Hapag-Lloyd:Geduld ist eine Tugend

Hapag-Lloyd AG's 'Hamburg Express' Container Ship in Port Of Hamburg

Noch Platz genug an Bord: In der Containerschifffahrt gibt es Überkapazitäten. Auch ein Großer wie Hapag-Lloyd muss kämpfen.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Die Reederei Hapag-Lloyd legt desaströse Zahlen vor und macht deutlich: Bis Hamburgs Bürger ihr Geld wiedersehen, wird noch viel Zeit vergehen.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit unangenehmen Wahrheiten umzugehen. Schönreden zum Beispiel ist als Strategie ziemlich beliebt. Aber Rolf Habben Jansen, 48, ist nicht der Typ für Euphemismen, nicht an diesem Freitagmorgen in Hamburg. "Sehr, sehr enttäuschend" fiel das Jahresergebnis aus, sagt er. Miese Zahlen bei der traditionsreichen Reederei Hapag-Lloyd sind jetzt noch keine Überraschung - das Ausmaß des Debakels ist es schon.

604 Millionen Euro Verlust, das ist das Ergebnis der Anstrengungen des Unternehmens im abgelaufenen Geschäftsjahr. Das ist das Sechsfache des Verlusts aus dem Jahr zuvor.

Seit Mitte des vergangenen Jahres ist Rolf Habben Jansen Vorstandschef bei Hapag-Lloyd, einem Unternehmen, für das es in den vergangenen Jahren konstant schlecht gelaufen ist. Der Preiskampf in der Containerschifffahrt ist auch für die großen Reedereien ruinös, die Frachtraten decken oft nicht einmal die Kosten. Deshalb ist etwa die Nachricht, dass Hapag-Lloyd im vergangenen Jahr 7,5 Prozent mehr Container transportiert hat als 2013 und den Umsatz fast vier Prozent auf 6,8 Milliarden Euro steigern konnte, nicht ausschließlich eine gute: Die durchschnittliche Frachtrate ist mit 1434 US-Dollar pro Standardcontainer noch einmal gesunken. Zudem litt das Unternehmen stark unter den Auftragsrückgängen infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008. Weil aber in der gesamten Branche trotz sinkender Nachfrage immer neue und immer größere Schiffe bestellt wurden, wurde die Diskrepanz zwischen der Auftragslage und den Transportkapazitäten immer größer - auch das trug zum Preisverfall bei. Hapag-Lloyd hat bislang keinen Weg aus diesem Dilemma gefunden.

"Es wird noch ziemlich lange dauern, bis wir eine Milliarde zurückgezahlt haben"

Oder doch? Ende des vergangenen Jahres übernahm das Unternehmen große Teile der chilenischen Reederei CSAV und ist seither die viertgrößte Containerreederei der Welt. Das ist das Kalkül für die Zukunft - wer größer ist, arbeitet vielleicht effektiver. Insofern will Habben Jansen dem Jahr 2014 also doch noch einen positiven Aspekt abtrotzen: Immerhin sei der Zusammenschluss wegweisend für die Zukunft, sagt er. Später, ab 2016, erhofft man sich bei Hapag-Lloyd Einsparungen von 300 Millionen Euro im Jahr. Aber bislang stehen unterm Strich natürlich nur Kosten. Geduld ist eine Tugend, in Hamburg braucht man davon eine ganze Menge.

Das gilt auch für die Stadt und ihre Einwohner: Hamburg hält nun noch gut 23 Prozent der Anteile an Hapag-Lloyd. Die Stadt war 2009 eingestiegen, um eine Übernahme des angeschlagenen Unternehmens durch ausländische Investoren zu verhindern. Immer wieder musste Hamburg seither Eigenkapital nachschießen, insgesamt stecken mehr als 1,1, Milliarden Euro öffentliches Geld in der Reederei. Ob die Bürger dieses Geld jemals wiedersehen, wird der Vorstandschef gefragt. Er hoffe, dass man 2016 wieder einen echten Gewinn nach Steuern erzielen werde, sagt Habben Jansen. Dann wolle man den Aktionären natürlich auch eine Dividende zahlen. "Aber Sie können ausrechnen, dass es noch ziemlich lange dauern wird, bis wir eine Milliarde zurückgezahlt haben", sagt er. Und ergänzt noch, dass man der Stadt "sehr dankbar" sei, dass sie sich so engagiert habe.

Dass der Stadtstaat für ein angeschlagenes Unternehmen viel Geld riskiert, hat in Hamburg Tradition. 2003 etwa investierte die Stadt mehr als eine Milliarde Euro in den Kosmetikhersteller Beiersdorf, um einen Einstieg des US-amerikanischen Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble zu verhindern. Damals fürchtete man den Verlust von vielen tausend Arbeitsplätzen und von Steuereinnahmen, sollte ein Unternehmen aus dem Ausland Beiersdorf schlucken. Drei Jahre später verkaufte die Stadt die Anteile wieder und verbuchte unterm Strich sieben Millionen Euro Gewinn, Beiersdorf gehört heute mehrheitlich Tchibo. Ob es bei Hapag-Lloyd ähnlich gut laufen wird?

Habben Jansen hat unlängst ein Sparprogramm angekündigt, das zusätzlich zu den erhofften Synergieeffekten durch den Zusammenschluss mit CSAV die Kosten drücken soll - Arbeitsplatzabbau beinhaltet es offenbar nicht. Der Börsengang, der eigentlich für 2015 vorgesehen war, ist in diesem Jahr aber wohl nicht mehr zu machen: Da brauche man doch erst "drei bis fünf richtig gute Quartale", um für die Anleger attraktiv zu sein, findet der Vorstandschef. Und das wird wohl noch ein bisschen dauern.

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