Hartz IV:Kommunen tricksen bei Arbeitslosengeld II

Große Städte erklärten oft die Mehrheit ihrer Sozialhilfeempfänger für arbeitsfähig. Laut einer Umfrage schrumpfte so der Anteil teilweise um über 90 Prozent - und die Kommunen sparen gewaltig zu Lasten des Bundes.

Im Zuge der Hartz-IV-Reform haben viele Städte die große Mehrheit ihrer Sozialhilfeempfänger für erwerbsfähig erklärt und in das neue, vom Bund finanzierte Arbeitslosengeld II überstellt. Laut einer Umfrage der Berliner Zeitung in neun Großstädten schrumpfte die Zahl der Sozialhilfeempfänger zum Teil um mehr als 90 Prozent.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte den Kommunen vorgeworfen, auch offenkundig arbeitsunfähige Menschen ins Arbeitslosengeld II zu schieben, um Kosten auf den Bund abzuwälzen.

Wie die Umfrage ergab, sank die Zahl der Sozialhilfeempfänger etwa in Schwerin von 8.986 im Dezember 2004 auf 125 im Januar dieses Jahres; das ist ein Rückgang um 98,6 Prozent. In Erfurt ging die Zahl zum Jahreswechsel von 10.837 auf 943 (minus 91,3 Prozent) zurück, in Frankfurt/Oder von 1.892 im Dezember auf nur noch 45 Ende Februar (minus 97,6 Prozent).

In Aachen gab es laut dem Bericht Ende Dezember noch 7.892 Bedarfsgemeinschaften, in denen mindestens ein Sozialhilfeempfänger lebte. Im Januar waren es dann nur noch 331 (minus 95,8 Prozent).

Ähnlich verhielt es sich in Halle (minus 88,4 Prozent) und Essen (minus 90 Prozent), während in Dortmund (minus 63,6 Prozent) und Stuttgart (minus 82,1 Prozent) mehr Menschen in der Sozialhilfe verblieben. In Köln sank die Zahl der Bedarfsgemeinschaften von rund 30.000 auf 8.000 (minus 73,3 Prozent).

Vertreter der Kommunen verwahrten sich gegen den Vorwurf, falsche Maßstäbe angelegt zu haben. "Wir haben in Köln Einrichtungen für Alkoholiker und andere Suchtkranke. Und die Erfahrung zeigt, dass diese Personen durchaus drei Stunden am Tag arbeiten können", sagte die Kölner Sozialdezernentin Marlis Bredehorst der Berliner Zeitung.

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