werden uns noch länger vor Gericht sehen", sagte der 76-Jährige in Richtung der Aktionäre, die Dutzende Fragen gestellt hatten. Später kritisierten sie Antworten als falsch oder unvollständig - ein Schritt der eine Anfechtungsklage gegen die Hauptversammlung möglichen machen könnte.

Die rechtliche Basis für eine "unbürokratische und effektive Zusammenarbeit"

Erst nach einer mehr als zehnstündigen Marathonsitzung konnte die Abstimmung schließlich über die Bühne gebracht werden. Im Kern ging es um die Abfindungshöhe und die zu Grunde liegende Bewertung. Allerdings: Kein Aktionär muss das Angebot annehmen, sondern kann seine Papiere auch behalten. Statt einer Dividende gibt es dann jedes Jahr eine garantierte Ausgleichszahlung von 3,07 Euro je Aktie. MAN verteidigte die Höhe beider Zahlungen. In Gutachten sei das Unternehmen genau untersucht und bewertet worden, das Angebot sei fair und angemessen.

Die Wolfsburger hatten 2011 die Mehrheit an MAN übernommen und ihre Anteile später auf über 75 Prozent erhöht. Mit dem Beherrschungsvertrag hat der Autokonzern endgültig das Sagen bei MAN. Der Vorstand muss künftig Weisungen aus Wolfsburg erfüllen und Gewinne abführen. Im Gegenzug muss VW allerdings auch mögliche Verluste ausgleichen.

MAN-Vorstand Georg Pachta-Reyhofen verteidigte das Vorgehen des Mutterkonzerns. Ohne diesen Schritt sei es kaum möglich, die Vorteile der engen Verflechtung mit Volkswagen zu nutzen. "Ein Beherrschungsvertrag schafft hingegen die rechtliche Basis für eine deutlich unbürokratischere und effektivere Zusammenarbeit."

VW will MAN und die zweite Lkw-Tochter Scania enger zusammenführen und damit unter anderem Kosten senken. Die Eigenständigkeit der Marke MAN solle dabei auf jeden Fall erhalten bleiben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: